# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Kampf um Kernkraftwerk | |
> Trotz der Anwesenheit der IAEA-Atomexperten halten die Kämpfe um das | |
> Kernkraftwerk in Saporischschja an. Oleksij Makejew wird als Nachfolger | |
> für Adrij Melnyk benannt. | |
Bild: Die russischen Angriffe auf das AKW Saporischschja hinterlassen deutliche… | |
## Militäreinsätze rund um das Atomkraftwerk Saporischschja | |
Rund um das von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der | |
Südukraine bleibt die Lage weiter unübersichtlich. Das russische | |
Verteidigungsministerium in Moskau beschuldigte am Samstag die ukrainische | |
Armee, trotz der Anwesenheit internationaler Atomexperten das AKW | |
zurückerobern zu wollen. An der Aktion seien 250 Soldaten und „ausländische | |
Söldner“ beteiligt gewesen. Die russische Armee will den Angriff abgewehrt | |
und dabei mehrere Boote zerstört haben. Laut Verteidigungsministerium in | |
Moskau sollen 47 „Militante“ getötet worden. Diese Angaben ließen sich | |
nicht von unabhängiger Seite überprüfen. | |
Das ukrainische Militär beschuldigte wiederum Russland, es habe in der | |
Nacht zum Samstag Angriffe in Richtung Saporischschja vorgenommen. | |
Einzelheiten wurden in dem Armeebericht aber nicht genannt. Der russischen | |
Nachrichtenagentur Interfax zufolge soll bei Beschuss eine Stromleitung | |
beschädigt worden sein. Deshalb sei die Stromversorgung in das nicht von | |
Russland besetzte Gebiet unterbrochen worden. | |
Seit Donnerstag hält sich in dem AKW eine Expertengruppe der | |
Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) auf, um die Anlage auf mögliche | |
Schäden hin zu untersuchen. | |
Das Kernkraftwerk Saporischschja geriet Anfang März unmittelbar nach dem | |
russischen Einmarsch unter Kontrolle Moskaus. Mehrfacher Beschuss des | |
Kraftwerksgeländes und der benachbarten Stadt erhöhten international Ängste | |
vor einer möglichen Atomkatastrophe. Russland und die Ukraine beschuldigen | |
sich gegenseitig. Das AKW ist mit seinen sechs Blöcken und einer | |
Nettoleistung von 5.700 Megawatt das größte Atomkraftwerk Europas. Vor der | |
Ende Februar gestarteten russischen Invasion arbeiteten mehr als 10.000 | |
Menschen in dem AKW. (dpa) | |
## Steinmeier stimmt Nachfolger für Melnyk zu | |
Die Ukraine hat nun offiziell den Nachfolger des derzeitigen Botschafters | |
in Deutschland, Andrij Melnyk, benannt. Die Regierung in Kiew habe ein | |
sogenanntes Agrémentersuchen für Olexij Makejew gestellt, teilte ein | |
Sprecher des Auswärtigen Amts am Samstag auf Anfrage mit. Bundespräsident | |
Frank-Walter Steinmeier habe dieses Agrément – also die Zustimmung des | |
Gastlandes für eine diplomatische Tätigkeit – bereits erteilt. Zuerst hatte | |
die „Welt am Sonntag“ berichtet. Das Agrément ist einer von mehreren | |
Schritten bis zur endgültigen Akkreditierung eines Botschafters. | |
Dass Makejew Botschafter werden soll, war seit längerem im Gespräch. Er war | |
viele Jahre als politischer Direktor im Außenministerium in Kiew tätig. | |
Eine offizielle Bestätigung für seine Ernennung lag bislang nicht vor. Der | |
ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hatte den amtierenden Botschafter | |
Melnyk Mitte Juli von seinem Posten abberufen. Geplant ist, dass Melnyk am | |
14. Oktober Deutschland verlässt und einen Posten im ukrainischen | |
Außenministerium annimmt. | |
Melnyk hatte sich nicht erst seit Beginn des russischen Angriffskrieges | |
gegen die Ukraine mit oft harter Kritik an der Bundesregierung einen Namen | |
