| # taz.de -- Krieg in Kongos Goldrevier: Die mörderische „Kooperative“ | |
| > Niemand versteht den neuen blutigen Milizenkrieg in Kongos Provinz Ituri. | |
| > Auch die Armee begeht Übergriffe im Kampf gegen die Codeco-Miliz. | |
| Bild: 200.000 Vertriebene: Flüchtlingslager in der Provinz Ituri in der Demokr… | |
| Beni taz | Es ist ein Krieg, der keinen Namen trägt. Seit über einem Jahr | |
| wird die Provinz Ituri im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, die | |
| in den vergangenen zwanzig Jahren [1][schon mehrfach Kriegsgebiet] gewesen | |
| ist, erneut von Gewalt heimgesucht. | |
| Die Armee kämpft gegen die Miliz Codeco (Kooperative für die Entwicklung | |
| des Kongo), die zumeist aus Jugendlichen der Lendu-Volksgruppe besteht. | |
| Nichtregierungsorganisationen in Ituri sprechen von über 1.500 Toten und | |
| 200.000 Vertriebenen seit Wiederaufflammen des Krieges im Juni 2019. | |
| [2][Es begann im Juni 2019] im Distrikt Djugu nordöstlich der | |
| Provinzhauptstadt Bunia, wo Lendu-Milizionäre die Dörfer Djaro und | |
| Londjango besetzten. Von dort aus griffen sie andere Teilen der Provinz an. | |
| Die Gewalt ist selbst für die Verhältnisse Ituris außergewöhnlich brutal. | |
| Die Milizen greifen Ortschaften an, massakrieren friedliche Zivilisten und | |
| verschonen die Armee, deren Positionen sie umgehen, um zu überraschenden | |
| Uhrzeiten zuzuschlagen. Sie zünden die Häuser an und stehlen das Vieh. | |
| „Djugu ist der dichtest besiedelte Distrikt der Provinz und wir verstehen | |
| nicht, wie die Armee zulassen konnte, dass diese Leute sich organisieren“, | |
| sagt Jules Tsuba, Präsident des Dachverbandes der Zivilgesellschaft von | |
| Djugu. „Sie greifen jeden an. Es ist kein tribaler Krieg mehr wie früher.“ | |
| ## „Es sind Jungs von hier“ | |
| „Die Rebellen sind sehr mobil und bewegen sich in kleinen Gruppen“, sagt | |
| Armeesprecher Jules Ngongo. „Die Armee tut, was sie kann, um sie | |
| einzukesseln, und wir werden sie neutralisieren. Wir brauchen die | |
| Unterstützung der Bevölkerung. Die muss verraten, wo sie sind, denn es sind | |
| Jungs von hier und keine Fremden.“ | |
| Genau der Umstand, dass die Codeco-Kämpfer aus der lokalen Bevölkerung | |
| kommen, führt dazu, dass der Armee regelmäßig vorgeworfen wird, ebenfalls | |
| Zivilisten anzugreifen. Zuletzt wurde ein Admiral in der Hafenstadt Kasenyi | |
| beschuldigt, Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung angeordnet zu haben. | |
| Die Codeco ist an sich keine neue Gruppierung, wie schon ihr Name verrät. | |
| „Sie entstand etwa 1981“, erläutert Lipri Bazonga, ein Lehrer in der Stadt | |
| Mahagi. „Damals sprach man von einer Kooperative zur Entwicklung von Zaire. | |
| Es war keine Rebellion, sondern eine Spargemeinschaft der Bauern. Dann, als | |
| 1999 der Krieg in Ituri ausbrach, verwandelte ihr damaliger Chef Bwana Dawa | |
| sie in eine Miliz, um gegen die Hema zu kämpfen. Und jetzt sind sie | |
| wiederaufgetaucht.“ | |
| Als Chef der Codeco präsentierte sich ursprünglich ein Justin Ngudjolo. Am | |
| 25. März verkündete die Armee, ihn getötet zu haben, aber die Gewalt ging | |
| weiter. | |
| Im Mai stellte sich ein Songa Mbele, der sich als Ngudjolos Stellvertreter | |
| präsentierte und seine Kameraden aufrief, den Kampf einzustellen. Nach | |
| einigen Tagen in Bunia verschwand er und man hat nichts mehr von ihm | |
| gehört. | |
| ## Machtkampf um die Führung der Provinz | |
| Die Codeco-Milizionäre sind auch in Ituris Goldminen aktiv. „Sie sind | |
| überall, man sieht sie in Mongbwalu und anderswo“, sagt Mumbere Kalikene, | |
| der ein Hilfswerk für Vertriebene in Bunia leitet. „Ich glaube, dass lokale | |
| Geschäftsleute mit ihnen Business treiben.“ | |
| Die Zunahme der Gewalt geht einher mit einer politischen Krise. Im November | |
| 2019 hatte Ituris Provinzparlament den Provinzgouverneur [3][Jean Bamanisa] | |
| abgesetzt; erst im Februar wurde er von der Justiz rehabilitiert. Grund für | |
| die Absetzung war der undurchsichtige Verkauf von zwölf beschlagnahmten | |
| Goldbarren durch die Provinzregierung. | |
| Der Machtkampf zwischen Gouverneur und Abgeordneten dauert bis heute an. | |
| „Das verhindert, dass die Provinz sich stabilisiert und Unruhestifter | |
| profitieren davon“, sagt Jacques Miruwo, ein Würdenträger von Bunia. | |
| 30 Jun 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Kennedy Muhindo | |
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