# taz.de -- Handynutzung in der Jugend: Mädchen druffer als Jungs? | |
> Forscherinnen und Forscher von der Medizinischen Universität Wien sammeln | |
> Infos zu Smartphoneabhängigkeit. Das ist gar nicht so einfach. | |
Bild: Eigentlich ja ganz leicht, aber trotzdem „Verdammt schwer, es aus der H… | |
Mein erstes Handy bekam ich mit elf, mein erstes Smartphone mit Anfang | |
zwanzig. Ein Jahrzehnt später kann ich mir ein Leben ohne das Endgerät kaum | |
mehr vorstellen. Bisweilen werde ich unruhig, weil das Ding nicht | |
griffbereit liegt. Aber bin ich deshalb das Sorgenkind der Forscherinnen | |
und Forscher? Weit gefehlt. | |
Mein Hirn ist fertig entwickelt, meine prägendsten Lebensphasen habe ich | |
hinter mir. Das Smartphone beeinflusst zwar mein Verhalten, aber nicht | |
unbedingt nachhaltig. Anders ist es bei Kindern und Jugendlichen. Und da | |
gibt es erstaunlich wenige gesicherte Antworten auf die Frage, welche | |
Auswirkungen Smartphones auf ihre Entwicklung haben. | |
Im vergangenen Jahr erschien eine systematische Übersichtsarbeit in der | |
wissenschaftlichen Zeitschrift Neuropsychiatrie. Die Forscherinnen und | |
Forscher, [1][allesamt von der Medizinischen Universität Wien,] wollten | |
herausfinden, welche Risikofaktoren bei Kindern und Jugendlichen dazu | |
beitragen, dass diese süchtig nach ihrem Smartphone sind. | |
Sie führten keine eigene Studie durch, sondern durchforsteten die | |
vorhandene Literatur. 38 Studien wurden inkludiert, allein 16 davon stammen | |
aus Südkorea, einem Land, in dem 96 Prozent der Teenagerinnen und Teenager | |
ein Smartphone besitzen. | |
## Alles logisch? | |
Auf den ersten Blick scheinen die Ergebnisse einleuchtend: Wer das | |
Smartphone benutzt, um auf sozialen Netzwerken aktiv zu sein, hat ein | |
höheres Suchtrisiko, ebenso wie jene Menschen, die gerne darauf spielen. | |
Unter Teenagerinnen und Teenagern scheinen Mädchen einem etwas höheren | |
Risiko ausgesetzt zu sein. Die Nutzung des Smartphones zur Entspannung und | |
Unterhaltung ist ebenfalls ein Faktor. Und umgekehrt schützen eine gute | |
Beziehung zu den Eltern, stabile Freundschaften und emotionale Stabilität | |
vor Sucht. So weit, so logisch. | |
Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu genießen – wissenschaftlichen Konsens | |
gibt es nicht. So ist etwa der Gender-Unterschied umstritten. Warum? Die | |
Forscherinnen und Forscher vermuten, dass es mit fehlender Einheitlichkeit | |
zu tun hat. So wurden beispielsweise zwei unterschiedliche Maßstäbe | |
verwendet, um die Abhängigkeit zu messen. Andere Studien entwickelten ihre | |
eigenen Fragebögen. Die Smartphonesucht gilt aktuell nicht als klinische | |
Diagnose. Wo problematisches Verhalten beginnt, ist deshalb nicht eindeutig | |
definiert. | |
Die Studien unterschieden nicht unbedingt die Art des Smartphones oder | |
fragten ab, wofür es verwendet wurde. Soziale Netzwerke gibt es | |
beispielsweise viele, und sie ändern sich laufend. „Es muss zwischen | |
Süchten nach dem Smartphone und Süchten auf dem Smartphone unterschieden | |
werden“, resümieren die Autorinnen und Autoren der Arbeit. | |
Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Nutzen tun wir das Ding trotzdem | |
weiter. Es ist schließlich verdammt schwer, es aus der Hand zu legen. | |
9 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://ambulanz.sfu.ac.at/de/weitere-angebote/verhaltenssuechte/therapie-u… | |
## AUTOREN | |
Anna Goldenberg | |
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