# taz.de -- Kämpfe in Sudan trotz Ramadan-Ende: 413 Menschen getötet | |
> Ein weiterer UN-Mitarbeiter ist in Sudan ums Leben gekommen. Die | |
> Bundesregierung will deutsche Staatsbürger aus dem Land herausholen. | |
Bild: Ein ausgebranntes Militärfahrzeung in Khartum am 20. April | |
Khartum/Berlin dpa/reuters/epd | Bei den Kämpfen im Sudan ist am Freitag | |
ein weiterer Mitarbeiter der Vereinten Nationen ums Leben gekommen. Der | |
Mann sei mit seiner Familie im Auto in ein Kreuzfeuer zwischen zwei | |
Kriegsparteien geraten, teilte die UN-Organisation für Migration (IOM) in | |
Genf mit. Das Unglück passierte in Obeid, knapp 400 Kilometer südwestlich | |
der Hauptstadt Khartum. | |
„Ich bin tief traurig über den Tod unseres Kollegen und trauere mit seiner | |
Frau und seinem neugeborenen Kind, ebenso wie mit unserem Team im Sudan“, | |
teilte IOM-Generaldirektor António Vitorino mit. Am Samstag waren bereits | |
drei Mitarbeiter des Welternährungsprogramms (WFP) in Nord-Darfur getötet | |
worden. | |
Insgesamt sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 413 Menschen | |
getötet und 3.551 weitere verletzt worden, teilte eine WHO-Sprecherin am | |
Freitag in Genf mit. Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef sind | |
infolge der Kämpfe in dem nordostafrikanischen Land auch neun Kinder ums | |
Leben gekommen. | |
## Deutsche Staatsbürger sollen evakuiert werden | |
Die Bundesregierung bereitet nach Angaben von Außenministerin Annalena | |
Baerbock mehrere Optionen für eine Evakuierung deutscher Staatsangehöriger | |
aus dem Sudan vor. „Die Lage ist absolut dramatisch und absolut | |
unübersichtlich“, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag in Berlin nach | |
einer Sitzung des Krisenstabes im Auswärtigen Amt. „Wir bereiten | |
unterschiedliche Optionen vor.“ Die Zahl der Deutschen, die sich für eine | |
gewünschte Evakuierung meldeten, wachse täglich und bewege sich derzeit in | |
einem „unteren dreistelligen Bereich“. | |
Ihr spanischer Kollege José Manuel Albares sagte nach einem gemeinsamen | |
Gespräch in Berlin, dass die spanische Luftwaffe Flugzeuge für eine | |
Evakuierung von 60 Spaniern und 20 Personen aus anderen Ländern | |
bereitgestellt habe. Am Mittwoch hatte der „Spiegel“ über einen wegen der | |
Kämpfe zwischen der sudanesischen Armee und Paramilitärs abgebrochenen | |
Evakuierungseinsatz der Bundeswehr berichtet. Details zu den deutschen | |
Vorbereitungen nannten weder Außen- noch Verteidigungsministerium mit | |
Hinweis auf die Sicherheit. | |
Baerbock und Albares appellierten an die Konfliktparteien, für eine | |
Waffenruhe zu sorgen, die für eine Evakuierung nötig sei. Denn die Menschen | |
könnten derzeit wegen der Kämpfe ihre Wohnungen nicht verlassen, sagte | |
Baerbock. „Lösen Sie den Konflikt zwischen Ihnen mit Verhandlungen, anstatt | |
Sudan in Schutt und Asche zu legen“, fügte sie mit Blick auf | |
Militärmachthaber General Abdel Fattah al-Burhan und den Chef der | |
RSF-Miliz, General Mohamed Hamdan Dagalo, hinzu. Von einer Feuerpause im | |
Sudan sei nichts zu sehen, hieß es in der Bundesregierung. | |
Das Problem seien mittlerweile auch die Stromausfälle, so dass die zu | |
Evakuierenden etwa ihre Handys nicht mehr aufladen und deshalb | |
möglicherweise bald nicht mehr auf diesem Wege informiert werden könnten, | |
sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Man sei mit etlichen Regierungen | |
in Kontakt. Einigen Staaten sei es gelungen, Menschen in Küsten- oder | |
Grenznähe aus dem Land zu evakuieren. | |
