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# taz.de -- Irans Verbündete: „Achse des Widerstands“ zögerlich
> Die Hisbollah hält das Waffenstillstandsabkommen mit Israel ein. Die
> Huthis feuern Raketen ab, sind aber tendenziell orientierungslos.
Bild: Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah wurde im September von israelischen an…
Toronto, Beirut und Berlin taz | Während die Konfrontation zwischen dem
Iran und Israel eskaliert, bleiben die regionalen Verbündeten der
Islamischen Republik – die sogenannte „Achse des Widerstands“ – recht
untätig. Eigentlich bilden sie eine Art Ring rund um Israel: Im nördlich
angrenzenden Libanon sitzt die [1][schiitisch geprägte Miliz Hisbollah], in
den palästinensischen Gebieten Westjordanland und Gazastreifen sind die
Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad wichtige Elemente dieser
Achse. Im nahen Irak gibt es eine ganze Reihe an iranisch unterstützten
Milizen, zusammengefasst „Islamischer Widerstand“ genannt.
Viel weiter südlich, im Jemen, befindet sich die [2][Miliz Ansar Allah,
meist Huthis genannt]. Und im nördlich gelegenen Syrien regierte bis
Dezember 2024 Baschar al-Assad, Verbündeter Teherans. Das Regime Assads ist
gefallen, die neuen Machthaber stehen den arabischen Golfstaaten viel näher
als dem Iran. Ein Element der Achse hat die Islamische Republik damit wohl
unwiederbringlich verloren. Doch warum steigen die Hisbollah bislang gar
nicht und die Huthis nur in geringem Umfang in den Krieg zwischen Iran und
Israel ein?
Im Libanon sind es anstrengende Tage für [3][Präsident Joseph Aoun]. Er
arbeitet diplomatisch auf Hochtouren, damit der Libanon nicht erneut in
einen Krieg mit Israel hineingezogen wird. Aoun ist Wächter über das
Waffenstillstandsabkommen zwischen Libanon und Israel, das seit dem 27.
November 2024 gilt. Seitdem hat die Hisbollah keine Raketen mehr in
Richtung Israel abgefeuert, Aoun bemüht sich, dass das so bleibt.
Derweil greift Israel weiterhin im Südlibanon und auch im Süden der
Hauptstadt Beirut an. Mindestens 176 Menschen wurden so getötet, zählt die
libanesische Zeitung L’Orient-Le Jour. Lokalen Medien zufolge kann Aoun auf
indirekte Zusagen der Hisbollah zählen, das Waffenstillstandsabkommen
einzuhalten. Der Hisbollah-Abgeordnete Ali Fadlallah betonte am Samstag,
der Iran wisse schon selbst, „sich zu verteidigen“. Ein Parteifunktionär
erklärte L’Orient-Le Jour, die Hisbollah stimme ihre Aktionen mit der Armee
und dem Präsidenten ab. Hisbollah-Chef Naim Kassem hat die israelischen
Angriffe bisher nur verurteilt.
## Machtunterschiede in der Kriegsführung
Darüber hinaus: Israels Militär hat die Führungsriege der Hisbollah
getötet, allen voran ihren [4][ehemaligen Chef Hassan Nasrallah] im
vergangenen September. Es hat viele Waffenlager zerstört, durch Angriffe
auf die Finanzorganisation Qard-al Hassan die monetäre Infrastruktur der
Organisation geschwächt und durch völkerrechtswidrige Explosionen von
Pagern und Walkie-Talkies die interne Kommunikation gestört. Der jüngste
Krieg hat die fragile interne Sicherheitsstruktur der Hisbollah offengelegt
– auch Infiltration innerhalb der eigenen Reihen. Und mit dem Sturz des
Assad-Regimes in Syrien ist der Landweg für Waffenlieferungen aus dem Iran
an die Hisbollah gekappt.
Der jüngste Krieg hat außerdem die Machtunterschiede in der Kriegsführung
zwischen Israel und der „Achse des Widerstands“ deutlich gemacht: Israel
ist mit moderner Technik hochgerüstet, dem gegenüber stehen die
nichtstaatlichen Milizen mit Guerilla-Methoden und Raketen, die ungenau
treffen. Das ist auch der Hisbollah wohl bewusst.
Sie könnte es dem Iran auch übel nehmen, dass er ihr nicht stärker zur
Seite gesprungen ist, als Israel im vergangenen Herbst gegen sie vorging.
Und das Bild, dass die Mitglieder der „Achse des Widerstands“ vom Iran
kontrollierte Stellvertreter seien, sei schon immer falsch gewesen, sagt
der Militäranalyst Andreas Krieg vom King’s College in London: „Es ist eher
ein loses Netzwerk, in dem jeder weitgehend mit seinem eigenen Überleben
beschäftigt ist.“
Die Milizen im Irak verfahren ähnlich wie die Hisbollah: Bislang bleiben
ihre Stellungnahmen verhalten. Und nach einem massiven Drohnenangriff auf
im Irak stationierte US-amerikanische Soldaten im vergangenen Jahr wurden
sie durch US-Luftangriffe in Schach gehalten.
