| # taz.de -- Hamburgs Bezahlkarte für Geflüchtete: Leben am Gängelband | |
| > Hamburg fügt mit seiner Social Card Geflüchteten maximalen Schaden zu – | |
| > und setzt damit den Ton für die bundesweite Debatte. | |
| Bild: Oft nur Barzahlung möglich: Mit der Social Card wird man im Sozialkaufha… | |
| Dass Hamburg nach 2015 erneut nicht in der Lage ist, Geflüchtete | |
| menschenwürdig unterzubringen und [1][auf Zelte setzt], kann man | |
| unprofessionell finden. Aber zumindest ist nicht nachweisbar, dass dahinter | |
| böse Absicht steckt. Anders bei der euphemistisch sogenannten [2][Social | |
| Card]: Die ist völlig ohne Not so konfiguriert, dass sie den Geflüchteten | |
| maximalen Schaden zufügt, aber gerade noch so verfassungskonform ist. | |
| Durch die Begrenzung auf 50 Euro Bargeldabhebung im Monat führen | |
| Neuankömmlinge in Hamburg [3][ein Leben am Gängelband]. Ständig müssen sie | |
| überlegen, wo sie was kaufen, wie weit das Bargeld reicht, was sie mit der | |
| Karte bezahlen – und ob das Gebühren kostet. Und das in einem Land, das sie | |
| gerade erst kennen und verstehen lernen. | |
| Einkaufsmöglichkeiten, auf die Geflüchtete mit ihren 185 Euro im Monat | |
| dringend angewiesen sind, wie Sozialkaufhäuser, Flohmärkte oder | |
| Kleinanzeigen, fallen fast völlig weg. Das karge Monatsbudget, ohnehin | |
| unterhalb des Existenzminimums, bietet Geflüchteten so für jeden Euro noch | |
| weniger Kaufkraft als anderen Armen. | |
| Dass es auch anders geht, hätte Hamburg beim Blick nach nebenan sehen | |
| können: [4][Auch Hannover] wollte seine Verwaltung von der | |
| Bargeldauszahlung entlasten und hat die Social Card eingeführt, kommt dabei | |
| aber ohne Bargeldbeschränkung aus. Die ist reine Schikane und verfolgt den | |
| einzigen Zweck, Geflüchtete abzuschrecken. | |
| ## Menschen zweiter Klasse | |
| Überdeutlich wird das daran, dass Hamburg Asylsuchenden auch dann ihr Geld | |
| nur auf die Plastikkarte zahlen will, wenn sie längst ein eigenes Konto | |
| haben, etwa weil sie Arbeit gefunden haben. Das Signal ist: Ihr könnt euch | |
| anstrengen, wie ihr wollt, ihr seid – und bleibt – hier Menschen zweiter | |
| Klasse. Es wirkt auch in die Gesellschaft hinein. | |
| Dass Hamburg mit dieser restriktiven Regelung als erstes Land vorprescht, | |
| ist beschämend. Und es ist politisch gefährlich. Denn damit setzt der | |
| vermeintlich liberale Stadtstaat den Ton für die bundesweite Debatte. Wenn | |
| nicht nur ein paar Landräte in der thüringischen Provinz die | |
| [5][Bezahlkarte] missbrauchen, um Geflüchtete zu drangsalieren, sondern das | |
| rot-grüne Hamburg – wie sollen andere Länder dann Skrupel entwickeln? | |
| Beschämend ist auch, dass die Behörden in Hamburg so eine gravierende | |
| Einschränkung durchziehen können, ohne dass das Parlament etwas mitzureden | |
| hätte. In Schleswig-Holstein etwa gab es eine leidenschaftliche Debatte im | |
| Landtag – ein Jahr bevor die Karte kommt. | |
| Hamburgs SPD hat die Schikanen gegen die Schwächsten sogar offensiv | |
| bejubelt. Die Grünen scheinen ganz froh, dass sie sich nicht selbst die | |
| Hände schmutzig machen müssen. Sie haben schließlich schon für viel weniger | |
| Koalitionskräche vom Zaun gebrochen, wegen ein bisschen Elbschlick oder | |
| [6][ein paar Metern Brückenhöhe]. | |
| Eine offene Debatte in der Bürgerschaft wäre das Mindeste gewesen. Dabei | |
| wäre vielleicht auch deutlich geworden, bei wem rassistische Ausgrenzung | |
| zum politischen Markenkern gehört – und wer nur auf der Zeitgeistwelle | |
| mitschwimmt. | |
| 29 Mar 2024 | |
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| [5] https://www.socialcard.de/ | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Kahlcke | |
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