| # taz.de -- Kongos Rebellen im Tourismusgeschäft: Gorillatour zum Guerilla-Pre… | |
| > Die M23-Rebellen im Osten des Landes entdecken eine lukrative | |
| > Einnahmequelle: den Tourismus zu den einzigartigen Berggorillas. | |
| Bild: Bedrohte Art: Parkwächter kümmern sich um Gorillawaisen im Virunga Nati… | |
| BUNAGANA taz | „Gesponsert von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt am | |
| Main“, steht in weißen Lettern über der Eingangstür des kleinen | |
| Holzhäuschens. Doch was einst das kleine Bürohäuschen am Eingangsbereich | |
| des Virunga-Nationalparks im Osten der Demokratischen Republik Kongo war, | |
| ist heute ein Lager der Rebellenarmee M23. | |
| Rund 20 junge Kämpfer in Uniform lungern herum, kochen auf einem Feuer Reis | |
| mit Bohnen. Ein Militärfahrzeug kämpft sich den steilen Kiesweg empor, um | |
| weitere schwerbewaffnete Soldaten anzukarren. Rund um diesen Hügel nahe dem | |
| Dorf Runyoni hatte Kongos jüngste Rebellion „Bewegung des 23. März“ (M23) | |
| ihr Hauptquartier, bis sie im Juli die Bezirkshauptstadt Rutshuru eroberten | |
| und sich dort einquartierten. | |
| Über die Grenze bei Runyoni sollen laut UN-Ermittlungen Waffen und Munition | |
| aus den Nachbarländern Ruanda und Uganda an die M23 geliefert worden sein. | |
| Jetzt passieren regelmäßig Touristen diese Eingangspforte in den | |
| Virunga-Nationalpark, das älteste Naturschutzgebiet Afrikas, um die | |
| seltenen Berggorillas zu beobachten. | |
| „Wir haben viele Anfragen aus dem Ausland“, sagt Laurent Ntawaukiruwe und | |
| schlägt das blaue Buch auf, in dem sich die Touristen registrieren müssen. | |
| 38 Namen stehen dort seit August: aus Italien, Russland, Holland, Kanada, | |
| sogar aus Deutschland. | |
| ## Gorillatour zum Rebellen-Discountpreis | |
| Ntawaukiruwe hat sein „Touristenbüro“ in der ostkongolesischen Grenzstadt | |
| Bunagana eingerichtet, rund 200 Meter vom Schlagbaum entfernt. Bis Juli war | |
| dies das Büro der staatlichen kongolesischen Naturschutzbehörde ICCN, die | |
| für 500 Dollar Gorilla-Touren anbot. Als die M23-Rebellen im Juli den | |
| Landstrich eroberten, musste die ICCN den Virunga-Park offiziell schließen. | |
| Der Gorilla-Tourismus wurde verboten: „aus Sicherheitsgründen und um nicht | |
| die Rebellen zu finanzieren“, erklärte damals die Parkbehörde. | |
| Dennoch empfängt Ntawaukiruwe regelmäßig Gorilla-Besucher: „Wir bieten die | |
| Touren einfach billiger an“, lächelt der junge Kongolese verschmitzt und | |
| zählt auf: 300 Dollar zahlen die Besucher jetzt für die Gorilla-Tour, 50 | |
| Dollar für das Visum an der Grenze und 50 Dollar für Transport zur | |
| Parkstation und Sicherheitsgarantien. Zum Vergleich: In Uganda kostet | |
| allein die Gorilla-Tour bereits 500 Dollar, in Ruanda sogar 750. | |
| „Das Geschäft läuft gut, wir haben auch in den nächsten Wochen viele | |
| Buchungen“, strahlt Ntawaukiruwe. Er hat für diesen Zweck extra die | |
| Reiseagentur Shou-Shou-Safaris gegründet. An seine Partneragenturen in | |
| Uganda, Kenia und London schickt er regelmäßig Werbemails. „Der Tourismus | |
| im kongolesischen Virunga-Nationalpark wurde wieder eröffnet, wir haben | |
| sechs Gorilla-Familien und können täglich 36 Besucher empfangen“, schrieb | |
| er in der ersten E-Mail. | |
| Auf taz-Anfrage erklärt jedoch ICCN-Parkdirektor Emmanuel de Merode: | |
| „Offiziell ist der Park geschlossen.“ Zu Ntawaukiruwe sagt er: „Wir haben | |
| keinen Angestellten mit diesem Namen. Unser Büro in Bunagana ist eigentlich | |
| verriegelt. Aber scheinbar haben wir keine Kontrolle darüber, was dort | |
| geschieht.“ | |
| ## Einsatzbesprechung in der Hotelbar | |
| „Wir garantieren hundertprozentige Sicherheit“, erklärt Ntawaukiruwe und | |
| schlendert hinaus zum Schlagbaum. Dort patrouillieren M23-Rebellen mit | |
| Kalaschnikow und Granatwerfern. Ein Offizier grüßt den Touristenwerber mit | |
| Handschlag, gemeinsam spazieren sie durch die Grenzstadt. „Das Hotel | |
| Gorilla und das Hotel Virunga haben wieder geöffnet“, preist Ntawaukiruwe. | |
| In den Hotelbars treffen sich regelmäßig M23-Kommandeure zur | |
| Einsatzbesprechung. | |
| Im Virunga-Hotel wohnt auch M23-Tourismusminister Stanislas Baleke, wenn er | |
| sich im Kongo aufhält. Der Professor für Biodiversität und Umweltschutz | |
| lehrt hauptberuflich an der französischen Universität in Lion. Er hat sich | |
| die Idee mit dem Gorilla-Tourismus für seine Rebellengruppe ausgedacht – | |
| als eine Art PR-Kampagne für die Rebellen. Die M23 wolle in diesem Bereich | |
| mit der ICCN kooperieren. | |
| M23-Minister Baleke hatte erst am Tag zuvor ICCN-Direktor Merode in der | |
| Parkverwaltung zum Abendessen getroffen, um zu verhandeln. „Wir sind eine | |
| staatliche Behörde, wir können nicht mit Rebellen zusammenarbeiten, auch | |
| wenn wir dadurch potenzielle Einnahmen verlieren“, erklärt Merode hinterher | |
| der taz. Diese Nichtkooperation scheint jetzt umso besser für die M23: Die | |
| Gebühren streichen nun die Rebellen ein. | |
| 23 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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