gemacht. Immer wieder prangerte er insbesondere die deutsche | |
Russland-Politik an. In den vergangenen Monaten machte er hartnäckig Druck | |
für mehr deutsche Waffenlieferungen an sein Land. (dpa) | |
## Gazprom will mehr Gas über Ukraine liefern | |
Gazprom will nach dem Ausbleiben von Gaslieferungen über die Ostseepipeline | |
Nord Stream 1 mehr Erdgas über eine durch die Ukraine führende Pipeline | |
nach Europa pumpen. Am Samstag sollten 42,7 Millionen Kubikmeter Erdgas | |
durch die Pipeline fließen, kündigte der russische Gasriese an. Am Freitag | |
waren an der Einfüll-Stelle Sudscha 41,3 Millionen Kubikmeter Gas | |
registriert worden, die durch die ukrainische Pipeline geliefert wurden. | |
Allerdings reichen die zusätzlichen Mengen nicht aus, um den Ausfall des | |
Gases auszugleichen, das über Nord Stream 1 gepumpt werden sollte. | |
Freitagabend hatte Gazprom überraschend mitgeteilt, die für Samstag | |
geplante Wiederaufnahme der Gaslieferungen über Nord Stream 1 bis auf | |
weiteres auszusetzen. Der mehrheitlich dem russischen Staat gehörende | |
Konzern machte ein Öl-Leck verantwortlich. Deswegen könne eine Turbine | |
nicht betrieben werden. Die deutsche Firma Siemens Energy, die Turbinen an | |
Gazprom geliefert hat, erklärte dazu: „Als Hersteller der Turbinen können | |
wir lediglich feststellen, dass ein derartiger Befund keinen technischen | |
Grund für eine Einstellung des Betriebs darstellt.“ (rtr) | |
## Trauerfeier für Gorbatschow in Moskau | |
In der russischen Hauptstadt Moskau hat am Samstag die Trauerfeier für den | |
ehemaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow begonnen. Hunderte | |
Menschen versammelten sich am Haus der Gewerkschaften in Sichtweite des | |
Kremls. Dort wurde der Leichnam des Friedensnobelpreisträgers aufgebahrt. | |
Viele warteten mit Blumen in den Händen vor dem Gebäude. Gorbatschow war am | |
Dienstag im Alter von 91 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben. | |
Am frühen Nachmittag soll der frühere Staats- und Parteichef auf dem | |
Moskauer Prominentenfriedhof am Neujungfrauenkloster in der Nähe des | |
Stadtzentrums neben seiner Frau Raissa bestattet werden. Ein | |
Staatsbegräbnis gab es nicht – anders als nach dem Tod des Präsidenten | |
Boris Jelzin (1931-2007). Deutschland wird durch den Geschäftsträger der | |
Botschaft in Moskau vertreten. | |
Zudem reisten keine führenden Politiker aus dem Westen zu dem Begräbnis. | |
Hintergrund sind die Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen | |
die Ukraine. Russlands amtierender Präsident [1][Wladimir Putin] fehlt | |
ebenfalls, nach Angaben des Kremls aus Termingründen. (dpa) | |
## Atomenergiebehörde besorgt nach AKW-Beschuss | |
Angesichts des andauernden Beschusses des von russischen Truppen | |
[2][besetzten Atomkraftwerks Saporischschja] bangen internationale Experten | |
nach einem Besuch um die Sicherheit dort. Seine größte Sorge bleibe, dass | |
das AKW durch weiteren Beschuss schwer beschädigt werden könnte, sagte der | |
Chef der [3][Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA)] Rafael Grossi in | |
Wien. Zwar seien Schäden offenkundig und inakzeptabel, aber wichtige | |
Sicherheitselemente wie die Stromversorgung des Kraftwerks funktionierten. | |
Auch die Zusammenarbeit zwischen den russischen Besatzern und dem | |
ukrainischen Personal klappe auf professioneller Ebene einigermaßen, sagte | |
Grossi am Freitagabend nach seiner Rückkehr aus der Ukraine am Flughafen | |
Wien. Er erwarte eine genaue Analyse der Sicherheit des Kraftwerks durch | |
