# taz.de -- Kinder in der Coronakrise: Die Schadensliste ist lang | |
> Kinder sind die Hauptleidtragenden der Coronapandemie, sagen Fachleute | |
> der Gesundheitsministerien. Es drohten Lerndefizite und häusliche Gewalt. | |
Bild: Möglichst bald zum Präsenzbetrieb zurück? Schule in Schleswig-Holstein | |
BERLIN taz | Lerndefizite, psychische Belastungen, | |
Entwicklungsverzögerungen, Bewegungsmangel, häusliche Gewalt: Die Liste der | |
Schäden, die Kindern in Deutschland im Zuge der [1][Coronapandemie] drohen, | |
ist lang. Doch dieses Mal kommt die Warnung nicht etwa von Eltern oder | |
Kinder- und Jugendmedizinern, sondern von den Fachleuten aus den | |
Gesundheits- und Sozialministerien der Bundesländer. | |
„Kinder und Jugendliche zählen neben den medizinischen Risikogruppen zu den | |
Haupt-Leidtragenden der Pandemie, insbesondere durch die massive | |
Einschränkung der Kontakte zu Gleichaltrigen“, schreibt etwa das | |
Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz der taz. Und: „Ein Risiko für | |
nachhaltige psychische Beeinträchtigungen liegt in der Gefahr zunehmender | |
häuslicher Gewalt, von der auch Kinder mit langfristigen Auswirkungen | |
betroffen sein können.“ | |
Die taz hatte in einer Umfrage alle 16 Landesministerien gebeten, zum Thema | |
Stellung zu beziehen. Was wissen die Behörden über gesundheitliche Schäden | |
bei Kindern und Jugendlichen, die wegen der Coronakrise nicht oder nur | |
eingeschränkt Kita und Schulen besuchen konnten? Bis Montag antworteten 12 | |
Ministerien, darunter die Behörden aus den bevölkerungsreichen und von | |
Corona stärker betroffenen Länder Nordrhein-Westfalen, Bayern und | |
Baden-Württemberg. | |
Zwar betonen alle Ministerien, dass belastbare wissenschaftliche | |
Erkenntnisse aus Zeitgründen noch nicht vorliegen können. Auch dürften sich | |
Schäden künftig aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren kaum eindeutig | |
quantifizieren lassen, schränken die Ministerien ein. Dennoch betonen die | |
zwölf Ministerien in ihren Antworten an die taz uneingeschränkt sowohl | |
Besorgnis als auch ihr Bemühen, die Situation für Kinder zu verbessern. | |
## Können Kinder die Rückstände überhaupt aufholen? | |
So heißt es aus dem baden-württembergischen Sozial- und | |
Gesundheitsministerium: „Viele Kinder hatten und haben während der | |
Schließzeiten wenig Bewegungsmöglichkeiten und einen Mangel an sozialen | |
Kontakten. Für die Kleinsten besteht zudem die Gefahr, dass | |
Entwicklungsdefizite entstehen oder sich verstärken können. Sprachtherapie | |
oder besondere Angebote auch für Kinder mit speziellem Förderbedarf sind | |
zum Beispiel nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich.“ Um die Defizite | |
auszugleichen, plant das Kultusministerium in Baden-Württemberg für die | |
Sommerferien unter anderem „freiwillige Angebote“ für Schülerinnen und | |
Schüler, um „Stoff aufzuholen und Lerninhalte zu wiederholen“. | |
Wie erfolgreich solche Programme seien und ob Kinder so Lernrückstände | |
überhaupt aufholen könnten, könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden, | |
heißt es aus Sachsen-Anhalt. Dort durften Kinder in den zweiwöchigen | |
Pfingstferien an „freiwilligen Unterrichtsangeboten“ teilnehmen. Das | |
Ministerium räumt ein: „Trotz aller Bemühungen in den letzten Wochen, durch | |
Distanzlernen Unterricht möglich zu machen und dem Bildungsauftrag zu | |
entsprechen, sind in der Folge bei Schülerinnen und Schülern Lerndefizite | |
entstanden.“ | |
Sommerkurse und so genannte „Lernbrücken“ für [2][sozial benachteiligte | |
Schülerinnen und Schüler] plant nach eigenen Angaben auch das Land Berlin. | |
Die dortige Senatsverwaltung für Gesundheit geht unterdessen von | |
„psychischen Belastungen“ für Kinder und Jugendliche aus, „wobei diese | |
nicht unbedingt im Zusammenhang mit den Kita- und Schulschließungen stehen | |
müssen.“ Viele Familien hätten die Zeit des Lockdowns als „belastend und | |
mit hoher finanzieller Unsicherheit“ erlebt. „Das wirkt sich auch auf die | |
Kinder aus“, schreibt die Senatsgesundheitsverwaltung. | |
Bayern verweist „mit Blick auf die möglichen psychosozialen Folgen der | |
Situation“ auf zahlreiche Beratungs- und Unterstützungsangebote für Kinder | |
wie Eltern auch „bei Erfahrung von oder bei Erhalt von Hinweisen | |
hinsichtlich häuslicher oder sexueller Gewalt“. | |
Um die für Kinder schwer erträgliche Situation zu beenden, empfehlen alle | |
zwölf Landesgesundheitsministerien, möglichst bald zum Präsenzbetrieb an | |
Kitas und Schulen zurück zu kehren. | |
8 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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