# taz.de -- Innenministertreffen zur Seenotrettung: Notfalllösung steht | |
> Deutschland, Frankreich, Italien und Malta einigen sich, Bootsflüchtlinge | |
> automatisch aufzunehmen und solidarisch zu verteilen. Der Grunddissens | |
> bleibt. | |
Bild: Rettungsschiffe wie die „Ocean Viking“ sind auf eine Lösung angewies… | |
Nach jahrelangem Hickhack zeichnet sich eine Minimallösung im Streit über | |
die Seenotrettung im zentralen Mittelmeer ab. Vier EU-Staaten – | |
Deutschland, Frankreich, Italien und Malta – haben bei einem Treffen auf | |
Malta verabredet, Bootsflüchtlinge künftig automatisch aufzunehmen und | |
solidarisch zu verteilen. | |
Man habe sich auf ein gemeinsames Papier verständigt, sagte der maltesische | |
Innenminister Michael Farrugia am Montag nach Verhandlungen mit | |
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und zwei weiteren Amtskollegen. | |
Dieses solle bei einem Innenministertreffen Anfang Oktober den anderen | |
EU-Staaten präsentiert werden. | |
Details der Einigung wurden zunächst nicht bekannt. Die Minister machten | |
jedoch klar, dass es sich um einen „temporären“, also zeitlich befristeten | |
Mechanismus für „Notfälle“ handeln soll. Es geht also nicht um die | |
dauerhafte Einführung von Flüchtlingsquoten, gegen die sich vor allem | |
Osteuropa seit Jahren sträubt. | |
Er sei „hoch zufrieden“, erklärte Seehofer nach der vorläufigen Einigung. | |
Er hatte sich bereit erklärt, ein Viertel der hilfesuchenden Menschen | |
aufzunehmen. Frankreich könnte ein weiteres Viertel übernehmen. Außerdem | |
haben Kroatien, Finnland, Irland, Litauen, Luxemburg und Portugal ihre | |
Beteiligung zugesagt. | |
## Wende kam mit Regierungswechsel in Italien | |
Das Treffen auf Malta war lange geplant, stand zunächst jedoch unter keinem | |
guten Stern. Hilfsschiffe mit erschöpften Flüchtlingen irrten immer wieder | |
tagelang durch das Mittelmeer, ohne einen aufnahmebereiten Hafen zu finden. | |
Jedes Mal gabe es Streit um die Frage, wo die Menschen bleiben könnten. Die | |
Wende kam erst mit dem Regierungswechsel in Italien. | |
Seit dem Abgang des rechtspopulistischen Innenministers Matteo Salvini sind | |
die italienischen Häfen wieder offen für die Helfer. Die Innenminister der | |
EU können sich nun endlich um die seit Jahren überfällige politische Lösung | |
kümmern, statt wie bisher verzweifelt nach Häfen zu suchen und um die | |
Aufnahme der Bootsflüchtlinge zu feilschen. | |
Allerdings sind noch nicht alle Streitfragen ausgeräumt. So fordert | |
Italien, dass auch Frankreich seine Häfen für Rettungsboote öffnet. | |
Umstritten ist auch, ob und wie Asylsuchende von „Wirtschaftsflüchtlingen“ | |
unterschieden werden sollen. Ob diese Probleme geklärt werden konnten, | |
bleibt zunächst unklar. | |
Zudem bleibt das Problem der Seenotrettung ungelöst. Die EU hat zwar ihre | |
Marinemission „Sophia“ verlängert – doch sie verfügt nicht mehr über e… | |
Boote. Die Hauptlast bei der Rettung liegt daher immer noch bei privaten | |
oder kirchlichen Hilfsorganisationen. Die Retter sind denn auch unzufrieden | |
und fordern von der EU mehr Einsatz. | |
## Zwiespältiges Echo | |
Zwiespältig fällt auch das Echo in der Politik aus. Luxemburgs | |
Außenminister Jean Asselborn begrüßte die Einigung, forderte aber die | |
Beteiligung weiterer EU-Länder. „Wir brauchen mindestens zwölf Staaten, die | |
ihrer Verantwortung nachkommen und gerettete Migranten aus dem zentralen | |
Mittelmeer aufnehmen“, sagte er. | |
Dahinter steht offenbar die Sorge, ein Automatismus bei der Seenotrettung | |
könne wieder mehr Flüchtlinge auf die gefährliche Fahrt nach Europa locken. | |
Zuletzt waren die Zahlen auf der zentralen Mittelmeerroute jedoch deutlich | |
zurückgegangen. | |
23 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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