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# taz.de -- Doku über Frauenfußball in Afghanistan: Heldin, nicht Opfer
> Die Arte-Doku „Frauenfußball in Kabul – Ein Tor für die Freiheit“ zei…
> den schwierigen Weg einer Ex-Nationalspielerin – und die Gefahr für sie.
Bild: Madina Azizi kämpft gegen viele Widerstände
KÖLN taz | Nach dem Sturz des Taliban-Regimes galt Frauenfußball in
Afghanistan als so etwas wie ein Symbol gegen Unterdrückung und für eine
offenere Lebensart. In den letzten Jahren verkehrte sich das immer mehr ins
Gegenteil. Darüber berichtet die Arte-Dokumentation „Frauenfußball in Kabul
– Ein Tor für die Freiheit“. Sie erzählt dabei vor allem die Geschichte v…
Madina Azizi.
Azizi war Mitglied und Torschützenkönigin der afghanischen
Nationalmannschaft. Auch in der Frauenfußballabteilung des Landes arbeitete
sie mit – bis sie sich gegen Korruption und Missbrauch im Verband äußerte.
Dann musste sie gehen, so wie schon einige andere junge Frauen, die
sexuelle Angebote von den männlichen Führungskräften des Verbandes
abgelehnt hatten.
Seither trainiert Azizi junge Mädchen, die Fußball spielen möchten und
setzt sich dafür ein, dass junge Frauen in ihrem Land überhaupt Sport
treiben können. Damit wurde sie zum Vorbild, aber auch zur Hassfigur in
einem Land, in dem es [1][um Frauenrechte nicht zum besten bestellt ist].
So hat die 23-Jährige bereits Morddrohungen, beispielsweise von Studenten,
erhalten.
„Jedes Mal, wenn ich mein Zuhause verlasse, begleitet mich die Angst“, sagt
Azizi in der Dokumentation, in der ihre Eltern und ihre Schwester nicht
gezeigt werden sollen – zu deren Schutz. „Ich wusste, dass es sehr
gefährlich ist, in dieser Dokumentation mitzumachen, aber ich hatte keine
andere Wahl, es gibt niemand, dem ich vertrauen kann“, erklärt die
Fußballerin ihre Motivation. „Ich versuche, mehr Sportkultur in mein Land
zu bringen, damit auch Mädchen Sport treiben können. Wenn ich mich nicht
dafür einsetze, wer tut es dann?“
## Kein flüchtiger Außenblick
„Frauenfußball in Kabul – Ein Tor für die Freiheit“ entstand bereits im
vergangenen Jahr. Der Kölner Produzent Till Derenbach von Zeitsprung hatte
zuvor schon eine Kinodokumentation über den afghanischen Herrenfußball
(„Men of Hope“) gemacht: „Durch die Recherchen haben wir von Madina
erfahren, wollten sofort ihre Geschichte erzählen und baten die aus dem
Iran stammende Journalistin Gelareh Kiazand, die bereits von 2010 bis 2013
in Afghanistan gelebt hatte, uns zu unterstützen.“ Nach Absprache mit dem
Produzenten begleitete Kiazand schließlich Azizi in Kabul, etwa zu einem
Interview, das sie im afghanischen Fernsehen gab, oder dabei wie sie
versucht, ein Freundschaftsspiel mit ihrer Mädchenmannschaft zu
organisieren.
Die Regisseurin Kiazand jedenfalls wollte die Situation auf keinen Fall
„aus einer privilegierten westlich zentrierten Sicht“ schildern, da ein
Publikum, das von außen nur flüchtig auf die Situation schaut, schnell in
eine Mitleidshaltung verfallen könnte: „Und das ist ein wichtiger Aspekt,
der diese Perspektive charakterisiert – aus einem Überlegenheitsgefühl
heraus werden Menschen anderer Kulturkreise gerne als leidende Opfer
wahrgenommen. Ich dagegen sehe meine Protagonisten letztlich als Heldinnen,
die gegen unhaltbare Zustände kämpfen.“
Die Filmemacherin sagt, Azizi habe sich auch ihr zuerst nur zögerlich
geöffnet. „Am Anfang hat sie zunächst nichts erzählt, erst nach einigen
Tagen fand sie Zutrauen.“ Wie aufgeheizt die Situation in Kabul ist,
zeigten zwei große Anschläge mit vielen Toten, die sich allein während der
zweiwöchigen Dreharbeiten ereigneten, unter anderem eine islamistische
Attacke auf eine Schule.
In der Doku wird auch gezeigt, wie Madina mit ihrem großen Vorbild Khalida
Popal skypt. Die Pionierin des afghanischen Frauenfußballs musste bereits
2011 ihre Heimat verlassen: „Weil mein Leben akut bedroht war. Wenn Du
Deine Stimme erhebst, setzt Du Dein Leben aufs Spiel, die Männer haben
Angst, ihre Macht zu verlieren.“ Popal lebt jetzt in Dänemark und versucht
weiterhin, auf die Situation ihrer „Schwestern“ aufmerksam zu machen.
Auch wenn die afghanische Staatsanwaltschaft und auch die Fifa inzwischen
ermitteln und der allmächtige Präsident des afghanischen Fußballverbands
Keramuddin Karim, der selbst beschuldigt ist, minderjährige Fußballerinnen
misshandelt und missbraucht zu haben, suspendiert wurde: Die
Machtstrukturen in dem muslimisch-patriarchal geprägten Land scheinen nach
wie vor ungebrochen.
8 Jun 2019
## LINKS
[1] /Gewalt-in-Afghanistan-haelt-an/!5592523
## AUTOREN
Wilfried Urbe
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
Fußball
Frauenfußball
Feminismus
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Abschiebung
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