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# taz.de -- Kolumne Generation Camper: Auch Nostalgie ist etwas Schönes
> Dachzelt und Trabi, das gehört zur DDR wie Ostsee und FKK. Doch falsch
> gedacht. Das Dachzelt fürs Miniauto ist keineswegs eine Erfindung aus der
> DDR.
Bild: Das Campingzelt fürs Autodach passt auf jeden Kleinwagen.
Der Stand der Technik ist berauschend. Nichts, was einem auf Reisen fehlen
sollte. Nicht der Herd, nicht der Großbildschirm, nicht die Bar. Wie in
Trance schlendern wir über die Stuttgarter Touristikmesse CMT, begutachten
hochgerüstete Campmobile, Womos so groß wie Schiffe, Luxusappartements auf
Rädern.
Abrupt bleibt mein Begleiter stehen. Und als hätte ihm ein Wecker
geklingelt: „Das-gibt-es-nicht-ich-werd-verrückt-dass-es-das-noch-gibt!“ Er
lacht und bestaunt einen kleinen Fiat mit Dachzelt, als wäre das … Ja was?
Als wäre das der Hit! Ein Hit wie anno 1996. Da stand anlässlich der
Ausstellung „Endlich Urlaub - Die Deutschen Reisen“ ein Trabi mit
Zeltaufbau im Haus der Geschichte in Bonn und brachte alle Welt zum
Schmunzeln: So nämlich durfte man sich die individualistische Sommerfrische
in der Ex-DDR vorstellen, klärt mich mein Begleiter auf.
„FKK am Strand und das Dachzelt als Symbol und Gegenmodell zum staatlich
organisierten, sozialistischen Urlaub.“
Eine Ex-DDR-Spezialität. Am Stand des Zeltherstellers wirkt man darüber
nicht amused. Nix DDR-Erfindung, werden wir belehrt. Dachzelte wurden schon
vor der Entstehung der DDR gefertigt. In der Nähe von München. Auch in
Italien und Frankreich. Weil nämlich Dachzelte praktisch zur Ausrüstung
eines jeden Offroaders gehören. Sie passen auf jeden Dachständer und sind
wie gemacht für Jeeps.
Und man erinnert uns an die vielen fanatischen Wüstenfahrer, die dem Zauber
der Sahara folgten, die über Waschbrettpisten durch Algerien holperten,
durch Sand und Gebirge, ins mythische Timbuktu, damals, in
Vor-al-Qaida-Zeiten. Auch das ein Thema, das bei uns Erinnerungen und
Gefühle weckt und das Geschichte ist. „Wir waren und wir sind eine stabile
Nische“, hören wir. Und schauen dann zu, wie man mit dem Dachzelt umgeht,
welche Modelle es gibt.
Ich bin fasziniert. Liegt es an der Schlichtheit der Behausung im Angesicht
der Messe-Überfülle? Am praktischen Nutzen? Oder bin ich gerührt? Egal.
Auch Nostalgie ist etwas Schönes.
21 Feb 2015
## AUTOREN
Christel Burghoff
## TAGS
DDR
Camping
Wald
Brüder Grimm
Goethe
Deutsche Geschichte
Frankfurt
Lichtverschmutzung
Urban Gardening
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