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# taz.de -- CO2-Grenzwerte für Neuwagen: Die Antiklimakanzlerin
> „Zum Schämen“, „Versagen“, Kuhhandel“: Der Kompromiss zu neuen
> CO2-Grenzwerten für Neuwagen in Europa sorgt für Empörung.
Bild: Ein Grund zum Verstecken für die Klimakanzlerin?
So viel Emotionen kommen selten aus einer Pressestelle: „Es ist zum
Schämen.“ Mit diesem Satz kommentiert die Europagruppe der Grünen die
Einigung der EU-Umweltminister auf neue Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von
Neuwagen. Der Luxemburger Kompromiss bringt viele KlimafreundInnen in Rage.
„Von „Versagen“ spricht der Verkehrsklub VCD, von einem „Kuhhandel“ d…
verkehrspolitische Sprecher der Europa-SPD, Ismail Ertug. „Die
Bundesregierung sabotiert den Klimaschutz“, schäumt die
Grünen-Europaabgeordnete Rebecca Harms mit Blick auf den Einfluss, den
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf die Verhandlungen hatte.
Grund für die Aufregung: [1][In der Nacht zu Mittwoch hatten die
EU-UmweltministerInnen ihre Position] zu neuen Grenzwerten für Neuwagen
festgelegt. Nach fast 14-stündiger Sitzung, in die sich auch Merkel
einschaltete, einigten sie sich in Luxemburg auf eine Senkung der
CO2-Emissionen: Die Autohersteller sollen die klimaschädlichen Abgase bis
2030 um 35 Prozent reduzieren.
Das Europaparlament geht allerdings erheblich weiter und [2][fordert eine
Grenzwertreduzierung von 40 Prozent], die EU-Kommission dagegen nur 30
Prozent. Als Bezugsgröße gilt dabei das Jahr 2020 – dann sollen alle
Neuwagen im Schnitt noch 95 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenen Kilometer
ausstoßen dürfen. Die neuen Vorgaben sollen 2023 überprüft werden. Auf
Druck aus Berlin wurde diese sogenannte Review-Klausel „deutlich gestärkt“,
erklärte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Deutschland und die
hiesigen Autohersteller haben sich damit eine Hintertür offen gelassen.
Die Umweltminister haben noch keine rechtskräftigen Ziele beschlossen,
sondern nur die Ausgangsposition für die abschließenden Verhandlungen mit
dem Europaparlament. Die Gespräche sollten bereits am Mittwochabend in
Brüssel beginnen. Mit großen Veränderungen gegenüber dem Beschluss der
Umweltminister wird nicht gerechnet. „Dieser Kompromiss war so schwierig zu
erringen, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es noch viel
ambitionierter wird“, sagte Schulze. Sie lobte das Ergebnis als „großen
Fortschritt“. „Jede Tonne CO2, die wir einsparen, hilft“, sagte sie.
Schulze hatte bei den Verhandlungen die Position der Bundesregierung
vertreten, die wie die EU-Kommission Grenzwerte von 30 Prozent will. Das
geht allerdings nicht auf einen Kabinettsbeschluss zurück, sondern auf eine
Direktive aus dem Bundeskanzleramt.
## Schulze ist für strengere Werte
„Die Bundeskanzlerin hat eine rote Linie gezogen“, sagte ein Sprecher des
Umweltministeriums. [3][Angela Merkel hatte im Vorfeld der Verhandlungen
vor negativen Auswirkungen] für die Autoindustrie gewarnt. Im
Koalitionsausschuss ist das Thema nicht behandelt worden. Schulze selbst
ist für strengere Grenzwerte als jetzt beschlossen. Auch die
SPD-Bundestagsfraktion hatte sich am Dienstag für 40 Prozent ausgesprochen.
„Die Ministerin hat einen Spagat vollbringen müssen“, sagte ein Sprecher
des Umweltministeriums. Deutschland hätte sich bei der Abstimmung in
Luxemburg auch enthalten können. „Dann hätte es das Risiko gegeben, dass es
überhaupt keine Senkung gegeben hätte“, sagte der Sprecher.
Grüne und Linke beruhigt das nicht. „Umweltministerin Schulze ist so
durchsetzungsstark wie ein zahnloser Tiger“, sagte der Fraktionschef der
Grünen, Anton Hofreiter. „Ihre Klimapolitik gleicht einem Schleuderkurs,
wenn sie an einem Tag noch den Klimaschutz propagiert, am nächsten Tag ihn
aber auf EU-Ebene abwürgt.“ Die linke Bundestagsabgeordnete Ingrid Remmers
ist davon überzeugt, dass ohne die Blockadehaltung der Bundesregierung
höhere Ziele für die CO2-Reduktion erreichbar gewesen wären. „Es ist
beschämend, dass sich die Umweltministerin Schulze im EU-Umweltrat so
kraftlos für die Klimaziele eingesetzt hat“, sagte auch sie.
11 Oct 2018
## LINKS
[1] /Niedrigere-CO2-Werte-von-Neuwagen/!5542224/
[2] /CO2-Emissionen-von-Neuwagen/!5537882/
[3] /!5534873/
## AUTOREN
Anja Krüger
Eric Bonse
## TAGS
Klima
CO2
Svenja Schulze
CO2-Emissionen
Schwerpunkt Klimawandel
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Klima
Pariser Abkommen
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