| # taz.de -- Jahresbericht von Amnesty International: Düstere Aussichten für Z… | |
| > Die ersten Opfer in Bürgerkriegsgebieten sind Zivilisten. Amnesty | |
| > International beklagt, dass sie zwischen die Fronten von Milizen und | |
| > Militär geraten. | |
| Bild: Zivilisten bleibt oft kein andere Ausweg, als Schutz in Flüchtlingslager… | |
| WIEN taz | Amnesty International beobachtet einen beunruhigenden Trend: | |
| „Staaten, die bewaffneten Gruppen unterliegen und außerstande sind, die | |
| Bevölkerung vor unfassbaren Gräueltaten zu schützen“. So der Begleittext | |
| zum jüngsten Jahresbericht, der am Dienstag weltweit präsentiert wurde. In | |
| Syrien und dem Irak, in Nigeria und der Ukraine sei die Zivilbevölkerung in | |
| der Gewaltspirale zwischen Sicherheitskräften und Milizen gefangen. | |
| Dafür seien auch Regierungen mitverantwortlich, so der [1][„Amnesty | |
| Report“], der vorerst nur in englischer Sprache vorliegt. So berichtet | |
| Amnesty von Folter, Verschwindenlassen und Tötung von Gefangenen in | |
| nigerianischen Gefängnissen. Polizei und Militär würden nicht nur im Kampf | |
| gegen die islamistische Miliz Boko Haram rechtsstaatliche Regeln | |
| systematisch missachten. Verdächtigen werde ein faires Verfahren | |
| verweigert, Sicherheitskräfte würden praktisch nie für Verbrechen zur | |
| Verantwortung gezogen. | |
| Langfristig sei dieser humanitären Katastrophe nur beizukommen, wenn in den | |
| betroffenen Ländern die Sicherheitskräfte professionalisiert und die | |
| Konflikte politisch entschärft werden. | |
| Aber auch kurzfristig müsse gehandelt werden: „Es ist höchste Zeit, dass | |
| auf regionaler Ebene und von der internationalen Gemeinschaft eine passende | |
| Antwort auf diese Krisen gefunden wird“, so Heinz Patzelt, Generalsekretär | |
| von Amnesty Österreich. Er sieht auch die Vereinten Nationen in der | |
| Pflicht. | |
| ## Das Vetorecht lähmt den Sicherheitsrat | |
| Der UN-Sicherheitsrat sei eine Fehlgeburt: Seine Handlungsfähigkeit werde | |
| durch das Vetorecht der ständigen Mitglieder gelähmt, weil diese „auf | |
| opportunistische und widerwärtige Art immer ihre Eigeninteressen | |
| voranstellen“. Amnesty appelliert daher an die Vetomächte, „in Fällen von | |
| Völkermord und anderen in großem Umfang begangenen Gräueltaten dauerhaft | |
| auf ihr Vetorecht zu verzichten“. | |
| Der dadurch gewonnene Spielraum würde es ermöglichen, neue | |
| Interventionsmöglichkeiten zu entwickeln und das Leben von Zivilisten zu | |
| retten. Das klinge zwar naiv, doch sei es an der Zeit, „die Naivität in | |
| praktische Realität umzuwandeln“. | |
| Ein besonderer Schwerpunkt ist auch der Ukraine gewidmet. Deswegen war | |
| Bogdan Ovcharuk, Sprecher der ukrainischen Amnesty-Sektion, bei der Wiener | |
| Pressekonferenz als authentischer Zeuge geladen. Er warf sowohl den | |
| prorussischen Separatisten auch auch der Regierungsarmee und den von | |
| Oligarchen gesponserten „Freiwilligenbataillons“ schwere | |
| Menschenrechtsverletzungen vor. | |
| ## Ermordete Zivilisten | |
| Die Armee sei für Artilleriebeschuss von zivilen Siedlungen verantwortlich, | |
| die irregulären Verbände beider Seiten für Folter und die Verschleppung von | |
| Zivilisten zur Erpressung von Lösegeld. | |
| Für die Ostukraine dokumentiert der Amnesty-Bericht die Ermordung von | |
| Zivilisten und die Exekution eines mutmaßlichen Drogenhändlers in der Nähe | |
| von Sjewjerodonezk. Auf der von Russland annektierten Krim konstatierte | |
| Ovcharuk bei einem Besuch im Herbst verschiedene Repressalien gegen die | |
| Anführer der Krimtataren, darunter willkürliche Verhaftung und | |
| Misshandlung. Unter russischer Herrschaft seien das Recht auf freie | |
| Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit stark eingeschränkt worden. | |
| Die Aussichten für seine Heimat beurteilt Ovcharuk als „düster“. Ein Jahr | |
| nach den Schüssen auf die Maidan-Demonstranten in Kiew seien die Schützen | |
| noch immer nicht zur Verantwortung gezogen worden, klagt Ovcharuk. Der | |
| Generalstaatsanwalt sei zwar bereit, die blutigen Ereignisse zu untersuchen | |
| – doch werde er vom Innenministerium zurückgepfiffen, das die Täter – bis | |
| heute aktive Polizisten – schützen wolle. | |
| 25 Feb 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.amnesty.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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