Bleiben noch die Huthis. Neben der Hisbollah waren sie das stärkste Glied
der „Achse des Widerstands“. Und durch deren Zerfall sind sie nun als wohl
stärkster aktiver Proxy des Iran in der Region übrig geblieben – und
bislang die einzigen, die Iran beisprangen. Am 15. Juni [5][feuerten sie
Hyperschallraketen auf Israel ab]. Nach Angaben ihres Militärsprechers
wurden mehrere Raketen abgefeuert, die genaue Zahl jedoch nicht bekannt
gegeben. Eine Rakete landete laut dem Palästinensischen Roten Halbmond im
Westjordanland und verletzte drei palästinensische Kinder. Iran hatte die
Huthis in der Vergangenheit massiv unterstützt: etwa mit der Lieferung von
Waffen oder ihren Bauteilen.
Nun, da die Islamische Republik mit einer Welle israelischer Angriffe auf
hochkarätige Kommandeure der Revolutionsgarden und des Militärs zu kämpfen
hat, scheint ein Vakuum in der Führungsriege der Sicherheitsstruktur
Teherans geschaffen – und damit auch ihre Fähigkeit geschwächt, regionale
Verbündete zu lenken. Die Huthis sind dadurch wohl orientierungsloser und
zögerlicher geworden.
## Israel sorgt für Verunsicherung
Berichten zufolge versuchte außerdem das israelische Militär am 14. Juni
[6][den Stabschef der Huthi-Miliz, Generalmajor Mohammed Abdulkarim
al-Ghamari,] während einer geheimen Kommandositzung in der Stadt Sanaa zu
töten. Obwohl er überlebte, markiert die Operation wohl eine Wende in
Israels Strategie gegenüber den Huthis: Nachdem es zuvor Flughäfen, Häfen
und zivile Infrastruktur ins Visier genommen hatte, scheint es nun in der
Lage zu sein, hochrangige Personen der Miliz gezielt zu treffen. Das
verunsichert diese. Die Gruppe reagierte mit einer Einschränkung der
Bewegungsfreiheit hochrangiger Persönlichkeiten und einer Überarbeitung der
Sicherheitsprotokolle.
Schon zuvor waren die Huthis deutlich geschwächt: Eine von den USA
angeführte Luftoffensive von Mitte März bis Anfang Mai fügte ihnen
erhebliche Verluste zu. Obwohl Washington von einer Kapitulation der Huthis
sprach, verlautete aus dem Oman: Man habe ein Waffenstillstandsabkommen
ausgehandelt, wonach die Huthis im Gegenzug zu einem Ende der US-Angriffe
ihre Angriffe im Roten Meer einstellen würden. Während der Offensive
setzten die US-Streitkräfte B-2-Bomber und bunkerbrechende Munition ein,
zerstörten Waffenfabriken und unterirdische Lagerstätten und töteten
wichtige Feldkommandeure. Die Huthis, deren Struktur der Hisbollah ähnelt,
sind stark von solchen einzelnen Kommandeuren abhängig.
Teheran verfolgt seinerseits eine Strategie der kontrollierten Eskalation.
Trotz heftiger Rhetorik liefern sich sowohl der Iran als auch Israel
weiterhin gegenseitige Abschreckungsschläge, die jedoch von einem
allumfassenden Krieg noch entfernt scheinen. Weitete sich der Krieg auch
auf den Jemen und die Huthis aus, könnte das noch kostspieliger – und
unvorhersehbarer – für Iran werden.
Die Führung der Huthis im Norden des Jemen steht vor einem strategischen
Dilemma: Zwar ist ihre ideologische Verbundenheit mit dem Iran nach wie vor
stark, doch könnten die Kosten eines offenen Krieges, insbesondere eines
Krieges ohne garantiertes Ergebnis, existenzbedrohend sein. Die Gruppe
räumt ihrem Überleben Vorrang ein und vermeidet deshalb eine Konfrontation,
die zu ihrem Zusammenbruch führen könnte. Gleichzeitig nehmen einige
Analysten an, dass der Iran die Huthis für einen größeren regionalen
Konflikt – wahrscheinlich in Erwartung einer direkten Beteiligung der USA
an dem Krieg – absichtlich schonen könnte.
18 Jun 2025
## LINKS
[1] /Libanon/!6087152
[2] /Angriffe-im-Roten-Meer/!6086659
[3] /Wirtschaftskrise-im-Libanon/!6081884
[4] /Nach-dem-Krieg-von-Israel-und-Hisbollah/!6068354
[5] https://www.reuters.com/world/middle-east/yemens-houthis-target-israel-with…
[6] https://www.ynetnews.com/article/4sbclzjz9
## AUTOREN
Lisa Schneider
Najm Aldain Qasem
Julia Neumann
## TAGS
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