# taz.de -- Kolumne Dumme weiße Männer: Die Bürde des Reichtums | |
> Weiße Männer sind stolz darauf, reicher zu sein als zum Beispiel | |
> „Wirtschaftsflüchtlinge“. Dabei haben sie ihren Wohlstand über Jahre | |
> zusammengeklaut. | |
Bild: Da können nicht alle was von abhaben. | |
„Ich bin richtig reich”, [1][sagt Donald Trump gerne] und oft. Da ist es | |
egal, dass nicht so wirklich bekannt ist, wie reich er wirklich ist. Oder, | |
dass er wohl [2][reicher gewesen wäre], hätte er sein Geld in einfache | |
Investmentfonds angelegt, statt zu versuchen, Geschäfte zu machen. Er ist | |
richtig reich, und dabei schwillt ihm die Brust. Es gibt manche Leute, die | |
wurden auf der „third base” eines Baseballfeldes geboren und glauben, sie | |
hätten besonders gut geschlagen, [3][schrieb der New Yorker mal]. Donald | |
Trump sei dort geboren worden und meine, er habe Baseball erfunden. | |
Von Trump ist nichts anderes zu erwarten, ist er doch der prototypische | |
dumme weiße Mann. Aber er ist nicht alleine. Der Trump in der | |
Otto-Normalkartoffel zeigt sich zum Beispiel immer, wenn ein besorgter | |
weißer Bürger etwas von „Wirtschaftsflüchtlingen” faselt, die bitteschö… | |
jenem Ort der Armut zu bleiben hätten, den ihnen das Schicksal beschert | |
hat. Wir können schließlich nicht alle aufnehmen. | |
Das Schicksal ist schön, wenn es auf der eigenen Seite steht. Wer in | |
Deutschland geboren wurde, gehört automatisch [4][zum reichsten Fünftel der | |
Welt]. Die mehrheitlich weißen Länder, die oft auch „der Westen” genannt | |
werden, sind dabei allesamt in der reicheren Hälfte der Weltbevölkerung | |
angesiedelt. Und unter den [5][62 reichsten Menschen der Welt], die | |
([6][umstrittenerweise]) so viel besitzen wie die ärmsten 3,5 Milliarden, | |
sind 40 weiße Männer. | |
Nur ist eben auch das Schicksal menschengemacht. Das eher unfruchtbare | |
Europa war über Jahrtausende nicht zufällig [7][kaum bevölkert] und muss | |
sich heute [8][seine Überbevölkerung] mit [9][Landgrabbing in anderen | |
Weltteilen] und [10][parasitären Wirtschaftsbeziehungen] leisten, die | |
jährlich zwei Billionen Dollar aus armen Ländern in reichere transferieren. | |
Nicht umsonst zogen von Europa Menschen aus, damit sie ihr Essen mit | |
anderen Dingen würzen könnten als Pökelsalz und Petersilie. | |
## Dividende in der Hungersnot | |
Noch mitten in der Kolonialzeit waren die reicheren Länder der Welt nur | |
etwa drei Mal so reich wie die ärmeren – zum Ende der Kolonialzeit waren | |
sie um den Faktor 35 reicher. Wie das passieren konnte, ist kruder, als man | |
sich vorstellen mag: Als die Aktiengesellschaft weißer Männer, die | |
britische East India Company, durch hinterhältige Verschlagenheit den | |
Herrscher Bengalens besiegte, verschiffte sie die Staatskasse im Wert von | |
2,5 Millionen Pfund (heute etwa 250 Millionen Pfund, also das Hundertfache) | |
kurzerhand nach England, um sie an die Anteilseigner auszuschütten. | |
Sie baute den Staat ab, machte die Region zu einem riesigen | |
landwirtschaftlichen Gut und gab sich die „Bürde des weißen Mannes“ ihren | |
neuen Untertanen endlich zu zeigen, wie Zivilisation wirklich geht. In den | |
nächsten Jahrzehnten verschiffte die Company Güter im Wert von 40 Millionen | |
Pfund nach Europa. | |
Als 1769 eine vierjährige Hungersnot begann, erhöhten die Anteilseigner | |
ihre jährliche Dividende von 10 Prozent auf 11 Prozent, dann auf 12 Prozent | |
[11][und schließlich auf 12,5 Prozent] und zwangen Landwirte in Bengalen, | |
weiter Indigo und Opium anzubauen, um diese auch zu erreichen. Derweil | |
starben rund 10 Millionen Menschen. | |
Die Indifferenz gegenüber menschlichem Leid, wenn es um den Profit geht, | |
kann man bei weißen Männern bis heute beobachten – veranschaulicht in der | |
Verfilmung von „The Big Short” zur Finanzkrise 2008 sehen: Bösartige weiße | |
Männer stellen zweifelhafte Finanzprodukte auf, die dumme weiße Männer an | |
Arme verkaufen. Andere weiße Männer wetten auf den Kollaps, obwohl dieser | |
die Zerstörung von Millionen Existenzen und womöglich sogar eine weltweite | |
Krise mit sich bringen würde. | |
## Entschädigungen sind kaum möglich | |
Wer meint, das seien nur die Machenschaften der Angelsachsen, irrt: So | |
trennscharf waren Nationalitäten in der Kolonialzeit nicht – schließlich | |
wurde Großbritannien bis Anfang des 20. Jahrhunderts noch von den Häusern | |
Hannover und Sachsen-Coburg und Gotha regiert, die selbsternannte Kaiserin | |
Viktoria war Halbdeutsche. | |
Zigtausende der Angestellten der niederländischen Ostindiengesellschaft | |
waren Deutsche, zahlreiche Anteilseigner der britischen East India Company | |
ebenfalls. Und während der deutsche Kolonialismus für das Reich ein | |
Verlustgeschäft war, bot er für viele deutsche Unternehmer die Möglichkeit, | |
große Profite einzustreichen. | |
Würden weiße Männer heute die riesigen Profite [12][zurückzahlen müssen], | |
die sie einst durch den Raub von Bodenschätzen, ungerechte | |
Handelsbeziehungen und Ausbeutung von ArbeiterInnen und SklavInnen | |
akkumulierten, würde die Rechnung sich wohl auf [13][Hunderte, wenn nicht | |
Tausende Billionen Dollar] belaufen. Nicht einmal die 40 reichsten weißen | |
Männer der Welt haben so viel. | |
17 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://youtu.be/qjTmUhcRX3I | |
[2] http://finance.yahoo.com/news/why-probably-better-investing-donald-23302036… | |
[3] http://www.newyorker.com/news/news-desk/romney-gets-trumped | |
[4] http://unveilinginequality.com/ | |
[5] http://www.oxfam.org/en/pressroom/pressreleases/2016-01-18/62-people-own-sa… | |
[6] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ungleichheit-besitzen-menschen-wirkli… | |
[7] http://vimeo.com/130468614 | |
[8] http://www.theguardian.com/global-development-professionals-network/2016/ja… | |
[9] /!5111369/ | |
[10] http://youtu.be/uWSxzjyMNpU?t=2m6s | |
[11] http://www.plutobooks.com/display.asp?K=9780745331959 | |
[12] http://www.youtube.com/watch?v=f7CW7S0zxv4 | |
[13] http://www.theguardian.com/global-development-professionals-network/2015/n… | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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