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# taz.de -- Seehofers EU-Flüchtlingspolitik: Der Union zu liberal
> Seehofer will jeden vierten aus Seenot Geretteten aufnehmen. Das wären
> zwar nur wenige Hundert, doch Konservative wittern Schlepperhilfe.
Bild: Für Günther Burkhardt von Pro Asyl (rechts) gehen die Pläne Seehofers …
Man dürfe „Schlepperorganisationen nicht ermutigen“, sagte
Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus am Samstag. Es bestehe das Risiko,
dass die Zwischenlösung „zur Dauerlösung“ werde, meinte
CDU-Präsidiumsmitglied Mike Mohring. Und CSU-Chef Markus Söder soll seinen
Vorgänger gar für Parteiaustritte verantwortlich gemacht haben: Kurz vor
dem Treffen der EU-Innenminister am Dienstag wird in den eigenen Reihen
viel Unmut über die Seenotrettungspläne von Horst Seehofer (CSU) laut. Der
Minister reagiert auf diese Kritik ausgerechnet, indem er die Besorgnis,
dass die Flüchtlingszahlen steigen, anheizt.
„Wir müssen unseren europäischen Partnern bei den Kontrollen an den
EU-Außengrenzen mehr helfen“, sagte Seehofer der Bild am Sonntag (Bams),
nachdem er Ende vergangener Woche erst in die Türkei und dann nach
Griechenland gereist war. Falls das nicht geschehe, drohe eine
„Flüchtlingswelle wie 2015“, so Seehofer – „vielleicht sogar noch eine
größere als vor vier Jahren“.
Auf den griechischen Ägäis-Inseln müssen derzeit Tausende Geflüchtete in
völlig überfüllten Lagern auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten. Die
Türkei fordert ihrerseits mehr internationale Hilfe und droht, andernfalls
wieder mehr Geflüchtete weiterreisen zu lassen.
Um diese Menschen geht es aber nicht in der Vereinbarung, die nun von
Unionspolitikern, der FDP und der AfD so heftig kritisiert wird. Seehofer
hatte erklärt, Deutschland könne zeitlich befristet im Rahmen eines
„Notfallprozederes“ [1][25 Prozent der Menschen aufnehmen, die aus Seenot
gerettet werden]. Der Schauplatz liegt damit im zentralen Mittelmeer. Von
Tunesien oder Libyen aus kamen [2][2019 etwa 7.900 Menschen nach Italien
und etwa 1.600 nach Malta]. Aus Seenot gerettet wurde wiederum nur ein
kleiner Teil von ihnen: Laut dem Bundesinnenministerium waren es 2.199
Menschen seit Juli 2018.
## Keine Kehrtwende
Die Kritik aus den Unionsreihen an Seehofer hat so gesehen wenig mit dem
Inhalt der Vereinbarung zu tun. Vielmehr sind es die üblichen Reizworte,
auf die die Unionspolitiker traditionell anspringen; von „Pullfaktoren“ ist
die Rede und von Anreizen für Schleppergruppen. „Das war eine Initiative
des Innenministers, nicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“, setzt sich
Unionsfraktionschef Brinkhaus von Seehofer ab.
Dabei kann von einer Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik Seehofers keine
Rede sein: [3][Schon bisher hat Deutschland sich bereit erklärt, rund ein
Viertel der aus dem Mittelmeer Geretteten aufzunehmen], allerdings jeweils
nach zähen Verhandlungen. Seit Juli 2018 waren das 565 Personen, knapp die
Hälfte von ihnen ist bislang tatsächlich in Deutschland angekommen.
Das Malta-Papier sieht zudem vor, dass die neuen Regelungen, wenn die Zahl
der Flüchtlinge steigt, wieder auf Eis gelegt werden können. Zeitgleich
verlängert Seehofer die deutschen Grenzkontrollen, baut die
Schleierfahndung aus und fordert mehr Zusammenarbeit bei der Überwachung
der EU-Außengrenzen. Ein staatliches Programm zur Seenotrettung ist
hingegen nicht vorgesehen.
## Grüne: „Wenig konsequent“
Pro Asyl kritisierte die bisherige Einigung als „absolut nicht
ausreichend“. Nötig sei ein „umfassender Rettungsplan“. Dazu gehörten d…
Evakuierung aus Libyen, eine EU-Seenotrettung und ein Verteilmechanismus,
der auch die in Griechenland oder Zypern angekommenen Bootsflüchtlinge
einschließe.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Luise Amtsberg sagte der taz, Seehofers
Forderung nach einer verbindlichen Verteilung sei „ein Schritt in die
richtige Richtung“. Es sei aber „wenig konsequent, mit einer humanen
Flüchtlingspolitik an den europäischen Außengrenzen aufzuhören“. Vielmehr
müsse man in den Herkunftsländern der Menschen aktiv werden. Amtsberg
forderte ein Umdenken in der Handels-, Agrar- und Klimapolitik sowie in der
Rüstungspolitik der Bundesregierung.
6 Oct 2019
## LINKS
[1] /Innenministertreffen-zur-Seenotrettung/!5629312
[2] https://data2.unhcr.org/en/situations/mediterranean
[3] /Seehofers-Vorstoss-zur-Seenotrettung/!5627620
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
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