# taz.de -- Hamburgs erste Tierschutzprofessur: Forschen gegen Tierversuche | |
> Maike Frye ist erste Inhaberin des Lehrstuhls der Tierschutzprofessur am | |
> Hamburger UKE. Sie hofft bald auf Tierversuche verzichten zu können. | |
Bild: Seit Anfang Januar hat sie die Tierschutzprofessur: Maike Frye | |
HAMBURG taz | In Hamburg gibt es seit diesem Jahr eine Professur für | |
Tierschutz. Maike Frye ist die erste Lehrstuhlinhaberin der | |
„3R-Tierschutzprofessur“ am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE). Die | |
Professur nimmt zwei Aspekte in den Blick: Zum einen forscht Frye mit ihrer | |
Arbeitsgruppe an Methoden, [1][um Tierversuche zu vermeiden.] | |
Zum anderen möchte sie die verschiedenen Forschungsansätze zur Verringerung | |
von Tierversuchen miteinander verbinden und für die Öffentlichkeit | |
transparenter machen. Mittelfristig soll außerdem am UKE ein Center für die | |
„3R-Methodik“ eingerichtet werden. „3R“ steht für „Reduce, Refine, | |
Replace“, zu deutsch: Reduzieren, Verbessern, Ersetzen. | |
Stichwort Verbessern: Gerade hat das UKE 32 Millionen Euro ausgerechnet in | |
den Neubau der Forschungstierhaltung gesteckt. „Moderne Forschung geht | |
anders“, kritisiert der Verein [2][„Ärzte gegen Tierversuche“]. Frye sie… | |
das anders: Der Neubau garantiere, dass die Forschungstiere zeitgemäß | |
gehalten werden, die Kapazitäten würden nicht erweitert. | |
Frye möchte langfristig ganz auf Tierversuche verzichten, aber sie kann | |
noch nicht alle Forschungsfragen ohne Tierversuche beantworten. Noch kein | |
Forschungsbereich des UKE kommt vollständig ohne Tierversuche aus. | |
## Immerhin Tierversuche vermeiden | |
Die Tiere im Versuch zu sehen, falle ihr nicht leicht, sagt Frye. Deshalb | |
sei es ihr besonders wichtig, Tierversuche auf das Minimum zu reduzieren | |
und bestenfalls zu vermeiden. Frye und ihr Forschungsteam setzen dafür vor | |
allem auf die Entwicklung von neuartigen und verbesserten | |
In-Vitro-Analysen. Dabei werden Zellen von Mäusen und aus dem Menschen in | |
Zellkulturschalen weitergezüchtet und analysiert. | |
Eine weitere am UKE verwendete Alternativmethode zum Tierversuch ist die | |
Arbeit mit induzierten pluripotenten Stammzellen. Diese Zellen werden aus | |
menschlichen Körperzellen zu stammzellartigen Zellen zurückprogrammiert und | |
können bei der Analyse von verschiedenen Erkrankungen helfen. | |
Außerdem werden neue, nichtinvasive Bildgebungsverfahren entwickelt, so | |
dass die Forschenden in einen lebenden Organismus schauen, ohne einen | |
Tierversuch durchzuführen. Einige Forschungsbereiche nutzen zusätzlich | |
sogenannte Organoide – künstliches Zellgewebe. Die | |
Wissenschaftler:innen können so in Teilen die Funktion von Organen | |
oder sogar die Interaktion von ihnen studieren. | |
Studiert hat Maike Frye molekulare Biomedizin in Sydney und Münster, wo sie | |
auch promoviert hat. Anschließend war sie Postdoktorantin im schwedischen | |
Uppsala. Seit 2018 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für | |
klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin im UKE. | |
## Neue Verfahren ersetzen Tierversuche | |
Fryes Forschungsschwerpunkt ist die Vaskuläre Biomedizin. Sie entwickelt | |
Strategien für personalisierte Behandlungen von Gefäßerkrankungen. Mit | |
ihrer Arbeitsgruppe hat Maike Frye neuartige Hydrogeltechniken entwickelt, | |
um menschliche Zellen nachzuzüchten. Speziell geht es um Zellen der | |
innersten Schicht von Blut- und Lymphgefäßen. Dadurch wird es möglich, | |
Prozesse, die zu krankhaften Gewebeversteifungen führen, in Kulturschalen | |
zu beobachten. Dieses Verfahren [3][ersetzt Tierversuche.] | |
Maike Frye hat Glück gehabt: Sie hat einen Job, für den sie brennt. Sie | |
lebt mit ihrem Partner und ihrem fast einjährigem Sohn direkt neben dem | |
UKE. „Karriere und Familie gehen für mich am UKE sehr gut zusammen“, sagt | |
sie zur taz. Es bleibt sogar noch ein wenig Freizeit. Da fährt sie am | |
liebsten Rennrad. | |
8 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Tierversuche-an-Makaken-Affen-in-Bremen/!5898306 | |
[2] /Gericht-verurteilt-Labormitarbeiter/!5853744 | |
[3] /Abstimmung-ueber-Grundrechte-fuer-Affen/!5834583 | |
## AUTOREN | |
Mila Hülquist | |
## TAGS | |
UKE | |
Hamburg | |
Tierschutz | |
Tierversuche | |
Forschung | |
[tazze]IG | |
Zukunft | |
wochentaz | |
Tierversuche | |
Tierversuche | |
Tierversuche | |
Menschenaffen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
In-vitro-Fisch: Mit Stammzelle zum Fischstäbchen | |
Industrielle Fischerei heißt Tierleid und kaputte Meeresböden. In Lübeck | |
wird an Alternativen geforscht. Etwa an Fischen, die nie geschwommen sind. | |
Behandlung von Parkinson: Weicher Draht für schwache Nerven | |
Künstliche Elektroden im Gehirn können bei Parkinson Symptome lindern, sind | |
aber schwer verträglich. Nun ist eine Alternative entwickelt worden. | |
Durchbruch in der Kryptologie: Mary Stuarts verschlüsselte Briefe | |
Ein internationales Forscherteam hat Briefe von Mary Stuart I. | |
entschlüsselt. Geholfen hat dabei ein Algorithmus. | |
Alternativen zu Tierversuchen: Miniorgane aus der Petrischale | |
Winzige künstliche Organe aus menschlichen Zellen, könnten in der Forschung | |
teilweise Tierversuche ersetzen. Ein Laborbesuch. | |
Tierversuche an Makaken-Affen in Bremen: Ein weiteres Jahr erlaubt | |
Der Bremer Senat verlängert die Tierversuche an Makaken-Affen – aber das | |
ist möglicherweise das letzte Mal, weil sich die Rechtslage geändert hat. | |
Gericht verurteilt Labormitarbeiter: Strafe für psychische Quälerei | |
In einer niedersächsischen Tierversuchsfirma filmten Aktivisten, wie Affen | |
gequält wurden. Nun bekam ein Assistent eine Geldstrafe. | |
Abstimmung über Grundrechte für Affen: Primaten entscheiden über Primaten | |
In Basel wird darüber abgestimmt, ob Menschenaffen Grundrechte erhalten. | |
Die Initiative von Tierschützern zielt auf die lokale Pharmaindustrie ab. |