# taz.de -- Kommentar Sonderbericht des Klimarats: Tempo, Tempo, Tempo! | |
> Die Erderwärmung aufzuhalten ist möglich – braucht aber schnelles | |
> Handeln. Deutschland ist dafür trotz bester Voraussetzungen nicht | |
> bekannt. | |
Bild: Wärmeres Wasser bedeutet für Korallenbänke schlechtere Lebensbedingung… | |
Man muss keine Dissertation in Physik geschrieben haben, um [1][die | |
Botschaft des Weltklimarats] zu verstehen: Wenn die Erderwärmung und damit | |
unkalkulierbare Risiken für Gesundheit, Wirtschaft, Ernährung und | |
Sicherheit von Millionen von Menschen einigermaßen begrenzt werden sollen, | |
muss es jetzt schnell gehen. Runter mit den CO2-Emissionen, her mit den | |
Alternativen zu Kohle, Öl und Gas, massives Energiesparen, ein anderer | |
Lebensstil jenseits von Steak und Billigflügen. | |
Was die Forscher in trockener Sprache auf Hunderten Seiten aufgeschrieben | |
haben, ist im Grunde einfach: Wenn wir weiter in diesem Ausmaß CO2 in die | |
Atmosphäre pumpen, geht das schief. Wir haben noch bis Mitte des | |
Jahrhunderts Zeit für eine Kohlenstoffdiät. Und wir müssen sofort anfangen. | |
Am besten gestern. Da macht es auch keinen großen Unterschied, dass nach | |
den neuen Zahlen unsere Gnadenfrist ein paar Jahre länger ist – auch wenn | |
das die Kohlelobby sofort als Argumente nutzen wird, erst mal weiter nichts | |
zu tun. | |
Die Elite der globalen Wissenschaft schreibt aber auch: Es ist machbar. Die | |
weltweite Energiewende hat begonnen, die Techniken sind da. Wir müssen nur | |
wollen. Verschiedene Politikinstrumente machen einen großen Unterschied: | |
Ein Preis für den CO2-Ausstoß, die Förderung sauberer Techniken, andere | |
Gewohnheiten beim Verkehr, Essen und Produzieren – all das wird darüber | |
entscheiden, ob der Klimawandel aus dem Ruder läuft oder nicht. | |
Aber auch hier ist die Botschaft klar: Das Tempo, mit dem das geschehen | |
muss, ist atemberaubend. Noch nie hat die Menschheit so schnell von einer | |
Technik Abschied genommen und eine neue installiert wie es mit den fossilen | |
Rohstoffen nötig ist, um 1,5 oder 2 Grad Erderwärmung noch zu halten. | |
Und hier kommt die Ohrfeige für die deutsche Regierung. Deren Klima-und | |
Energiepolitik steht unter der Überschrift „Verzögern!“ Das Klimaziel bis | |
2020 wurde aufgegeben, jetzt gilt 2030. Vor einem schnellen Ausstieg in den | |
Kohleausstieg scheut die Regierung zurück. Der Ausbau der erneuerbaren | |
Energien geschieht allenfalls halbherzig. Die Autobauer werden davor | |
geschützt, bis 2030 ernsthaft ihren Spritverbrauch zu reduzieren. Die | |
Energieeffizienz, etwa in Gebäuden, bleibt der schlafende Riese, der | |
entspannt weiterschnarcht. | |
Vor der Dringlichkeit, die aus jeder Zeile des IPCC-Berichts quillt, | |
verschließt Berlin die Augen. Die Forscher werben für die Rolle eines | |
Klimaschutz-Vorreiters, auch mit wirtschaftlichen Argumenten. Deutschland | |
ist eines der reichsten Länder der Welt, wir haben die Technik, die | |
Wirtschaftskraft und die politische Stabilität. Aber diese Bundesregierung | |
will sich nicht bewegen, schon gar nicht schnell. Da hilft auch keine | |
Bundeskanzlerin mit einem Doktortitel in Physik. | |
8 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Neuer-Bericht-des-Weltklimarats/!5541911 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwarz-rote Koalition | |
Energie | |
Kohleausstieg | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
EEG-Umlage | |
Klima | |
CO2 | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Klima | |
Wirtschaftsnobelpreis | |
Pariser Abkommen | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kritik an zu hohem Energieverbrauch: Öffentliche Bauten heizen zu viel | |
Gebäude des Bundes verbrauchen viel mehr Energie zum Heizen als private | |
Bürohäuser. Dabei sollten sie Vorbilder sein, bemängeln die Grünen. | |
Think Tank fordert schnellen Ausstieg: Raus aus der Kohle bis 2030! | |
Damit die Erde sich nur um 1,5 Grad erwärmt, muss Deutschland bis 2030 | |
aussteigen. Das zeigt eine Studie des Think Tanks „Climate Analytics“. | |
Kolumne Wir retten die Welt: Bier, Sex, Autobahn | |
Wer vor dem Klimawandel warnt, bemüht bislang Zahlen, Daten und Fakten – | |
und erntet Gähnen. Also müssen andere Geschichten her. | |
Kommentar EEG-Umlage: Ungenutzter Rückenwind | |
Ökostrom bedeutet keine höheren Kosten mehr. Dennoch nutzt die | |
Bundesregierung die Gelegenheit nicht, die erneuerbaren Energien | |
auszubauen. | |
CO2-Grenzwerte für Neuwagen: Die Antiklimakanzlerin | |
„Zum Schämen“, „Versagen“, Kuhhandel“: Der Kompromiss zu neuen | |
CO2-Grenzwerten für Neuwagen in Europa sorgt für Empörung. | |
Niedrigere CO2-Werte von Neuwagen: Streit um EU-Umweltziele für Autos | |
Deutschland möchte nicht über das Ziel der EU-Kommission hinausgehen. Die | |
will nur eine Abgas-Reduktion von 30 Prozent bis 2030. | |
CO2-Emissionen mindern: Einfangen und wegsperren? | |
Es gilt als letzte Hoffnung gegen die Erwärmung: Das Einfangen des | |
Klimagases Kohlendioxid. Doch unter Klimaschützern ist die Methode | |
umstritten. | |
Enwicklungsexperte über Klimabericht: „Sehenden Auges in die Katastrophe“ | |
Der globale Süden ist besonders vom Klimawandel betroffen. | |
Entwicklungsexperte Harmeling fordert mehr Unterstützung der reichen | |
Staaten. | |
Nach dem Bericht des Weltklimarats: EU zufrieden mit ihrer Klimapolitik | |
Die Ruhe weg hat man in Brüssel. Die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen? | |
Wozu ständig neue Ziele, läuft doch alles, sagen die Verantwortlichen. | |
Wirtschafts-Nobelpreis für US-Forscher: Klimawandel trifft Makroökonomie | |
Der Nobelpreis für Wirtschaft geht an William Nordhaus und Paul Romer. Die | |
Ökonomen werden für ihre Arbeiten zu Klimawandel und technologischen | |
Innovation geehrt. | |
Neuer Bericht des Weltklimarats: Die CO2-Nulldiät? Hart, aber machbar | |
Der Weltklimarat macht der Politik Mut: Echter Klimaschutz ist noch | |
möglich. Aber es muss jetzt schnell gehen. | |
Klimawandel vor dem Klimagipfel: Immer Meer | |
Der Klimawandel lässt den Meeresspiegel weltweit schneller steigen als | |
gedacht. Welche Regionen sehr stark betroffen sind, zeigen aktuelle Daten. |