| # taz.de -- Innenminister schwächt AfD-Gutachten ab: Seehofers persönlicher A… | |
| > Horst Seehofer ließ als Innenminister offenbar ein Gutachten vom | |
| > Verfassungsschutz, ob die AfD ein rechtsextremer Verdachtsfall ist, | |
| > abmildern. | |
| Bild: Horst Seehofer im September 2020, damals noch Bundesinnenminister | |
| München taz | Nein, er wolle sich ganz bestimmt nicht einmischen, | |
| versicherte Horst Seehofer am Rande einer Beratungsrunde der | |
| EU-Innenminister. Die Frage, ob die AfD vom Verfassungsschutz künftig als | |
| Verdachtsfall geführt werden solle, dürfe keine politische sein, so der | |
| damalige Bundesinnenminister. „Es soll eine rein fachliche Beurteilung | |
| sein.“ Eine solche Entscheidung habe schließlich weitreichende Konsequenzen | |
| gerade in einem Jahr mit neun Wahlen. „Da ist besondere Sorgfalt in der | |
| juristischen Prüfung angesagt.“ | |
| Vor ziemlich genau einem Jahr war das. Doch wie weit Seehofers | |
| Nichteinmischungswille tatsächlich reichte, darauf werfen jetzt Recherchen | |
| der Süddeutschen Zeitung ein neues Licht. Denn sie legen nahe, dass der | |
| CSU-Politiker ein Gutachten des Verfassungsschutzes noch einmal | |
| überarbeiten ließ – mit dem Ergebnis, dass Passagen des Schriftstücks | |
| abgemildert wurden – vor allem solche, in denen der rechtsradikalen Partei | |
| politische Aussagen vorgehalten wurden, die so oder ähnlich auch von | |
| Politikern der CSU getätigt wurden. | |
| Demnach traf sich Seehofer am 19. Januar 2021 in Berlin mit | |
| Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang. Die Runde war klein und geheim, | |
| nur Hans-Georg Engelke, Staatssekretär im Innenministerium, war noch dabei. | |
| Tags zuvor habe das Bundesamt für Verfassungsschutz dem Ministerium bereits | |
| sein Gutachten zustellen lassen. 800 Seiten, die Arbeit von Monaten. Das | |
| Schriftstück trug schon Haldenwangs Unterschrift, schließlich habe man die | |
| Freigabe des Ministeriums lediglich für eine Formalie gehalten. | |
| Doch dann, schreibt die Süddeutsche Zeitung, habe sich Seehofer doch | |
| „eingebracht“. Interne Dokumente belegten dies. Die Folge: Das Gutachten | |
| wurde noch einmal überarbeitet und am 22. Februar in neuer Fassung | |
| vorgelegt. Diese soll sich zwar nicht grundlegend von der ersten | |
| unterschieden haben, aber die Zeitung, die beide Variante vergleichen | |
| konnte, entdeckte doch ein paar auffällige Unterschiede. | |
| ## Aussagen zum Islam abgeschwächt | |
| Beispiel sind etwa angeführte AfD-Aussagen über den Islam oder die | |
| Migration. „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ – den Satz führte das | |
| ursprüngliche Gutachten gegen die Thüringer AfD als Argument an: „Aus der | |
| Annahme, der Islam könne grundsätzlich nicht zu Thüringen gehören und dort | |
| nicht beheimatet sein, folgt, dass auch muslimische Bürgerinnen und Bürger | |
| nicht zu Thüringen gehören könnten.“ Damit sei eine Grenze überschritten, | |
| denn es verletze die Menschenwürde von Musliminnen und Muslimen. | |
| Nun hatte man diesen Satz über den Islam jedoch auch schon aus | |
| christsozialem Munde gehört, etwa von Seehofer, als er noch CSU-Chef war. | |
| Im finalen Gutachten heißt es nun, die Aussage sei nur im Kontext mit | |
| anderen Abwertungen zur Diffamierung geeignet. Ähnliche Abschwächungen | |
| finden sich beispielsweise bei der Darstellung von extremen Positionen in | |
| der Debatte über Migration, die Seehofer [1][einst als Mutter aller | |
| Probleme bezeichnet hatte.] | |
| Nach Ansicht des Verfassungsschutzes reicht aber auch das neue Gutachten | |
| für eine Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall. Die Partei | |
| sieht das erwartungsgemäß anders. Das Verwaltungsgericht in Köln hat nun | |
| über entsprechende Klagen der Partei zu befinden. Ein ursprünglich für | |
| letzten Sommer angesetzter Termin konnte wegen der Komplexität des | |
| Verfahrens und der späten Übersendung von Akten nicht eingehalten werden, | |
| nun soll im März eine Entscheidung fallen. Bis dahin gilt ein im März 2021 | |
| erlassener sogenannter [2][Hängebeschluss, der dem Verfassungsschutz die | |
| Einstufung oder Behandlung als Verdachtsfall verbietet.] | |
| 21 Jan 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominik Baur | |
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