# taz.de -- Kabarettist Josef Hader: „Ich möchte am Ende geliebt werden“ | |
> Der Kabarettist Josef Hader spielt in seinem neuen Programm ein | |
> alterndes, selbstgefälliges Arschloch. Ein Gespräch über den Zweck von | |
> Satire. | |
Bild: Eine Frage des Blicks: Josef Hader will, dass man aus einer anderen Persp… | |
Barhocker, Beistelltischchen und ein Glas: Mehr braucht der Mann im | |
schwarzen Anzug nicht, um mit dem Publikum in jeden Abgrund zu fallen, der | |
sich auftut, wenn man zu den erfolgreichen Boomern zählt. Josef Hader | |
spielt in seinem neuen Programm einen „Hader on ice“, der im Weinviertel | |
aus der Gesellschaft ausgestiegen ist und sich mit seinem unsichtbaren | |
Freund Rudl, einem Wolf, bei Rindscarpaccio besäuft, während er | |
Weltverschwörungen aufdeckt, an Beziehungen mit sehr jungen Frauen | |
zerbricht und den perfekten Herzinfarkt-Tod übt. Zwischen den | |
Vorstellungen, die Hader derzeit je nach Lockdown-Lage fast täglich gibt, | |
nimmt sich der Kabarettist Zeit für Interviews. Und was macht mehr Spaß, | |
als mit Hader über Hader zu reden? | |
taz am wochenende: Herr Hader, die Figur in Ihrem neuen Programm ist ein | |
zynisches, egozentrisches, narzisstisches, wehleidiges, alterndes, | |
selbstgefälliges Arschloch. Gibt es etwas, das Sie an Ihrem Bühnen-Hader | |
mögen? | |
Josef Hader: Im Grunde muss man beim Spielen jeder Figur immer etwas | |
Liebenswertes finden, sonst kann man sie nicht gut spielen. Einerseits habe | |
ich ein Faible für dieses Naive, Kindliche, vielleicht auch Kindische, das | |
diese Männer oft an sich haben. Zum anderen bin ich persönlich ein ganz | |
anderer Typ. Ich komme eher vom Understatement, ich habe eine gebückte | |
Haltung und bin viel introvertierter. Die Figur in meinem Programm ist das | |
Gegenteil: aufrecht, großspurig, selbstsicher. Das macht natürlich Spaß | |
auf der Bühne. Ich darf einen folgenlosen Ausflug in eine fremde Haut | |
unternehmen, die mir sonst total versperrt ist. So gesehen mag ich alles an | |
ihr. | |
Bei Ihnen bleibt der Ausflug tatsächlich folgenlos. Andere Kabarettisten | |
haben nach ihren Auftritten regelmäßig Shitstorms an der Hacke oder werden | |
nicht mehr gebucht. | |
Da muss ich die Cancel Culture ein bisschen in Schutz nehmen. Das passiert | |
ja meistens bei Kollegen, die das auch wirklich todernst meinen, was sie | |
auf der Bühne sagen. Da finde ich es nicht ungerecht, dass man sie beim | |
Wort nimmt und sie Widerspruch erhalten. Das ist Demokratie. Ich würde | |
bestimmte Stellen meines Programms nie im Fernsehen spielen, weil man dann | |
meinen könnte, ich nehme diese Positionen ernsthaft ein. Ich möchte nicht | |
unbedingt darum betteln, missverstanden zu werden. Die Nummer mit der sehr | |
jungen Freundin zum Beispiel oder mit Jimmy aus Nigeria, den der | |
Bühnen-Hader in der zweiten Hälfte für sich arbeiten lässt – wenn man so | |
was aus dem Zusammenhang reißt, würde ein völlig falscher Eindruck | |
entstehen. | |
In Ihren Veranstaltungen gibt es diese Missverständnisse nicht? | |
Ich habe den Eindruck, dass mich die große Mehrheit nach diesen zwei | |
Stunden richtig versteht. Aber es gab auch schon eine junge Frau, die beim | |
Schlussapplaus nach vorne zur Bühne gelaufen ist und mir einen Brief | |
zugesteckt hat. Drin stand: Was ist das für rassistischer Scheißdreck! Wenn | |
man mich missverstehen will oder einzelne Sätze aus dem Zusammenhang nehmen | |
