# taz.de -- Krieg in Sudan: Zivile Hilfe zwischen den Fronten | |
> Der Krieg richtet Furchtbares an. Doch Graswurzelorganisationen in | |
> Khartum versorgen die Bevölkerung inmitten der Gefechte. | |
Bild: Rauchwolken, von denen man nicht mehr weiß, woher sie kommen: Khartum, a… | |
Eine riesige, dunkle Rauchwolke verdeckt den Himmel über Khartum. Woher sie | |
kommt, das ist mittlerweile nicht mehr so einfach nachzuvollziehen. Gebäude | |
brennen, es wird noch immer geschossen, noch immer Wohngebiete bombardiert. | |
Es ist der fünfte Tag seit Beginn des Krieges, der diese Stadt und viele | |
weitere heimsucht. | |
Seit dem [1][Ausbruch der Gewalt zwischen Militär und Paramilizen] am | |
Samstag hat sich die Lage in der Hauptstadt drastisch verschlechtert. Seit | |
mehr als drei Tagen gibt es in der Innenstadt keinen Strom und kein Wasser | |
– und das bei 40 Grad Außentemperatur. Der heilige Monat Ramadan, der | |
eigentlich eine heilende und besinnliche Zeit ist, ist für die Menschen zur | |
Hölle geworden. | |
Die Not zwingt sie trotz der andauernden Gefechte auf die Straße. Ein zuvor | |
vereinbarter [2][24-stündiger Waffenstillstand] wurde von keiner Seite | |
eingehalten. Doch die Menschen müssen sich und ihre Familien mit Wasser und | |
Lebensmitteln versorgen. „Wir brauchen Hilfe. Die Supermärkte sind fast | |
leer, es gibt kein Wasser mehr“, berichtet ein Einwohner aus Ost-Khartum | |
der taz. Humanitäre Hilfe ist dringend notwendig. | |
Nicht nur auf der Straße sind die Menschen großer Gefahr ausgesetzt. | |
Mitglieder der Paramiliz Rapid Support Forces (RSF) brechen Berichten | |
zufolge in Häuser und Wohnungen in der Innenstadt ein. Die Wohnungen werden | |
geplündert, Autos und Nahrungsmittel gestohlen, Bewohner:innen | |
angegriffen oder aus ihren Häusern gejagt. Auch Gerüchte von | |
Vergewaltigungen kursieren. | |
## Die gefährliche Flucht in umliegende Dörfer | |
Dabei wird es zunehmend schwieriger, gesicherte Informationen über das | |
Geschehen zu erhalten. Durch den tagelangen Stromausfall haben viele keine | |
Möglichkeit mehr, zu kommunizieren. Viele Menschen gelten mittlerweile als | |
vermisst. Die sozialen Medien sind voll mit Gesuchen nach verschwundenen | |
Familienmitgliedern und Freund:innen. Die Verzweiflung wächst.Das drängt | |
viele Bewohner:innen zur gefährlichen Flucht aus Karthum. Wer ein noch | |
funktionierendes Auto hat, nimmt es. Auch Busse werden organisiert. | |
Doch wer flieht, muss damit rechnen, in einem Gefecht zu landen oder von | |
Soldaten der Konfliktparteien auf der Straße angehalten zu werden. Viele | |
machen sich auf den Weg in umliegende Dörfer, insbesondere im angrenzenden | |
Bundesstaat al-Dschazira. In der Stadt Wad Madani, wo es bisher noch nicht | |
zu Kämpfen kam, bereitet man sich auf die Aufnahme Geflüchteter vor, | |
erklärt ein Bewohner. Menschen öffnen ihre Häuser, organisieren | |
Unterkünfte. | |
Auch in der Hauptstadt leisten sich die Menschen gegenseitig Hilfe. „Sie | |
bombardieren ein wenig wahllos hier“, sagt eine Einwohnerin der taz, | |
„deshalb haben die Läden heute geschlossen. Aber es ist eine tolle | |
Gemeinschaft, Leute versammeln sich unten auf dem Platz und verteilen | |
Wasser.“ Wenn für kurze Zeit die Notfallgeneratoren eingeschaltet werden, | |
laden die Menschen dort gemeinsam ihre technischen Geräte. Doch nur wenige | |
Gebäude verfügen über einen Generator und auch der Diesel wird knapp. Wie | |
lange der Zusammenhalt noch möglich ist, ist fraglich. | |
Die Widerstandskomitees, lokale Graswurzelorganisationen, unterstützen ihre | |
Nachbarschaften in der Verteilung von Wasser und Lebensmitteln, wo diese | |
noch verfügbar sind. Zudem greifen sie auf [3][in der Revolution] | |
etablierte Kommunikationsmittel zurück: Graffiti und Gesänge. Sie sprühen | |
auf die Mauern der Stadt: „Nein zum Krieg“. | |
Die Komitees haben viel Erfahrung in der Selbstorganisation und Logistik. | |
Gemeinsam mit der sudanesischen Ärztevereinigung hatten sie während der | |
Revolution ein ausgeklügeltes Netzwerk errichtet, das in Krisensituationen | |
medizinische Versorgung garantiert. Doch nach fünf Tagen des erbitterten | |
Kampfes fehlt es ihnen an notwendigen Betriebsmitteln. | |
Zudem seien auch Krankenhäuser von Soldaten angegriffen worden, berichtet | |
die Vereinigung. In einem Interview mit CNN berichtet eine Fachkraft | |
darüber, wie ihr Krankenhaus aufgrund einer Bombardierung evakuiert werden | |
musste. Sie seien gezwungen gewesen, Verwundete zurückzulassen, vor allem | |
Patient:innen der Intensivstation. Das geschah bei mehreren | |
Krankenhäusern. Wie viele Menschen tatsächlich bisher ihr Leben verloren | |
haben, ist unter diesen Umständen nicht festzustellen. | |
Die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Kämpfe ist weitgehend erloschen. Man | |
konzentriert sich nun darauf, sich gegenseitig über die schnellen | |
Entwicklungen zu informieren und lebensnotwendige Bedürfnisse zu stillen. | |
Und darum, nicht der zersetzenden Panik stattzugeben. Diese Aufgabe | |
gestaltet sich stündlich schwieriger. | |
19 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Saskia Jaschek | |
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