# taz.de -- Konflikt im Sudan: Generalstreik legt Sudan lahm | |
> Mit zivilem Ungehorsam will die Protestbewegung ihren Volksaufstand gegen | |
> das Militärregime weiterführen. Das zeigt sich von Kritik unbeeindruckt. | |
Bild: Khartum, Sudan: Das Videostandbild zeigt eine verlassene Einkaufsstraße | |
NAIROBI taz | [1][Sudans Opposition rief zum Streik], und massenhaft sind | |
Sudanesen seit Sonntag dem Aufruf gefolgt. Geschäfte in Khartum sind zu, | |
Behörden sind leer, die Wirtschaft ist paralysiert. | |
Der [2][herrschende Militärrat] versucht den Generalstreik mit Gewalt zu | |
verhindern. Arbeitnehmer der Elektrizitätsgesellschaft wurden ebenso | |
verhaftet wie Mitglieder der Pilotengewerkschaft. Bankangestellten wird | |
gedroht, wenn sie nicht zur Arbeit gehen. Nur kleine Gruppen von | |
Demonstranten trauen sich hier und da kurz auf die verlassenen Straßen, um | |
Barrikaden aufzubauen. Täglich werden junge Menschen von Scharfschützen auf | |
der Straße getötet. Am Sonntag wurden vier Tote in Khartum gemeldet. | |
Können Sudans gewaltlose Demonstranten ihren Volksaufstand weiterführen | |
gegen brutale Milizen? Vor einer Woche organisierte das Militär eine | |
Gegenrevolution und löste das gewaltlose Sit-in vor dem Armeehauptquartier | |
in Khartum mit Gewalt auf. Mehr als hundert Menschen kamen ums Leben. | |
Die meiste Gewalt verübt die Rapid Support Force (RSF) von Mohamed Hamdan | |
Dagolo, genannt Hemeti, die Nummer zwei des Militärrats. Die Opposition | |
nennt die Truppe jetzt wieder Janjaweed, wie 2003, als sie gegen die | |
Rebellion in der westlichen Region Darfur eingesetzt wurde. | |
## „Stürze, das ist alles“ | |
Eine Mitarbeiterin einer sudanesischen Nichtregierungsorganisation meldet, | |
dass mehrere Krankenhäuser noch immer von der RSF umzingelt sind oder | |
geschlossen wurden. Viele Ärzte seien untergetaucht. Krankenpflegerinnen | |
und Medizinstudenten versuchen die Arbeit zu übernehmen. | |
Auf dem ersten Blick sieht es also danach aus, als habe Sudans Militär den | |
Volksaufstand niedergeschlagen. Die Opposition, die seit Beginn ihrer | |
Proteste vor einem knappen halben Jahr eine Zivilregierung für Sudan | |
fordert, ist aber noch nicht bereit, aufzugeben. Die Demonstranten haben | |
seit Dezember vieles durchgemacht, und sie scheinen für noch mehr bereit zu | |
sein. | |
Die Internetverbindungen auf Handys sind zwar gesperrt, aber jetzt schicken | |
die Aktivisten der Opposition Textnachrichten an Demonstranten. Zettel mit | |
Informationen werden in Wohnvierteln von Hand zu Hand weitergegeben. Sie | |
sind unterzeichnet mit „tasgot bas“, was so viel heißt wie: „Stürze, das | |
ist alles“. Das war der Slogan der Opposition gegen Langzeitdiktator Omar | |
Hassan al-Bashir, bevor das Militär ihn im April absetzte. Jetzt richtet er | |
sich an den Militärrat, der seit April regiert. „Auf diese Art und Weise | |
hat uns die Opposition vor ein paar Tagen geraten, uns Essensvorräte für | |
zwei Wochen anzulegen“, schreibt eine Frau, die anonym bleiben will, der | |
taz auf WhatsApp. | |
Nach Berichten in sozialen Medien wird nicht nur in der Hauptstadt Khartum | |
gestreikt, sondern auch zum Beispiel in Sudans wichtigster Hafenstadt Port | |
Sudan. Der Streik behindert den Transport von Nahrungsmitteln und Benzin, | |
was auch die Armee trifft. | |
## Ein friedlicher Ausgang ist unwahrscheinlich | |
Von ausländischer Kritik geben sich Sudans Militärherrscher unbeeindruckt. | |
Kurz nachdem die Afrikanische Union am Donnerstag die Mitgliedschaft Sudans | |
ausgesetzt hatte, besuchte der reformistische äthiopische Premierminister | |
Abiy Ahmed Khartum. [3][Er sprach mit Armee und Opposition], um zwischen | |
beiden zu vermitteln. Aber kaum hatte er das Land verlassen, wurden mehrere | |
Oppositionsvertreter, die mit Abiy gesprochen hatten, von der Armee | |
festgenommen. Am Montag wurde ihre Freilassung gemeldet. | |
Wie die Lage sich entwickelt, ist schwer zu sagen. Sicher scheint nur, dass | |
es keinen Frieden geben wird. Ein Sprecher des Militärrats erklärte am | |
Sonntagabend, die Opposition nutze den Generalstreik, um Waffen nach | |
Khartum zu schmuggeln und „ihren Kampf gegen die Armee und die RSF in die | |
Hauptstadt zu tragen“. | |
Jahre von Korruption und Sanktionen haben Sudan wirtschaftlich ruiniert. | |
Die aufkommende Mittelschicht verschwand wieder schnell, viele flohen ins | |
Ausland. Diejenigen, die blieben, haben kaum noch etwas zu verlieren. Daher | |
kommt vielleicht auch die Hartnäckigkeit der Protestbewegung. | |
10 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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