möchte, geht das immer. Das muss ich dann auch ertragen. Ich kann ja nicht | |
aus Vorsicht ein Programm machen, in dem jeder Satz vollkommen | |
unmissverständlich ist. Das wäre so langweilig, da würde ich lieber den | |
Beruf wechseln. | |
Wie würden Sie Ihr Publikum beschreiben? | |
Das neue Programm habe ich bisher vor allem in Österreich gespielt, dort | |
ist das Publikum nicht immer deckungsgleich mit dem reinen | |
Kabarettpublikum. Es kommen auch Jüngere, die mich über meine Filme | |
kennengelernt haben, „Wilde Maus“ vor allem. Mein Eindruck ist, dass die in | |
dem Film ganz gut über ihre Elterngeneration lachen konnten. Beim neuen | |
Programm funktioniert das auch. Ich merke, dass sie Spaß haben. | |
Wobei die Figur ja viel facettenreicher ist als das Schlagwort „alter, | |
weißer Mann“, den Sie da vermeintlich vorführen. | |
Ja, die Figur oszilliert. Irgendwann wird sie zu so einem | |
Berufsjugendlichen aus der Generation Wickie, Slime & Paiper … | |
… so hieß ein sehr erfolgreiches Buch, das einen 70er- und 80er-Retrokult | |
ausgelöst hat … | |
… genau, diese 50- bis 55-Jährigen, die in ihren Trainingsjacken aus den | |
70ern noch immer ihre demonstrative Unerwachsenheit zelebrieren. Die nerven | |
mich privat besonders, aber wahrscheinlich ist es nur der Neid, weil sie | |
jünger sind als ich und sich trauen, völlig bedenkenlos Hoodies zu tragen. | |
Im Hoodie auf dem Skateboard zur Darmspiegelung, sagt der Bühnen-Hader dazu | |
nur. | |
Privat ziehe ich Hoodies sehr gerne an, aber nur zu Hause. Auf der Straße | |
ist mir das zu peinlich für mein Alter. | |
Der junge Hipster-Kellner mit Dutt oder die Generation-Y-Lebenshaltung mit | |
Work-Life-Balance bekommt es im Programm auch ab. Was nervt Sie an den | |
Jüngeren? | |
Eigentlich gar nichts. Ich brauchte nur für die Figur ein richtiges | |
Feindbild. Ich erlebe aus der jungen Generation sehr angenehme Leute, auch | |
politisch interessiert. | |
Wie ist es Ihnen beim Schreiben des Programms ergangen: Wird das nicht | |
schwieriger, weil die Realität heute teilweise schon so zugespitzt ist, | |
dass es schwer ist, das satirisch zu toppen? | |
Zum Teil trifft das zu. In der ersten Hälfte des Programms, in der die | |
Figur vor sich hin brütet und immer paranoider wird bis hin zu | |
Verschwörungstheorien, da ist es wirklich schwer, die Realität zu toppen. | |
Seine Ungeniertheit aber im weiteren Verlauf, die Unverschämtheit, sich | |
alles zu nehmen, als wäre das Leben ein Späti, bei dem man rausfischt, was | |
noch geht, die gibt es in dieser Dichte im wahren Leben selten. Und am Ende | |
find ich schön, dass er ganz alt und zittrig wird. Das Alter böse zu | |
behandeln, das ist im Kabarett eher unüblich. Die wirkliche Hinfälligkeit | |
zu zeigen und dann noch auf sie draufzutreten. | |
Stimmt, auch der Tod ist eher kein klassisches Kabarett-Thema. | |
Aber in der englischen oder amerikanischen Comedy! Im Kabarett gibt’s schon | |
diese Tradition, eine widerwärtige Figur auf die Bühne zu stellen, zum | |
Beispiel bei Helmut Qualtinger. Das Ganze aber anhand der eigenen Person | |
abzuhandeln, das kenn ich eher aus der Comedy. Der amerikanische Comedian | |
Louis C. K. stand jahrelang als Arschloch auf der Bühne. Die Leute fanden | |
das so geil, dass es fast schon wieder eine Art alternative | |
Bierzeltveranstaltung war. Dadurch war es dann irgendwann auch | |
uninteressant. Aber Bill Hicks in den 80ern oder Lenny Bruce in den 60ern, | |
