# taz.de -- Kolumne B-Note: Infantino wird Feminist | |
> Der Fifa-Präsident stellt dem iranischen Fußballverband, der Frauen meist | |
> den Stadionbesuch verwehrt, ein Ultimatum. Und nun? | |
Bild: Iranische Frauen beim Länderspiel Iran gegen Bolivien in Teheran am 6. O… | |
„Endlich ein paar ernst zu nehmende Schritte.“ Die Reaktion der | |
Aktivistinnen von Open Stadiums, die sich für den Zugang von Frauen zu | |
Fußballspielen im Iran einsetzen, auf einen Brief von Fifa-Präsident Gianni | |
Infantino an den iranischen Fußballverband ist von Hoffnung geprägt. | |
Infantino fordert in dem Schreiben den iranischen Verbandspräsidenten Mehdi | |
Taj auf, bis zum 15. Juli mitzuteilen, wie Frauen im Iran Zugang zu Stadien | |
für die im September beginnende WM-Qualifikation verschafft werden kann. | |
Es ist ein neuer Ton, der da angeschlagen wird. Es ist das erste Mal, dass | |
die Fifa dem iranischen Verband ein konkretes Datum nennt, bis zu dem etwas | |
passieren muss. Seit fast 40 Jahren ist es Frauen verboten, Fußballspiele | |
von Männermannschaften zu besuchen. Das soll sich nun ändern. | |
Dass Infantino den Brief schreibt, während in Frankreich gerade die WM der | |
Frauen läuft, ist dabei alles andere als ein Zufall. „Die Augen der Welt“ | |
seien in diesen Tagen auf die Fifa und speziell den Frauenfußball | |
gerichtet, heißt es in dem Schreiben. Zu Turnierbeginn, als der | |
Fifa-Präsident noch in Paris weilte, hat er sich kurz mit Vertreterinnen | |
der Open-Stadiums-Bewegung getroffen. Das bestätigte der taz eine der | |
Aktivistinnen. „Ein Datum zu nennen, war genau, was wir von ihm gefordert | |
haben.“ Dass es genau so gekommen ist, sei dann doch überraschend gewesen. | |
Vielleicht war es das Treffen mit den Aktivistinnen, vielleicht aber waren | |
es auch die Ereignisse in Teheran am Tag vor dem Eröffnungsspiel der WM in | |
Paris, die Infantino dazu bewogen haben, endlich konkrete Forderungen zu | |
stellen. Am 6. Juni fand im Azadi-Stadion der Hauptstadt ein | |
Freundschaftsspiel zwischen den Männerauswahlteams von Iran und Syrien | |
statt. Iranische Frauen, die mit Tickets zum Stadion gekommen waren, wurden | |
am Eintritt gehindert, mindestens zwei festgenommen. Diese Vorkommnisse | |
erwähnt Infantino in dem Brief an den iranischen Verband. | |
## 1.000 von 100.000 Plätzen | |
„Enttäuschend“ sei das gewesen, schreibt er und erinnert an das | |
Finalrückspiel der Champions League des Asiatischen Fußballverbands im | |
November, das er besucht hat. Da waren tatsächlich iranische Frauen im | |
Stadion, „das erste Mal seit 40 Jahren“, wie Infantino schreibt. 1.000 der | |
100.000 Plätze durften von Frauen eingenommen werden | |
Bei Open Stadiums erinnert man sich auch an das Spiel zwischen Persepolis | |
Teheran und dem japanischen Klub Kashima Antlers. Viele Frauen hätten gern | |
dafür Karten gekauft. Das war aber nicht möglich. „Es war eine Art Show“, | |
schreibt die Aktivistin, die ungenannt bleiben möchte. „Ein paar | |
handverlesene Gäste waren da und ein paar Frauen, die man noch schnell | |
reingelassen hat. Ich weiß nicht, warum Infantino dem Verband die Show | |
abgekauft hat“, so die Aktivistin weiter, denn im Anschluss habe sich | |
nichts getan. Nach ein paar Monaten hat er wohl eingesehen, dass nichts | |
dahinter war. „Das hat er auch beim Treffen mit uns erwähnt.“ | |
Für den Umgang mit dem Iran musste Infantino in der Vergangenheit viel | |
Kritik einstecken. Sein erster Besuch als Fifa-Präsident im Iran fand im | |
März 2018 statt. Teil des Besuchsprogramms war das Teheran-Derby zwischen | |
Persepolis und Esteghlal. Bevor das Spiel begann, wurden mehr als 30 Frauen | |
festgenommen, die versucht hatten, ins Stadion zu gelangen. Die | |
Liveübertragung eines Pressegesprächs mit Infantino wurde abgebrochen, | |
nachdem ein Journalist wollte, was der vom Stadion-Bann für Frauen halte. | |
## Vor allem Häme | |
Dennoch veröffentlichte die Fifa anlässlich der Visite nicht viel mehr als | |
ein Foto, das zeigt, wie Infantino dem Staatspräsidenten Hassan Rohani ein | |
mit dessen Namen beflocktes Trikot überreicht hat. Auch die Worte, die | |
Infantino zum iranischen Frauenfußball zu sagen hatte, brachten ihm vor | |
allem Häme ein. Bei einem Empfang würdigte er die über 20.000 | |
Fußballerinnen im Land und soll gesagt haben: „Ein paar Vertreterinnen von | |
ihnen sind ja heute hier und ich muss sagen, sie sehen sehr gut aus.“ | |
Nun spricht Infantino beinahe schon Klartext im Umgang mit dem Iran. Doch | |
eines fehlt in seinem Brief. Was passiert, wenn sich doch nichts tut im | |
Iran? Für Open Stadiums gehört neben dem Ultimatum eine Bestrafung zu den | |
Forderungen an die Fifa. Ausschluss von der WM-Quali? „Alles, was die | |
Fifa-Regularien hergeben“, meint die Aktivistin. | |
24 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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