| # taz.de -- Forschung über digitales Lernen: Falsch antworten hilft | |
| > Wie kann man sich große Mengen an Information besser und nachhaltiger | |
| > merken? Offenbar, indem man vorher erst einmal Fragen beantworten muss. | |
| Bild: Was wissen Sie über Rapa Nui? | |
| Was war die Einwohnerzahl von [1][Rapa Nui], von den Europäern später | |
| Osterinseln genannt, zwischen 1722 und den 1860er Jahren? | |
| Falls Sie die Antwort nicht wissen, ging es Ihnen wie der überwiegenden | |
| Mehrheit der 85 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Experiments, das vor | |
| einigen Jahren an der Iowa State University durchgeführt wurde. Sie mussten | |
| zwei willkürlich ausgewählte Fragen aus einem 12-teiligen Fragekatalog | |
| beantworten. Nur 5 Prozent der Antworten waren richtig. | |
| Das war genau der Sinn der Sache. Im Anschluss sahen sich die Befragten, | |
| übrigens allesamt Studierende, ein siebenminütiges Video über die | |
| Osterinseln an. Dann bekamen sie erneut eine Liste mit den zwölf Fragen zum | |
| Inhalt vorgelegt, darunter jene zwei, deren Antwort sie davor bereits zu | |
| erraten versucht hatten. Eine Kontrollgruppe sah das Video, ohne zuvor | |
| Fragen zu beantworten. Auch sie mussten im Anschluss das Quiz zum Inhalt | |
| machen. | |
| Welche Gruppe schnitt signifikant besser ab? Jene, die sich davor an den | |
| Fragen versuchen musste. Dieser „Vorfragen-Effekt“ ist der Psychologie | |
| schon länger bekannt. Warum hilft das Beantworten von Fragen vorab dabei, | |
| sich Inhalte besser zu merken? Möglicherweise, weil die Fragen neugierig | |
| auf den Stoff machen. Oder weil sie Lernende darauf hinweisen, was sie noch | |
| nicht wissen. | |
| ## „Reality Check“ | |
| Ähnlich die dritte Erklärung: Das Frustrationserlebnis der falsch | |
| beantworteten Fragen könnte als „Reality Check“ dienen, als Erinnerung | |
| daran, dass man die präsentierten Inhalte aufmerksam verfolgten sollte. Bei | |
| Experimenten, in denen die Fragen beantwortet wurden und Studierende | |
| anschließend einen Text lasen, wurde allerdings deutlich, dass sich die | |
| Studierenden eher nur die Informationen merkten, nach denen vorab gefragt | |
| wurde. Auf die restlichen Inhalte konzentrierten sie sich weniger. | |
| Bei dem Experiment mit dem Video war es anders: Zwar waren die Studierenden | |
| bei den Fragen besser, die sie zuvor bereits – vorwiegend falsch – | |
| beantwortet hatten. Aber im Vergleich zur Kontrollgruppe schnitten sie bei | |
| Fragen, die sie zuvor nicht gehört hatten, besser ab. Die Autorinnen und | |
| Autoren der Studie vermuten einen „Ausstrahlungseffekt“ der Fragen. | |
| Warum funktioniert das beim Videoschauen besser als beim Lesen? | |
| Möglicherweise, weil beim Ansehen eines Videos vorher unklar ist, wann | |
| welche Information präsentiert wird. Anders als beim Lesen kann das Tempo | |
| des Informationsflusses weniger gut gesteuert werden. | |
| Gute Nachrichten für alle, [2][die durch Corona auf E-Learning angewiesen | |
| sind]. Mit den richtigen Tricks lässt sich auch da halbwegs produktiv | |
| lernen. Aus den Ergebnissen der Studie geht jedoch nicht hervor, wie | |
| nachhaltig die Lerneffekte sind, also ob das Wissen langfristig gespeichert | |
| ist. Aber testen Sie einfach selbst, wie lange Sie sich die Information | |
| merken: Die Einwohnerzahl von Rapa Nui lag damals zwischen 2.000 und 3.000. | |
| 6 Aug 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Goldenberg | |
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