das sind für mich Sterne am Firmament, genauso wie Qualtinger oder Gerhard | |
Polt. | |
Sie beziehen sich viel auf amerikanische Comedy. | |
Begonnen hat diese Liebe mit einem Doppelalbum mit Woody-Allen-Standups, | |
das ich als junger Mann in einem Plattenladen entdeckt habe. Das sind | |
wirklich große Nummern, ganz absurd, fantastisch. Auch interessant, dass | |
manche dieser narzisstischen Männer, die erfolgreich auf der Bühne stehen, | |
Grenzen überschreiten und zu Recht vor Gericht enden. | |
Bleiben die Abgründe also nicht wirklich aus bei großen Komikern? | |
Ich glaube, Narzissmus ist was Feines für die Bühne. Jeder gute | |
Schauspieler hat ihn. Und die Schauspielerinnen natürlich auch. Man sollte | |
ihn als Motor behandeln, den man steuern kann. Nicht umgekehrt, dass er | |
einen vor sich hertreibt. | |
Sie können ihn steuern? | |
Na ja, solange nichts Gegenteiliges bewiesen wird, kann man das behaupten. | |
Das größte Problem ist, wenn Narzissmus auf zu großes Selbstbewusstsein | |
trifft. Das hatte ich nie. Ich war nie in der Peergroup, ich war immer der | |
Außenseiter, der lieber ins Klavier- oder Lesezimmer gegangen ist. Diese | |
Männerrunden, die jede Woche miteinander Bier trinken, sind mir ein großes | |
Rätsel. Oder noch schlimmer, wenn sie dann miteinander segeln gehen. Das | |
wäre für mich die Hölle. Männergruppen, das waren eher die, die mich als | |
Kind verprügelt haben. Das sind die Feinde. | |
Heutzutage gibt es auch die woken Männer, die ihr Selbstbewusstsein in | |
politische Korrektheit kleiden. | |
Ja, die besonders bewussten Männer, die ihre eigene toxische Männlichkeit | |
genau kennen und wissen, was alles nicht in Ordnung ist bei den anderen. | |
Die sind doch auch anstrengend. | |
Ja. Aber die sind kein Thema für mich. | |
Warum nicht? | |
Weil sie eine Minderheit sind. | |
Wenn man auf Twitter ist, bekommt man einen anderen Eindruck. | |
Das könnte sein, ich bin ja nicht auf Twitter. Aber Twitter ist ja auch | |
eine Minderheit. Alles im Internet ist eigentlich eine Minderheit, die | |
glaubt, sie wäre eine Mehrheit. | |
Ihr Alter Ego macht einen Ausflug in die sozialen Medien, volltrunken wagt | |
er sich in die narzisstische Schlacht um Likes. Nachdem er alle beschimpft | |
hat, woher sie nur die Zeit nähmen für ihr schwachsinniges Geseiere, endet | |
das Ganze in einem Shitstorm gegen ihn. | |
Das Pendant zu den Likes wären bei mir die Zuschauerzahlen. Aber mir war | |
von Anfang an klar, dass ich verloren habe, wenn ich zu viel auf diese | |
Größe achte. Da würde man mit Windmühlen kämpfen. Sobald der Nächste komm… | |
der hipper ist und mehr Publikum hat, hätte ich schon verloren. Ich hatte | |
zu Beginn meiner Karriere wirklich sehr wenig Zuschauer und war in gewisser | |
Weise stolz darauf. | |
Was heißt sehr wenig? | |
13. Ab 13 durften wir das Programm im Kabarett Niedermair spielen. Wir | |
haben oft Freunde eingeladen, die die Karten bezahlt haben, damit wir | |
spielen konnten. Ich war nicht so der Durchstarter. Da habe ich gleich | |
diesen bäuerlichen Trotz nutzen können. | |
Ich mach ’s trotzdem? | |
Ja. Und man liebt diese wenigen Zuschauer dann besonders. Für sie habe ich | |
immer hingebungsvoll gespielt – und ich würd es wieder tun, falls das auf | |
mich zukommt. | |
Ist es denn wirklich Ihr letztes Programm, wie Sie am Anfang ankündigen? | |
Nein, das ist nur ein guter erster Satz, da passen alle sofort auf. | |
Ihren ersten Kabarettauftritt hatten Sie vor Mitschülern, „kritische | |