## Trotz Feiern zum Ende des Ramadan: Kämpfe gehen weiter | |
In der sudanesischen Hauptstadt Khartum gingen die Kämpfe am Freitag trotz | |
der beginnenden Feierlichkeiten zum Ende des islamischen Fastenmonats | |
Ramadan weiter. Die mit den sudanesischen Streitkräften rivalisierenden | |
paramilitärischen Einheiten (Rapid Support Forces) hatten zuvor erneut | |
einer Waffenruhe ab Freitagmorgen zugestimmt. | |
„Der Waffenstillstand fällt mit dem gesegneten Eid al-Fitr zusammen, um | |
humanitäre Korridore für die Evakuierung der Bürger zu öffnen und ihnen die | |
Möglichkeit zu geben, ihre Familien zu besuchen“, hieß es in einer | |
[1][Mitteilung] der Gruppe auf Twitter. Eine Bestätigung der Waffenruhe | |
durch das sudanesische Militär blieb jedoch zunächst aus. | |
In einer ersten Videobotschaft seit Beginn der Kämpfe am Wochenende hatte | |
De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan am Freitagmorgen dagegen | |
mitgeteilt, die Macht weiterhin an eine zivile Regierung übergeben zu | |
wollen. Medienberichten zufolge kam es auch am Morgen erneut zu | |
Bombardements in der Hauptstadt, zudem sollen Soldaten der sudanesischen | |
Armee Wohngebiete durchkämmt haben. | |
Die US-Regierung hatte zuvor angekündigt, dass sich das US-Militär auf die | |
Evakuierung von Beschäftigten der Botschaft vorbereite. Dazu seien | |
zusätzliche Einheiten in Nachbarländer verlegt worden, teilte das | |
Verteidigungsministerium mit. Die Pläne sollten eine „mögliche Ausreise des | |
Botschaftspersonals sichern oder gegebenenfalls ermöglichen“. Eine | |
Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, sagte der Kommunikationsdirektor | |
des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Donnerstagmittag (Ortszeit) | |
in Washington. | |
Zuvor hatte das US-Außenministerium den Tod eines US-Amerikaners im Sudan | |
bestätigt. Details über die Identität des Getöteten wurden zunächst nicht | |
bekannt gegeben. | |
## Essen, Trinken und Medikamente gehen aus | |
Seit Tagen [2][sitzen Tausende Einwohner Khartums nach Angaben der | |
Vereinten Nationen in ihren Häusern fest], viele von ihnen ohne Strom oder | |
fließendes Wasser. Nahrungsmittel, Benzin und Medikamente gingen aus. Nur | |
wenige Läden hatten am Donnerstag vor den Feiertagen geöffnet, die Märkte | |
der Stadt waren geschlossen. | |
Im Sudan waren am Samstag Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen | |
des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Die zwei Männer führten das | |
Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem | |
gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021. | |
De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der | |
Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed | |
Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe RSF. Seit | |
Jahren soll die Macht an eine Zivilregierung übergeben werden. | |
## Niedersachsen fordert Abschiebestopp | |
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach sich indes für | |
einen Abschiebungsstopp in den Sudan aus. „Für mich steht außer Frage, dass | |
derzeit keine Abschiebungen in den Sudan erfolgen sollten“, sagte Behrens | |
am Freitag auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Zuvor hatte | |
bereits der niedersächsische Flüchtlingsrat verlangt, Abschiebungen in das | |
von einem Bürgerkrieg erschütterte afrikanische Land auszusetzen. | |
Letztes Update am 21. April 2023 um 15.15 Uhr | |
21 Apr 2023 | |
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