# taz.de -- Konjunkturprogramm in Grün: Mehr Öko-Wumms fürs Hilfspaket | |
> Das Ökoinstitut analysiert die Coronahilfen. Gute Ideen seien dabei, doch | |
> der Umweltschutz fehle – weltweit immerhin ganze 3,5 Billionen Dollar. | |
Bild: Schon etwas grüner: Mitarbeiter auf Rad im VW-Werk für Elektroautos bei… | |
BERLIN taz | Ein kräftiges Lob, viele Fragezeichen und der Aufruf zu mehr | |
Mut in den Details – das ist für das Öko-Institut und die staatliche | |
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) die Bilanz des Konjunkturpakets der | |
Bundesregierung. | |
„Vieles ist positiv, aber manche wichtigen Bereiche fehlen“, sagte am | |
Montag bei einer Präsentation Jan Peter Schemmel von der Geschäftsführung | |
des Öko-Instituts. Wie grün, gerecht und zukunftsfähig des | |
Investitionspaket Deutschland mache, „das hängt von der Ausgestaltung ab“. | |
Vergangene Woche hatte die Bundesregierung Programme für 130 Milliarden | |
Euro vorgestellt, um die Wirtschaft in der Coronakrise wieder | |
flottzumachen: unter anderem eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer, | |
eine niedrigere EEG-Umlage, Kaufanreize und Ladestellen für E-Autos, | |
Steuerhilfen für Unternehmen, Subventionen für den Nahverkehr. „Allein die | |
Größe dieses Pakets zeigt, dass es nicht viele andere Schüsse geben wird“, | |
sagte DBU-Chef Alexander Bonde. | |
## Viel Geld, wenige Weichenstellungen | |
Umso wichtiger sei es, möglichst viel grünen Wumms zu erzeugen, meinen die | |
Experten vom Öko-Institut. Lob gibt es von ihnen für die Förderung des ÖPNV | |
oder für mehr Investitionen in Gebäudesanierung, die Senkung der | |
Strompreise oder die Förderung der Digitalisierung – und für die | |
Entscheidung, keine Abwrackprämie für Verbrenner zu zahlen. | |
Allerdings fehlten Hilfen für die Agrar- und Rohstoffwende, so Schemmel. | |
Viele der Maßnahmen, um die Konjunktur anzukurbeln, hätten außerdem aus | |
ökologischer Sicht „keine Lenkungwirkung“. Auch könne ein gesteigerter | |
Konsum zu mehr oder weniger Umweltbelastung führen – je nachdem, ob die | |
Reise ins Bio-Hotel um die Ecke oder per Flugzeug in die Welt gehe. | |
Eine „Verstetigung des Status quo“ könne aber Klimaschutz schwieriger | |
machen. Wie es besser gehe, hätten etwa die USA nach der Finanzkrise | |
gezeigt, als ein Kredit aus dem großen Hilfsprogramm der US-Bundesregierung | |
den Bau der ersten Tesla-Fabrik für E-Mobile möglich machte. | |
Die Experten des Öko-Instituts schlagen vor, Hilfsprogramme für ein | |
Umdenken zu nutzen. Beispiel Mehrwertsteuer: Bisher liegt auf dem | |
„Kalbsschnitzel nur der ermäßigte Steuersatz, auf dem Veggie-Schnitzel aber | |
der volle“, kritisierte Katja Schumacher. Das könne man überdenken, wenn | |
man den Fleischverbrauch reduzieren wolle. | |
Auch fehlten trotz der ÖPNV-Hilfen „Anreize, auf Bus oder Bahn zu | |
wechseln“. Bei der Gebäudesanierung sei offen, wie ehrgeizig die Programme | |
würden, die Hilfen zur Digitalisierung müssten den Energieverbrauch der | |
Branche ansprechen; zudem solle man umweltschädliche Subventionen streichen | |
und die Kfz-Steuer mutig nach dem CO2-Ausstoß ausrichten. Den Experten des | |
Institus fehlen also Weichenstellungen, die das Land unter den veränderten | |
Bedingungen zu mehr Nachhaltigkeit bringen. | |
Auch im großen Maßstab ist die Gefahr groß, mit Konjunkturhilfen Ökoschäden | |
anzurichten: Weltweit fließen durch die Hilfsprogramme Tausende von | |
Milliarden Dollars in die Zerstörung der Umwelt, findet eine aktuelle | |
Studie des britischen Thinktanks [1][„VividEconomics“]. Demnach zahlen die | |
17 großen Industrie- und Schwellenländer 3,5 Billionen Dollar an Hilfen, | |
die „umweltrelevant“ sind – zumeist in den Agrar- und Energiesektor. In 13 | |
Ländern überwiegen die negativen Auswirkungen. | |
Weit vorn dabei sind die USA, die fast 480 Milliarden Dollar in „braune“ | |
Techniken wie Öl und Autos investieren. Aber auch in Südafrika, Russland, | |
China, Indien und Brasilien ist die Bilanz negativ. Besser sieht es beim | |
Green Deal der EU, in Großbritannien und Frankreich aus. Auch in | |
Deutschland überwiegen nach diesen Zahlen die negativen Einflüsse auf die | |
Umwelt. Das aktuelle Konjunkturpaket ist darin aber noch nicht | |
berücksichtigt. | |
8 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.vivideconomics.com/casestudy/greenness-for-stimulus-index/ | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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