# taz.de -- Kai Wegners Politik gegen Wohnraummangel: Leere Versprechen statt L… | |
> Auch der Regierende hat erkannt, dass Berlin ein Wohnungsproblem hat. | |
> Sein Lösungsvorschlag gegen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum taugt aber | |
> nicht. | |
Bild: Graues Wohnen | |
Manchmal hilft es, sich an seine eigenen Worte zu erinnern: „Enteignungen | |
schaffen keine einzige neue Wohnung und senken keine Miete“, erklärte der | |
damals noch nicht Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) 2021 und | |
positionierte sich damit im Wahlkampf klar gegen den Volksentscheid | |
Deutsche Wohnen & Co enteignen. „Mietern wirklich helfen“, stand über | |
seinem Konterfei auf den Wahlplakaten. | |
Mittlerweile ist Kai Wegner 100 Tage im Amt und kann zeigen, wie er | |
Mieter*innen in der Hauptstadt des Mietenwahnsinns wirklich helfen will. | |
Immerhin hätten 80 Prozent der Wohnungssuchenden so gut wie keine | |
Aussichten, bezahlbaren Wohnraum zu finden, klagte der CDU-Politiker am | |
Donnerstag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch bei Wegner ist also | |
mittlerweile die Erkenntnis gereift: „Wir haben ein Wohnungsproblem in | |
Berlin.“ | |
Manche brauchen eben etwas länger, könnte man wohlwollend meinen, | |
Hauptsache, der Groschen ist gefallen. Nur taugt Wegners Lösungsvorschlag | |
gegen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum leider überhaupt nicht dazu, das | |
Problem zu lösen. Damit „die Verkäuferin oder der Polizist“ nicht nach | |
Brandenburg ziehen müssen, weil sie sich Berlin nicht mehr leisten können, | |
braucht es laut Wegner – tadaaa – einfach mehr Wohnberechtigungsscheine | |
(WBS) auch für „Normalverdiener“. | |
Abgesehen davon, dass dieser Satz sehr viel über Wegners Vorstellung der | |
Rollenverteilung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt aussagt, | |
werden damit nun wirklich weder neue Wohnungen geschaffen noch die Mieten | |
gesenkt. Im Gegensatz zum Enteignungs-Volksentscheid, durch den überhöhte | |
Mieten durchaus gesenkt werden könnten, schaffen mehr WBS-Scheine vor allem | |
eins: mehr Konkurrenz auf dem Sozialwohnungsmarkt. | |
Denn schon jetzt stehen in Berlin rund einer Million Mieter*innen mit | |
Anspruch auf einen WBS 104.757 Sozialwohnungen gegenüber – 4.519 weniger | |
als vor einem Jahr. Auf eine Sozialwohnung kommen also zehn Berechtigte. | |
Private Immobilienkonzerne mit Milliardensummen zu fördern, damit sie teure | |
„Sozialwohnungen“ bauen, hilft da auch nicht. | |
Und so geriert sich der Regierende als der Mann mit großen Versprechen – | |
die sich bei genauem Hinschauen als heiße Luft erweisen. So wie die | |
Ankündigung, dass alle Berliner*innen bis Ende des Jahres innerhalb von | |
zwei Wochen einen Termin beim Bürgeramt bekommen sollen. Wie das möglich | |
sein soll? Unklar. Aber es klingt halt gut. So wie ein Gipfel gegen | |
Jugendgewalt erst mal gut klingt, aber nichts bringt, wenn das Geld bei den | |
Trägern nicht ankommt. | |
Statt aktionistische Scheinpolitik zu betreiben, wie in den ersten 100 | |
Tagen ihrer Amtszeit, wäre Schwarz-Rot gut beraten, die Probleme nachhaltig | |
anzugehen. Eine dauerhafte Sozialbindung von geförderten Wohnungen wäre ein | |
erster Schritt. Die Umsetzung des Enteignungs-Volksentscheids ein zweiter. | |
Wenn dann noch bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird, klappt es vielleicht | |
auch mit der funktionierenden Stadt und mehr Miteinander. | |
4 Aug 2023 | |
## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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