seine vor Ort verbliebenen Experten im Laufe der nächsten Woche. Noch seien | |
sechs IAEA-Experten beim Atomkraftwerk. Vier würden zurückkehren, zwei bis | |
auf Weiteres vor Ort bleiben. | |
Er habe nicht den Eindruck, dass die russischen Besatzer etwas verborgen | |
haben. „Wir haben alles gesehen, was ich sehen wollte“, sagte Grossi. Ein | |
entscheidender Unterschied zu vorher sei auch, dass er nun aus eigenen | |
Quellen erfahre, was vor Ort passiere. (dpa) | |
## Ukraine beschießt russische Artilleriepositionen | |
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben unweit des Atomkraftwerks | |
Saporischschja russische Artilleriepositionen beschossen. „Bestätigt ist, | |
dass unsere Truppen im Bereich der Ortschaften Cherson und Enerhodar drei | |
Artilleriesysteme des Gegners mit präzisen Schlägen vernichtet haben“, hieß | |
es im Bericht des ukrainischen Generalstabs am Freitagabend bei Facebook. | |
Ebenfalls seien ein Munitionslager und mindestens eine Kompanie der | |
russischen Armee vernichtet worden. | |
Die russischen Besatzer haben demnach vor dem Eintreffen der Expertengruppe | |
der IAEA alle Militärtechnik von dem AKW-Gelände entfernt und in | |
benachbarte Orte verlegt. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig | |
überprüfen. [4][Russland] hatte stets behauptet, auf dem Kraftwerksgelände | |
keine schweren Waffen stationiert zu haben. (dpa) | |
## Selenski begrüßt Deckelung des Preises für russisches Öl | |
Der ukrainische Präsident [5][Wolodimir Selenski] hatte Russland angesichts | |
der Lage um das AKW immer wieder atomaren Terrorismus vorgeworfen. Russland | |
hingegen lehnt Forderungen nach einer Rückgabe des Kraftwerks in die | |
Kontrolle der Ukraine ab, weil Moskau meint, Kiew könne im Krieg nicht die | |
Sicherheit der Anlagen garantieren. | |
Indes begrüßte Selenski die geplanten neuen Energiesanktionen des Westens | |
gegen russisches Öl als ein Zeichen der Unterstützung für sein Land. „Die | |
Zeit für die Sanktionen ist längst überfällig“, sagte der Staatschef in | |
einem am Freitagabend verbreiteten Video. „Die Sanktionen werden nicht nur | |
den Fluss der Petro-Dollars und Gas-Euros nach Moskau begrenzen, sondern | |
auch Gerechtigkeit wiederherstellen für alle Europäer, die von Russland | |
erpresst werden mit einer künstlich heraufbeschworenen Preiskrise auf dem | |
Energiemarkt.“ | |
Die Gruppe der sieben führenden Industrienationen G7, darunter Deutschland | |
und Frankreich, wollen als wirtschaftsstarke Demokratien dafür sorgen, dass | |
Russland weniger an seinem Öl verdient. Damit soll eine Finanzierungsquelle | |
für den Krieg gegen die Ukraine ausgetrocknet werden. Das Ziel ist ein | |
internationaler Preisdeckel auf Importe von russischem Öl. In einer | |
gemeinsamen Erklärung forderten die G7-Finanzminister am Freitag alle | |
ölimportierenden Länder auf, sich dieser Maßnahme anzuschließen. Russland | |
verdient trotz eines US-Embargos gegen sein Öl weiter viel Geld mit dem | |
„schwarzen Gold“, das etwa nach Indien verkauft wird. | |
Der Preisdeckel werde helfen, zivile Staaten und Energiemärkte vor der | |
russischen Aggression im Energiesektor zu schützen, sagte Selenski. Er sei | |
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für diesen Vorschlag | |
dankbar. Die Ukraine brauche die Unterstützung Europas. Der Beistand für | |
die Ukraine sei mit dem Schutz „der ganzen demokratischen Welt“ | |
gleichzusetzen, sagte Selenski. (dpa) | |
3 Sep 2022 | |
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