# taz.de -- Hilfe für Hamburgs Obdachlose: Vom Hotel zurück auf die Straße | |
> Um sie vor Corona zu schützen, buchten kirchliche Träger für 170 Menschen | |
> Hotels. Nun ist das Geld aufgebraucht. Die Stadt bietet nur | |
> Notunterkünfte. | |
Bild: Anstehen mit Abstand: Menschen ohne Obdach warten auf Essen | |
HAMBURG taz | Von Anfang April bis Juni haben 170 [1][Obdachlose in | |
Hamburger Hotels] gelebt. Damit sie vor Corona geschützt sind, wohnten sie | |
in Einzelzimmern, betreut von Sozialarbeitern der Diakonie Hamburg, der | |
Alimaus und Hinz & Kunzt. Kurz bevor die Zeit abläuft, zogen die drei | |
Träger eine Bilanz. Die war durchweg positiv, weil die Menschen sich | |
erholten und stabilisierten. Nur brauchen die meisten nun eine | |
Anschlussperspektive. | |
„Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Diakonie-Pastor Dirk | |
Ahrens. Auch wohnungslose Menschen hätten das Bedürfnis, mal die Tür hinter | |
sich zuzumachen. „Das Projekt hat gezeigt, dass Einzelunterbringung | |
funktioniert“. Man habe Menschen erreicht, die sonst durchs Raster der | |
städtischen Angebote fallen, und ihnen neben Schutz vor Ansteckung auch | |
Ruhe bieten können, um neue Perspektiven zu gewinnen. „Wir haben kein | |
zusätzliches Personal eingestellt und keine Security-Kräfte gebraucht“, | |
ergänzt Diakonie Fachbereichsleiter Dirk Hauer. „Die Straßensozialarbeiter | |
haben im Wesentlichen das gemacht, was sie immer machen“. | |
Dank großzügiger Spenden von insgesamt knapp 450.000 Euro hatte er die | |
große Chance, „endlich das zu tun, was wir seit Jahren fordern“, sagt | |
Stephan Karrenbauer, Straßensozialarbeiter bei Hinz & Kunzt. Er konnte | |
Menschen einfach ein Zimmer anbieten – ohne Bedingung. Binnen zehn Tagen | |
seien die Plätze voll gewesen. Karrenbauer spricht vom „positivsten | |
Sozialexperiment“ seiner 25-jährigen Berufszeit. | |
„Es ist erstaunlich, wie schnell sich Wohnungslose stabilisieren, sobald | |
sie ein selbstbestimmtes Leben führen dürfen“. Dazu gehörten simple Dinge, | |
wie jederzeit auf Toilette gehen zu dürfen, was auf der Straße und in | |
Notunterkünften nicht möglich sei. Ein Mann, der unter Darmbeschwerden | |
litt, wurde im Hotel gesund. | |
„Die Menschen waren wieder in der Lage, an die Zukunft zu denken“, ergänzt | |
Kai Greve vom Träger Alimaus. Eine Person sei von einem Hotelier angestellt | |
worden. Etliche fanden auch eine neue Bleibe. Doch etwa 150 der 170 | |
Teilnehmer kehren auf die Straße zurück, wenn ihnen nichts angeboten wird. | |
Sofern sie einen Rechtsanspruch haben, werden für sie Folgeunterkünfte bei | |
der Stadt beantragt. Für weitere Hotelnächte, die im Schnitt 32,50 Euro | |
kosteten, fehlt das Geld. | |
Die Linke hatte [2][Anfang April beantragt], dass Hamburg, ähnlich wie | |
Berlin, 300 Zimmer für Obdachlose anmietet. Der Antrag wurde im Mai von | |
Rot-Grün abgelehnt. Eine Begründung, die nun widerlegt scheint, war eben, | |
dort wäre die Betreuung nicht gewährleistet. „Eigentlich müsste die Stadt | |
dieses Hotel-Projekt weiter bezahlen“, sagt die Linke-Sozialpolitikerin | |
Stefanie Rose. „Dass man Abstand halten muss, ist ja nicht vorbei.“ | |
Doch die Sozialbehörde geht anders vor. Sie wird das Winternotprogramm | |
ganzjährig anbieten. An den Standorten Friesenstraße und Kollaustraße gibt | |
es 350 Plätze, die die Bewohner jeweils tagsüber von halb zehn bis 17 Uhr | |
verlassen müssen. Die Unterkünfte würden „nur locker belegt, sodass die | |
Abstände eingehalten werden können“, sagt Sprecher Martin Helfrich. Je nach | |
Zimmer bedeute das „zwei, maximal drei Personen“. | |
Laut Dirk Hauer wollen die Menschen des Hotel-Projekts aus verschiedenen | |
Gründen nicht in die Notunterkünfte. Doch Obdachlose seien eine | |
Hochrisikogruppe, die genauso geschützt werden müsse wie andere. Und | |
Distancing heiße dann eben: „Solange Infektionsgefahr besteht, müssen sie | |
einzeln untergebracht werden.“ | |
23 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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