# taz.de -- Mordanschlag auf Naturpark-Chef: Guerilla gegen Gorillaschützer | |
> Der Leiter des kongolesischen Virunga-Nationalparks überlebt ein Attentat | |
> nur knapp. Er steht für den Widerstand gegen Ölprospektion. | |
Bild: Hier noch bei der Affenfütterung: Emmanuel de Mérode (Mitte). | |
BRÜSSEL taz | Ein bekannter Naturschützer in Afrika ist knapp einem | |
Mordanschlag entgangen. Emmanuel de Mérode, der belgische Leiter des | |
Virunga-Nationalparks im Osten der Demokratischen Republik Kongo, geriet am | |
Dienstagnachmittag auf der Straße zwischen dem Parkhauptquartier Rumangabo | |
und der 50 Kilometer entfernten Provinzhauptstadt Goma in einen Hinterhalt. | |
Unbekannte Bewaffnete eröffneten zwischen den Ortschaften Kibumba und | |
Rugari das Feuer auf seinen Jeep, in dem er allein fuhr. Er erhielt drei | |
Kugeln in den Bauch und wurde von Regierungssoldaten nach Goma ins | |
Krankenhaus „Heal Africa“ gebracht. Er könnte nach Belgien ausgeflogen | |
werden. | |
Der Überfall hat in Belgien für Empörung gesorgt. Der belgische Botschafter | |
in Kinshasa, Michel Latshenko, sollte noch am Mittwoch nach Goma reisen. | |
Das Außenministerium in Brüssel hat Kongos Regierung zu einer Untersuchung | |
aufgefordert. | |
Der Virunga-Park ist die Heimat der letzten Berggorillas des Kongo und | |
alles, was dort geschieht, wird in Belgien aufmerksam verfolgt. Gegründet | |
1925 während der belgischen Kolonialherrschaft, ist er der älteste | |
Nationalpark Afrikas, und die belgische Aristokratie – zu der auch de | |
Mérode gehört – fühlt sich ihm besonders verbunden. Viele kongolesische | |
Anwohner hingegen sind verärgert, dass der riesige Park mitten in einem | |
dichtbesiedelten Gebiet Zugang zu Land erschwert und zugleich Milizen | |
Unterschlupf bietet. | |
Es gilt als wahrscheinlich, dass entweder die im Park stationierten | |
Einheiten der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur | |
Befreiung Ruandas) oder kongolesische Mai-Mai-Milizen den Angriff verübten. | |
Die Straßenstrecke des Überfalls ist häufig Ziel solcher Wegelagerer, die | |
allerdings selten bei Tageslicht zuschlagen. | |
## Kompromittierendes Dossier | |
François-Xavier de Donnéa, Präsident des außenpolitischen Ausschusses des | |
belgischen Parlaments und Präsident des African Conservation Fund, der den | |
Virunga-Park gemeinsam mit Kongos Naturschutzbehörde ICCN verwaltet, will | |
aber auch einen anderen Verdacht nicht ausschließen, der in Richtung | |
Ölindustrie führt. „Herr de Mérode hatte gerade bei der kongolesischen | |
Staatsanwaltschaft ein kompromittierendes Dossier über die Firma Soco | |
International vorgelegt – Ergebnis von Monaten, wenn nicht Jahren Arbeit“, | |
sagte er in einem Interview. „Es ist kurios, dass der Überfall genau in | |
diesem Moment erfolgt.“ | |
Die britische Ölfirma Soco hält eine kongolesische Staatslizenz zur | |
Ölprospektion im Virunga-Park. Soco wird vorgeworfen, eine so großzügige | |
Lobbyarbeit zu betreiben, dass 40 Abgeordnete aus Nord-Kivu in Kongos | |
Parlament für die Firma werben. | |
Gegner Socos hingegen bekommen Probleme. Im September 2013 hielt Kongos | |
Geheimdienst den Leiter des zentralen Parksektors, Rodrigue Mugaruka | |
Katembo, tagelang fest, nachdem er gegen den Bau einer Mobilfunkantenne | |
durch Soco mitten im Park protestiert hatte. Der Vorwurf gegen ihn: | |
„Widerstand gegen staatliche Anweisungen“. | |
16 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
François Misser | |
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