# taz.de -- Kolumne Generation Camper: Das Märchen von den Märchen | |
> Rotkäppchen, Aschenputtel und der gestiefelte Kater sind ursprünglich | |
> keine deutschen Märchengestalten. Sie kamen mit Flüchtlingen ins Land. | |
Bild: Das Dornröschenschloss, die Sababurg in Hessen. Aber das ist ein Märche… | |
Jetzt vergessen wir mal das zauberhafte Dornröschenschloss, die Sababurg im | |
Reinhardswald, und denken uns zu den barocken Schlössern in die | |
französische Provinz, denn Dornröschen kommt eigentlich aus Frankreich. | |
Sie ist „La belle au bois dormant“, erzählt der Literaturwissenschaftler | |
Heiner Boehncke auf einer Veranstaltung zur europäischen Romantik. Und | |
damit nicht genug: Auch Rotkäppchen, Aschenputtel, der gestiefelte Kater | |
und viele andere der uns vertrauten Märchengestalten hatten bereits vor | |
ihrer Zeit als „Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“ ein Leben in | |
Frankreich. | |
Charles Perrault schrieb ihre Geschichte bereits 1695 auf in den „Contes de | |
ma mère l’Oye“. Ich bin erstaunt, und C. neben mir schmollt. „Volkspoesie | |
und alles echt deutsch? Ist wohl auch ein Märchen.“ | |
Schade um unsere Kinderträume. Das schöne Nordhessen als Heimat und | |
Märchenstraße, Idylle, Fachwerk & Biedermeier als Verzierung – wäre ja zu | |
schön gewesen. Aber um zur Sache zu kommen: Die wahre Geschichte der | |
wundersamen Märchenwanderung von Frankreich nach Nordhessen ist keineswegs | |
romantisch – sie ist furchtbar. | |
## Hugenotten brachten viele Märchen mit | |
Die französischen unter den Märchen, die die Grimms hier Anfang des 19. | |
Jahrhunderts sammelten, kamen mit Flüchtlingen ins Land. Es waren | |
Hugenotten, die vor den Verfolgungen und Massakern der französischen | |
Katholiken in andere europäische Länder geflüchtet waren. Massenhaft. | |
Bereits im 16. Jahrhundert und vor allem zu Zeiten des Sonnenkönigs. | |
Um das Jahr 1700 herum soll jeder 5. Berliner ein Hugenotte gewesen sein. | |
In Hessen gehen zahlreiche Orte auf Hugenotten zurück. Und hugenottische | |
Vorfahren hatten auch die wichtigsten „Quellen“ der Grimms: die | |
Märchenerzählerin Dorothea Viehmann und die Schwestern Hassenpflug. | |
Nein, den Grimms sei nichts vorzuwerfen, meint Professor Boehncke. Auch | |
keine Irreführung. Sie haben ihre Märchensammlung nie als „deutsch“ | |
bezeichnet. Sie wussten, warum. Und wir verstehen: Selbst schuld, wer an | |
Märchen glaubt. | |
18 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Christel Burghoff | |
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