# taz.de -- Kernkraftwerk Saporischschja in Ukraine: Atomenergiebehörde erreic… | |
> Die IAEA-Delegation ist am umkämpften ukrainischen AKW Saporischschja | |
> angekommen. Ihre Arbeit wird von Beschuss und Propaganda begleitet. | |
Bild: Hoher Besuch, hohe Erwartungen: Das IAEA-Team soll rausfinden, was los is… | |
KIEW taz | Langsam und von einem Polizeiwagen mit Blaulicht angeführt, | |
schlängelt sich die Kolonne von neun weißen Pkws mit der Aufschrift UN | |
durch die Stadt Enerhodar und hält vor Reaktor eins des AKW Saporischschja | |
an. Mit im Konvoi: olivgrüne Lkws mit großem „Z“ an einer Wagenseite. | |
Die Bilder belegen: Die Delegation der Internationalen Atomenergiebehörde | |
(IAEA) ist vor dem russisch besetzten AKW angekommen. Inzwischen bestätigen | |
das auch offizielle ukrainische und russische Quellen. Der Delegation | |
gehören Experten aus Polen, Litauen, China, Frankreich und anderen Ländern | |
an. Staatsbürger Russlands und der USA sind nicht unter ihnen. | |
Die Fahrt von Saporischschja in das 110 Kilometer entfernte AKW dauerte | |
länger als erwartet. Immer wieder musste die Gruppe wegen Schüssen und | |
Einschlägen in hörbarer Nähe die Fahrt unterbrechen. | |
Tags zuvor hatten die russischen Besatzungsbehörden verlauten lassen, dass | |
man der Delegation keine Sonderrechte gewähren werde, sie müsse sich wie | |
alle anderen Besucher auf eine gewisse Wartezeit einstellen. Der russische | |
Hinweis, die Delegation hätte es einfacher haben können, [1][wäre sie über | |
russisches Territorium angereist], ließ den Verdacht aufkommen, dass | |
Russland die Entscheidung der IAEA, über Kiew anzureisen, nicht schmeckte. | |
## Schuldzuweisung von beiden Seiten | |
Die Ukraine beschuldigt Russland, hinter den Beschüssen, teilweise aus | |
Hubschraubern, zu stehen. „Russland ist für alles, was im AKW | |
Saporischschja und in Enerhodar passiert, verantwortlich“, twitterte der | |
Chef des Präsidialamtes, [2][Andriy Yermak], am Vormittag. | |
In der Folge eines russischen Beschusses mit Mörsern sei um 4.57 Uhr Block | |
fünf per Notabschaltung heruntergefahren worden, berichtet die | |
Betreiberfirma des AKW, Energoatom. Damit ist das AKW erneut nur über eine | |
statt über vier Leitungen mit dem Stromnetz verbunden. | |
Russlands Militär behauptet unterdes, man habe am frühen Donnerstagmorgen | |
den Anschlag einer ukrainischen Sabotagegruppe vereitelt. Die Gruppe sei | |
mit sieben Booten am Kachowka-Stausee angelandet, ihr Ziel sei es gewesen, | |
das Kraftwerk anzugreifen. | |
Über den Inhalt des Programmes der IAEA-Delegation ist nichts bekannt. | |
Deren Leiter, Rafael Grossi, erklärte, dass die Mitglieder der Mission | |
beabsichtigen, mit dem Personal zu sprechen, einen Bericht über den Besuch | |
zu verfassen und eine ständige Vertretung einzurichten. | |
## Hilfloses Rotes Kreuz | |
Nach Angaben von Jewhen Balizki, dem Leiter der provisorischen | |
Regionalverwaltung der russischen Besatzer, werden die Experten die beiden | |
in Betrieb befindlichen Reaktoren, das Abfalllager und das Kühlsystem | |
inspizieren. Es sei auch geplant, ihnen die Ergebnisse des Beschusses zu | |
zeigen, zitiert ihn die russische Interfax. Nach Angaben der russischen RIA | |
Nowosti wird die Delegation bis zum 3. September vor Ort bleiben. | |
Unterdessen hat der Generaldirektor des Internationalen Roten Kreuzes | |
(ICRC), Robert Mardini, auf einer Pressekonferenz in Kiew einen Stopp der | |
Kampfhandlungen um das AKW gefordert. Auf die Frage einer ukrainischen | |
Journalistin, ob es Überlegungen gebe, wie man der Bevölkerung bei einem | |
GAU im AKW helfen könne, zeigte sich Mardini hilflos. „Man muss endlich | |
aufhören, am AKW Saporischschja mit dem Feuer zu spielen“, so Mardini. | |
Stattdessen müsse man konkrete Maßnahmen ergreifen, um diese und andere | |
Einrichtungen vor Militäraktionen zu schützen“. | |
Daneben bedauerte Mardini, dass man dem ICRC den [3][Zugang zu | |
Kriegsgefangenen verweigere, insbesondere der Haftanstalt Oleniwka], wo bei | |
einer Explosion Ende Juli 50 ukrainische Kriegsgefangene ums Leben gekommen | |
waren. „Wir haben mehrere Hundert Kriegsgefangene besuchen können, aber | |
daneben gibt es mehrere Tausend Kriegsgefangene, zu denen wir keinen Zugang | |
haben.“ | |
Bei der Evakuierung der ukrainischen [4][Militärs aus dem Asowstal-Werk] | |
habe das ICRC annähernd 1.800 Personen registriert, die in russische | |
Kriegsgefangenschaft geraten waren. Man habe gehofft, dass man sie | |
anschließend besuchen könne, habe aber bisher keine Erlaubnis erhalten. | |
1 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /-Nachrichten-im-Ukrainekrieg-/!5877420 | |
[2] https://twitter.com/AndriyYermak/status/1565248357190324226?s=20&t=Pj78… | |
[3] /Toedlicher-Angriff-auf-ukrainische-Kriegsgefangene/!5871239 | |
[4] /Aktuelle-Lage-in-der-Ukraine/!5855909 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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