| # taz.de -- Intel stoppt Chipfabrik: Erstmal keine Chips aus Magdeburg | |
| > 30 Milliarden Euro wollte Intel in eine Fabrik in Magdeburg investieren. | |
| > Nun legt der Konzern die Pläne vorerst auf Eis. Der Kanzler hofft noch. | |
| Bild: Baustopp in Magdeburg. Intel errichtet hier vorerst keine neue Fabrik | |
| Astana, Leipzig, Berlin taz | Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner | |
| Haseloff (CDU) gibt sich betont optimistisch. Er glaube an Gott, sagt er | |
| schmunzelnd bei einer Pressekonferenz am Dienstag, aber bei Intel wisse er: | |
| An diesem Projekt müsse festgehalten werden. | |
| Vor zwei Jahren verkündete der amerikanische Konzern Intel, er wolle in | |
| Magdeburg eine große Fabrik für Mikrochips bauen. Doch an der Börse läuft | |
| es derzeit schlecht für Intel. Nun hieß es am späten Montagabend: Der | |
| Konzern verschiebt das Projekt in Deutschland um etwa zwei Jahre nach | |
| hinten – je nachdem, wie die Nachfrage sich entwickele. | |
| Intel sollte ein Quantensprung für den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt | |
| werden. Mit rund 30 Milliarden Euro wäre es die größte Einzelinvestition | |
| Europas. Etwa 10 Milliarden Euro davon wollte die Bundesregierung | |
| beisteuern. Haseloff hatte die Entscheidung zur Chef-Sache gemacht. | |
| Trotz Intels neuer Ankündigung gibt sich Haseloff am Dienstag gelassen. | |
| Während Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister | |
| Christian Lindner (FDP) unterschiedliche Ideen äußerten, was mit den nun | |
| wieder frei werdenden 10 Milliarden Euro Bundesmitteln passieren könne, | |
| hatte der Ministerpräsident vor allem zwei Botschaften: Das Projekt kommt, | |
| wenn auch verzögert, und die Verzögerung ist nicht die Schuld der | |
| Landesregierung. Auch Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) sagte der dpa: | |
| „Intel hält, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem | |
| Projekt fest. Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht.“ | |
| Eva von Angern, Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, hat indes | |
| Zweifel: „Wir stehen am gleichen Punkt wie vor Jahren, statt Tausender | |
| Arbeitsplätze bleibt nur Frustration“, sagt sie der taz. | |
| Olaf Meister, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünenfraktion im | |
| Landtag, reagiert ein wenig gelassener. Sollte es nun zwei weitere Jahre | |
| Zeit geben, könne die Stadt sie nutzen, um ungeklärte Fragen anzugehen, | |
| etwa die einer nachhaltigen Wasserversorgung der Fabrik. | |
| Die Vollbremsung für den Bau der Chipfabrik ist auch ein schwerer | |
| Rückschlag für die Halbleiterstrategie der Bundesregierung und für das Land | |
| Sachsen-Anhalt insgesamt. 3.000 neue Arbeitsplätze wollte der Konzern | |
| schaffen. Der Spatenstich sollte noch in diesem Jahr erfolgen. | |
| Bundeskanzler Olaf Scholz hatte mehrfach betont, wie wichtig [1][diese und | |
| andere Ansiedlungen für den Standort Deutschland seien.] Deutschland sei | |
| dabei, zu einem der bedeutendsten Halbleiterstandorte weltweit zu werden, | |
| erklärte er etwa beim NRW-Unternehmertag vor einem Jahr. | |
| Die Nachricht vom Stopp des Vorhabens erreichte den Kanzler am Montagabend | |
| in der kasachischen Hauptstadt Astana, wo sich Scholz zum Wirtschaftsgipfel | |
| mit den Präsidenten der fünf zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken | |
| Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan und Turkmenistan traf. | |
| Am Rande des Treffens sagte Scholz am Dienstag, die Entscheidung, das | |
| Projekt in Deutschland zwei Jahre aufzuschieben, beinhalte auch die | |
| Aussage, daran festhalten zu wollen. Er sei im Austausch mit der | |
| Landesregierung von Sachsen-Anhalt. „Für mich ist wichtig, dass es trotzdem | |
| einen weiteren Ausbau der jetzt schon profunden Kapazitäten in Deutschland | |
| gibt.“ Es bleibe richtig, dass Halbleiterproduktion künftig auch in | |
| Deutschland stattfinden müsse. „Der Ausbau geht weiter.“ | |
| Dass Intel strauchelt, hat mit mehreren technologischen Entwicklungen zu | |
| tun. Da ist zum einen künstliche Intelligenz. Für das Training und den | |
| Einsatz von KI werden leistungsfähige Chips benötigt. Doch Intel, der | |
| Konzern, der einst die Chipbranche dominierte, hat es nicht geschafft, | |
| diese Position zu halten. Im Rennen um die Hochleistungschips für KI zog | |
| vor allem Nvidia an Intel vorbei. | |
| Dazu kommt: Die einstige Stärke von Intel rührte vor allem aus der starken | |
| Position im Geschäft mit Chips für stationäre Computer. Doch für | |
| Smartphones setzte sich eine andere Chip-Architektur durch: Die in den | |
| Geräten verbauten Chips kommen vor allem von Qualcomm und TSMC. Berichten | |
| zufolge hatte Konkurrent Qualcomm sogar die Übernahme von Teilen von Intel | |
| ausgelotet. | |
| In der Bundesregierung wird derweil bereits diskutiert, wie man die 10 | |
| Milliarden Euro anderweitig verwenden kann. „Alle nicht für Intel | |
| benötigten Mittel müssen zur Reduzierung offener Finanzfragen im | |
| Bundeshaushalt reserviert werden“, schrieb Finanzminister Christian Lindner | |
| auf der Onlineplattform X. | |
| Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hielt dagegen: „Wir werden | |
| jetzt gemeinsam beraten, wie wir mit nicht genutzten Mitteln sinnvoll und | |
| sorgsam umgehen und sie zum Wohle des Landes einsetzen.“ Aus dem | |
| Ministerium hieß es, die Gelder seien im Klima- und Transformationsfonds | |
| (KTF) vorgesehen und stünden nicht dem Kernhaushalt zur Verfügung. Auch im | |
| Fonds klafft eine Milliardenlücke. | |
| Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen Jahr zur | |
| rechtswidrigen Umbuchung nicht genutzter Corona-Kredite fehlen der | |
| Ampelregierung 60 Milliarden Euro für die klimagerechte Transformation der | |
| Wirtschaft, mit denen sie ursprünglich geplant hatte. | |
| 17 Sep 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
| David Muschenich | |
| Svenja Bergt | |
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