Nummern über Lehrer“, wie es auf Ihrer Webseite heißt. Damals hätten Sie | |
das Wesen des Kabaretts verstanden. Was ist das Wesen? | |
Über die zu schimpfen, die nicht im Raum sind – oder nicht die Mehrheit im | |
Raum sind. Kabarett hat immer ein bisschen was Populistisches. Vor allem | |
schlechtes Kabarett surft auf einer populistischen Welle. Die Haltung ist: | |
Wir stellen uns in den Saal, schimpfen über alle, die nicht da sind, und | |
geben ihnen die ganze Schuld. Auf alle Fälle „denen da oben“ und gewissen | |
anderen Randgruppen, Kardinälen zum Beispiel – auf die kann man sich gut | |
einigen. Der schlechte Kabarettist reitet auf der Sau, die gerade durchs | |
Dorf gejagt wird. Der gute hingegen fragt sich: Warum wird gerade jetzt | |
diese Sau durchgejagt? | |
Ein tolles Beispiel für so eine Sau ist der CO2-neutrale Rum, mit dem der | |
Bühnen-Hader sein Selbstmitleid klimapolitisch korrekt ersäuft. Das Schiff, | |
das ihn transportiert, lässt sich vom Wind treiben und kommt dann an, wenn | |
es eben ankommt. | |
Den Rum gibt es wirklich! Sogar in einer deutschen und einer | |
österreichischen Ausführung. Der Kapitän des Schiffs ist echt cool. In | |
einem Interview meinte er, dass er dieses Schiff mit absoluten Luxuswaren | |
steuere, um zu zeigen, wie sinnlos der übrige globale Handel ist. Warum | |
schickt man Waren quer über die Meere, die bei uns genauso gut erzeugt | |
werden können? Nur weil es drei Cent billiger ist. Diese ganze absurde | |
Rum-Geschichte kann ich im Programm nur im Ansatz erzählen. | |
Wie lautet die? | |
Es gibt keinen Fair-Trade-Rum, das verwendete Zuckerrohr wurde ja schon vor | |
circa 25 Jahren geerntet – meist unter unmenschlichen Bedingungen. Kuba ist | |
das einzige Land, das Maschinen für die Ernte verwendet, überall sonst | |
erledigen das Frauen und Kinder, in langen Arbeitsschichten. Ihnen bleibt | |
nicht mal Zeit, Wasser zu trinken. Viele kriegen später Nierenschäden. Das | |
alles wollte ich ursprünglich ins Programm aufnehmen, aber von dem Punkt | |
aus wäre es dann nicht mehr weitergegangen. Wobei: Vielleicht kann ich es | |
jetzt schon so gut spielen, dass das trotzdem möglich ist. Ich werde das | |
mal ausprobieren. | |
Eine andere Stelle, an der man denkt, jetzt kann es eigentlich nicht mehr | |
weitergehen, ist jene, an der Ihr Alter Ego eine gelingende | |
Flüchtlingspolitik skizziert: die Wiedereinführung der Sklaverei, denn | |
nichts sei hierzulande so geschützt wie Eigentum. Oder als er die | |
Weltrevolution beschwört, weil die Schere zwischen Arm und Reich immer | |
weiter auseinandergeht. Da gab es in München Zwischenapplaus. | |
Da hätte ich als Zuschauer auch geklatscht. Die Schere zwischen Arm und | |
Reich dürfte man ruhig öfter ansprechen. Wenn man konservativen Politikern | |
in den 60ern und 70ern gesagt hätte, dass einmal ausgerechnet die Reichsten | |
der Welt keine Steuern mehr zahlen werden, dann hätten sie alle den Kopf | |
geschüttelt. Das System ist pervertiert. Diese Entwicklung vollzieht sich | |
schleichend und ist gesellschaftlich ein Wahnsinn. Ich verstehe, dass da | |
geklatscht wird, nicht aus Freude, sondern weil das Thema behandelt wird. | |
Liegt darin die Entlastung? Weil man den Wahnsinn ja nicht aufhalten kann? | |
Der Hauptzweck von Satire wäre für mich eigentlich, den Wahnsinn der Zeit | |
kenntlich zu machen. Große Satiriker wie Kurt Tucholsky oder auch Jonathan | |
