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# taz.de -- Iran im Fokus: „Gerechtigkeit heißt nicht Rache“
> Beim MENA Prison Forum im HAU2 treffen Schmerz, Widerstand und der lange
> Kampf um Gerechtigkeit auf die aktuellen politischen Krisen.
Bild: Der Regisseur Nima Sarvestani hält ein Bild seines Bruders Rostam Sarves…
Wenn das MENA Prison Forum zur Veranstaltung lädt, scheint die Welt zu
brennen. Die erste Ausgabe der Reihe „Understanding Prison“ fiel auf wenige
Tage [1][vor Assads Fall in Syrien]. Auch diesmal ist die Veranstaltung –
diesmal zu Iran – brandaktuell: Wenige Tage zuvor hatte ein
völkerrechtswidriger israelischer Militärschlag ranghohe Kommandeure der
Islamischen Republik getötet und einen neuen Krisenzyklus ausgelöst.
In Berlin hat sich an diesem Abend ein diverses Publikum im HAU2
versammelt. Etwa 150 Menschen, viele aus der iranischen Diaspora, sind
gekommen, um „Surviving the Death Committee“ von Nima Sarvestani zu sehen �…
eine Dokumentation über das Massaker an politischen [2][Gefangenen in Iran]
in den 1980er Jahren und über das historische Urteil gegen Hamid Noury, der
2022 in Schweden zu lebenslanger Haft verurteilt wurde – als einer der
ersten Vertreter des iranischen Repressionsapparats, der im Ausland zur
Rechenschaft gezogen wurde. Drei Monate später wurde er im Zuge eines
Gefangenenaustauschs mit Iran freigelassen.
Der Film ist eine persönliche Suche nach Gerechtigkeit. Sarvestani verlor
1988 seinen Bruder. Gemeinsam mit dem Überlebenden Iraj Mesdaghi kämpft er
jahrzehntelang für Gerechtigkeit.
Nach dem Film tobt der Schmerz. Die Moderatorin des Abends, die
Journalistin Gilda Sahebi, nennt den Film eine „historische Dokumentation
einer lange vergessenen Geschichte“. Auf dem Podium äußert sich Sarvestani
zur aktuellen Lage: „Ich bin froh, dass Kommandeure getötet wurden – mir
ist egal, wer sie getötet hat.“ Ein Satz, der im Saal detoniert.
## Der Schmerz tobt
Eine junger Mann erhebt sich. „Ich komme aus einer Familie, die im
Gefängnis saß. Ich bin angewidert, dass ihr diesen Film nutzt, um einen
Krieg zu rechtfertigen, bei dem Menschen sterben. Es ist mir nicht egal,
wer Gerechtigkeit bringt.“ Kurz darauf steht auch eine Frau auf: „Unsere
Familien leben in Angst. Sie haben kein Benzin, um Teheran zu verlassen.
Und ihr sprecht hier von Freude?“ Dann: „Gerechtigkeit heißt nicht Rache.�…
Mehrere Menschen verlassen den Saal. Sahebi bleibt ruhig. „Was hier gerade
passiert, ist ein Spiegelbild dessen, was draußen passiert“, sagt sie. „Die
Regierungen hassen einander – die Menschen tun das nicht.“
Inmitten des Aufruhrs meldet sich ein junger Mann [3][aus Syrien]. „Ich war
selbst im Gefängnis unter Assad. Ich bin glücklich, dass er gefallen ist –
aber hat es Gerechtigkeit gebracht? Die Art und Weise, wie ein Regime
fällt, ist entscheidend dafür, was danach kommt. Auch ich wünsche mir das
Ende des iranischen Regimes – aber nicht durch Israels Hände.“ Seine Worte
bringen etwas Ruhe in den Raum.
Der Abend ist Teil der Veranstaltungsreihe des MENA Prison Forums,
kuratiert in Zusammenarbeit mit medico international, HAU Hebbel am Ufer
und dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). Die
Reihe will künstlerische, juristische und biografische Zugänge zu
Gefängnissen, Folter und politischer Repression in der MENA-Region
eröffnen.
Patrick Kroker vom ECCHR betont auf dem Podium: „Ich glaube an die Kraft
des Rechts. Gerade jetzt, wo das Völkerrecht weltweit unter Beschuss
steht.“ Er stellt klar: „Wenn wir dieses Recht aufgeben, was bleibt uns
dann?“
Der Abend schließt mit den Worten von Regisseur Nima Sarvestani auf die
Frage, was Gerechtigkeit für ihn bedeutet: „Alle, die für diese Verbrechen
verantwortlich sind, sollen sich vor einem echten Gericht verantworten. Ich
bin gegen jede Form der Tötung. Ich will einen Prozess.“ Vielleicht ist
das der Satz, der an diesem Abend am meisten braucht, um zu wirken.
19 Jun 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Daniela Sepehri
## TAGS
Schwerpunkt Iran
Kriegsfilm
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