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# taz.de -- Trotz Protesten der UNO: Kongo sucht Öl im Nationalpark
> Die Regierung hat zwei Ölfirmen erlaubt, im gefährdeten
> Virunga-Nationalpark im Osten Kongos nach Öl zu bohren. Der Park ist
> Kriegsgebiet und UN-Weltnaturerbe.
Bild: Gorillas im Virunga-Nationalpark.
Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo will in einem Nationalpark,
der zum Welterbe der Unesco gehört und seltene Berggorillas enthält, nach
Öl bohren lassen.
Trotz Protests der zuständigen UN-Stellen gehen die Vorbereitungen für eine
Aufnahme von Prospektionsaktivitäten der Ölfirmen "Dominion Oil" und "Soco
International" im weltberühten Virunga-Nationalpark im Ostkongo voran. Dies
bereitet nicht nur Umweltschützern Sorgen, sondern wirft auch viele Fragen
auf, da die Ölregion sich mitten im ostkongolesischen
Konfliktgebietbefindet, wo irreguläre Milizen und schwer kontrollierbare
Armeeeinheiten aktiv sind.
Am 18. Juni billigte Kongos Präsident Joseph Kabila per Dekret das
Abkommen, das den beiden an der Londoner Börse gelisteten Ölfirmen in
Partnerschaft mit der staatlichen kongolesischen Cohydro das Recht auf
Prospektion im ostkongolesischen Ölblock Fünf gibt. "Block Fünf" liegt am
südlichen Ende der Ölgebiete an der kongolesisch-ugandischen Grenze, in
denen diverse Ölfirmen schon seit mehreren Jahren nach Öl bohren, und
reicht vom Eduard-See bis zur ostkongolesischen Distrikthauptstadt Rutshuru
in der Provinz Nord-Kivu.
Das 7.105 Quadratkilometer große Ölgebiet beinhaltet das Kerngebiet des
Virunga-Nationalparks, der seit 1979 Weltnaturerbe ist und seit 1994, als
erstmals Flüchtlingsströme und Milizenaktivitäten den Park in
Mitleidenschaft zogen, auf der Roten Liste der Unesco steht. Die Ölblocks
im Ostkongo wurden von Kongos Regierung schon während des 2003 beendeten
Kongokrieges ausgewiesen. Bisher konzentriert sich das Interesse
internationaler Ölfirmen auf die Gebiete am Albertsee weiter nördlich.
Block Fünf ist erst seit 2008 ernsthaft im Gespräch.
Francesco Bandarin, Direktor des Unesco-Welterbezentrums, äußerte seine
"Sorge" darüber erstmals am 18. Juni 2008 in einem Brief an den
kongolesischen Umweltminister José Endundu, einer der reichsten Politiker
des Landes. Ölsuche und Ölförderung oder auch Bergbau im Nationalpark seien
mit dem Status des Weltnaturerbes "unvereinbar", schrieb er. In einem
zweiten Brief im Dezember 2008 erinnerte Bandarin daran, dass die
Unterzeichnerstaaten der UN-Welterbekonvention verpflichtet sind,
Aktivitäten zu melden, die einen Einfluss auf den "besonderern universellen
Wert" eines Erbes haben könnten.
Er schickte das Schreiben diesmal nicht nur an Minister Endundo, sondern
auch an das UN-Umweltprogramm UNEP, den internationalen Naturschutzverband
IUCN und die Ölfirma Dominion, Mehrheitseigner und Betreiber des Ölblocks
Fünf. Weitere Warnungen erfolgten auf den jährlichen
UN-Welterbekonferenzen, 2008 in Québec und 2009 in Sevilla.
Auf der jüngsten Welterbekonferenz in Brasilia vom 25. Juli bis 3. August
wurde Kongos Regierung aufgefordert, "keinerlei Prospektions-oder
Ölförderprojekte zu genehmigen". Da hatte Kongos Präsident Kabila das
fragliche Dekret allerdings bereits unterschrieben. Wenig später wurde
bekannt, eine Delegation von Politikern und der Ölfirma Soco habe bereits
Rutshuru besucht und erste Ortsbesichtigungen unternommen.
Vor Ort in Nord-Kivu erzeugt dies Verunsicherung, da es kaum offizielle
Informationen gibt. Mineral- und Ölprospektion in Nationalparks ist im
Kongo verboten. Der Generaldirektor des vulkanologischen Instituts in der
Provinzhauptstadt Goma hat Sorge geäußert, dass Ölprospektion zu
Naturzerstörung führen könnte, vor allem durch den Bau der benötigten
Straßen, um Teile des Parks zu erschließen. Wilderei, illegale Abholzung
zwecks Holzkohleproduktion und illegalen Mineralienabbau würden dadurch
einfacher, sagte er.
Der Virunga-Nationalpark ist zu großen Teilen ungeschützt, in seinem
Nordteil von Kleinbauern auf der Suche nach Land überlaufen und im Süden
Rückzugsgebiet für Milizen, beispielsweise die ruandische Hutu-Miliz FDLR
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas). Die wenigen verbliebenen
Berggorillas im Park gelten als akut gefährdet, die Nilpferdbevölkerung ist
in den letzten zwanzig Jahren von 30.000 auf 600 gesunken.
Die Ölfirmen stellen sich taub. Jetzt wo das nötrige Abkommen im Kongo
ratifiziert sei, könne man mit der Prospektion auf beiden Seiten der Grenze
beginnen, erklärte Dominium Petroleum am 20. September. Als erstes planen
die Ölfirmen seismische Erkundungen, um festzustellen, wo genau und in
welcher Tiefe ölhaltige Gesteinsformationen liegen. Dafür muss Sprengstoff
angeliefert werden, was in einem Bürgerkriegsgebiet auch andere
Begehrlichkeiten wecken könnte. Die Ölfirmen wollen angesichts dessen das
Militär an ihrer Arbeit beteiligen, aber dies löst das Problem auch nicht.
Die EU-Kommission will jetzt offiziell von Kongos Regierung Aufklärung über
die Ölverträge zu Block Fünf verlangen. Und im Januar ist ein Treffen
zwischen Kongos Regierung und der Unesco geplant.
19 Nov 2010
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Kongo
Virunga-Nationalpark
Kongo
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