Swift haben das gemacht. Das sind die großen Vorbilder. Das heißt aber | |
nicht, dass im Publikum dann alle befriedigt sind und stumpf und einig in | |
die Hände klatschen. Ziel ist es, dass man auch manchmal verrückt wird in | |
seiner Denkweise. Ver-rückt – jetzt mache ich auch noch Wortspiele, ich | |
muss heute geistig schon schwer erschöpft sein. | |
Da müssen Sie selbst lachen … | |
Was ich sagen will: dass man aus einer anderen Perspektive darauf schauen | |
kann. Das könnte ein Ziel sein. | |
Auch auf sich selbst? Dass man sich ertappt fühlt? | |
Genau, eigentlich ein sehr katholisches Konzept. Der lustige Moralprediger. | |
Sind Sie das? | |
Nein! Aber eine Katharsis darf schon stattfinden. Dass der Mann am Schluss | |
als zitternder Greis auf der Bühne steht, ist wichtig für mich. Es ist auch | |
ganz gut für die Sympathie. Dadurch mögen ihn die Leute trotz allem, was er | |
sich zuvor erlaubt hat. Das ist mein persönlicher Populismus: Ich möchte | |
schon am Ende geliebt werden. | |
Man fühlt auf jeden Fall mit, ob man will oder nicht. | |
Ich glaube, es funktioniert am Schluss einfach über die Anleihe bei James | |
Stewart im Film „Mein Freund Harvey“. Das öffnet die Herzen. Stewart ist so | |
ein großartiger Schauspieler! Einen kleinen Monolog daraus habe ich fast | |
wörtlich übernommen, als der Bühnen-Hader mit seinem unsichtbaren Freund | |
Rudl spricht. Ich lasse mich gern von richtig guten Schauspielern | |
inspirieren. | |
Nicht von der Realität? | |
Nur aus mir heraus spiele ich nicht gut. Ich habe immer Vorbilder im Kopf. | |
Bei der Entwicklung der Figur des Simon Brenner aus den Wolf-Haas-Filmen | |
habe ich nach so einem beleidigten, trotzigen Vorbild gesucht. Da habe ich | |
nicht lange nachdenken müssen, denn einer meiner Lieblingsfilme ist „French | |
Connection“ mit Gene Hackman, der einen Polizisten spielt, der den ganzen | |
Film lang aufs Leben beleidigt ist. Ich schau gern leidenden Männern zu. | |
Weshalb? | |
Sie haben was Anrührendes. Obwohl man im Hintergrund natürlich immer die | |
toxische Männlichkeit lauern sieht, aber die richtig gebrochenen Männer | |
sind Gott sei Dank eh zu schwach dafür. Ungebrochene Männer mag ich dafür | |
gar nicht. | |
Gibt es die denn? | |
Mich interessiert ehrlich gesagt nicht, ob diese besonders selbstsicheren | |
Männer in Wirklichkeit damit ihre innerliche Unsicherheit ausleben und | |
deshalb leider nach außen hin so blöd sein müssen. Ich finde sie einfach | |
unangenehm. | |
Dann verstehen Sie Feministinnen, die gegen diese toxische Männlichkeit | |
ankämpfen? | |
Ich verstehe sie natürlich, aber ich lasse es nicht zu sehr heraushängen. | |
Vor allem nicht in einem Interview. Das macht man ja nur, damit man selbst | |
besser dasteht. Aber ich habe mir natürlich Sorgen gemacht, wie sich das im | |
Programm ausgeht mit dieser kranken Männerfigur und den Frauen, die im | |
Publikum sitzen. Ich hab extra zu den Proben ein paar gute Freundinnen | |
eingeladen. | |
Und, wie war die Reaktion? | |
Es war kein Problem. Sie haben es richtig verstanden. Und deshalb traue ich | |
mich weiterhin im Programm jemanden als Klimakteriums-Pritschen zu | |
beschimpfen. Weil am Ende verlieren bei mir sowieso die Männer. Die Männer | |
finden die zweite Hälfte des Programms meistens erschütternd, die Frauen | |
lachen. | |
19 Dec 2021 | |
## AUTOREN | |
Susanne Lang | |
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Lisa Eckhart | |
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