# taz.de -- Jahresbericht Antisemitismus 2021: Antisemitischer Coronaprotest | |
> Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus registrieren mehr | |
> antisemitische Vorfälle mit Gewalt. Einige davon bei Coronaprotesten. | |
Bild: Gesehen auf einer Kundgebung der AfD Baden-Württemberg im Januar 2022 | |
BERLIN afp | Antisemitische Vorfälle in Deutschland standen im vergangenen | |
Jahr zu einem großen Teil im Zusammenhang mit den Corona-Protesten: Ein | |
knappes Drittel aller 2021 gemeldeten Vorfälle haben einen Bezug zur | |
Pandemie, wie es in dem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht des | |
Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus | |
(Rias) heißt. Dabei habe es sich überwiegend um Schmierereien, Aussagen auf | |
Demonstrationen Online-Kommentaren gehandelt. | |
Deutlich sei dabei die Zahl „Schoa-relativierender Selbstviktimisierungen“ | |
gestiegen, beispielsweise wenn Gegner der [1][Coronamaßnahmen sogenannte | |
Judensterne mit der Aufschrift „ungeimpft“ trugen.] | |
Eine wichtige Rolle bei den antisemitischen Vorfällen spielten im | |
vergangenen Jahr auch die neuerlichen Eskalation des arabisch-israelischen | |
Konflikts. 60 Prozent aller im Monat Mai erfassten Vorfälle – 315 von 518 – | |
hatten einen Bezug zu diesem Konflikt. Innerhalb einer Woche erfassten die | |
Rias-Meldestellen zehn Angriffe, 16 gezielte Sachbeschädigungen und 14 | |
Bedrohungen in diesem Kontext, hieß es. | |
Rias erfasste 2021 zudem mehr Vorfälle mit einem hohen Gewaltpotenzial als | |
im Vorjahr, darunter sechs Fälle extremer Gewalt und 63 antisemitische | |
Angriffe. Zu den Fällen extremer Gewalt zählten unter anderem ein Angriff | |
auf einen jüdischen Teilnehmer einer Mahnwache für Israel und gegen | |
Antisemitismus in Hamburg, bei dem der Betroffene schwer verletzt wurde. | |
Im August wurde den Angaben zufolge in Berlin festgestellt, dass ein | |
jüdisches Gemeindehaus beschossen worden war. Zwei Fälle extremer Gewalt | |
mit Todesfolge wurden mit antisemitischen Verschwörungsmythen legitimiert. | |
Antisemitische Bedrohungen fanden dem Jahresbericht zufolge häufig online | |
in Sozialen Medien statt und richteten sich gegen erkennbare Jüdinnen und | |
Juden, hieß es in dem Bericht weiter. Betroffen seien zudem Menschen, die | |
ihre Solidarität mit Israel ausdrückten. | |
## Documenta als Rahmen antisemitischer Positionen | |
Die Rias-Experten gingen auch auf die [2][Vorfälle bei der documenta in | |
Kassel] ein, die wegen Antisemitismus-Vorwürfen in der Kritik steht. Die | |
Vorgänge dort machten deutlich, dass der Antisemitismus häufig auf | |
„klassische antisemitische Stereotype“ zurückgreift, sagte der | |
geschäftsführender Vorstand Bundesverband Rias-Geschäftsführer Benjamin | |
Steinitz bei der Vorstellung des Jahresberichts. Die weltweit bekannte | |
documenta habe damit eine Gelegenheit für die Artikulation antisemitischer | |
Positionen geschaffen. | |
Die documenta habe als Rahmen fungiert, [3][antisemitische Positionen | |
öffentlich artikulieren] zu können.„ Sie sei dabei aber nur der “Vorläuf… | |
Höhepunkt einer besorgniserregenden Entwicklung„. Die Bagatellisierung des | |
israelbezogenen Antisemitismus trage “unmittelbar zur [4][Unsicherheit von | |
Jüdinnen und Juden] in Deutschland bei„. Antisemitismus “darf nicht | |
[5][unter dem Deckmantel von Kunstfreiheit] in den Genuss staatlicher | |
Förderung kommen„. | |
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte | |
„grundsätzliche Konsequenzen“ für die Struktur der documenta. Dabei müsse | |
auch der Bund aktiv werden. Angesichts der weltweiten Bedeutung der | |
Kunstausstellung könne es nicht sein, „dass sich der Bund zurückzieht und | |
eine Stadt wie Kassel das alleine macht“. Wenn der Bund Gelder | |
bereitstelle, müsse er auch darauf achten, „dass verantwortungsvoll damit | |
umgegangen wird“. | |
Der 2018 gegründete Rias dokumentiert mit Hilfe eines Meldeportals | |
einheitlich antisemitische Vorfälle in Deutschland. | |
28 Jun 2022 | |
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