| # taz.de -- Zu wenig Plätze in Unterkünften: Geflüchtete sollen in Parks zel… | |
| > Hamburg reaktiviert ein Gesetz von 2015, das die Beschlagnahme von | |
| > Immobilien ermöglicht. Die Sozialbehörde schwört die Bezirke auf Notlage | |
| > ein. | |
| Bild: Könnten in Hamburg wie 2015 bald wieder mehr zum Einsatz kommen: Wohnzel… | |
| hamburg taz | Hamburg wird erneut die Beschlagnahme von Grundstücken und | |
| Gebäuden ermöglichen, um Geflüchtete unterzubringen. Eine entsprechende | |
| Gesetzesvorlage für die Bürgerschaft hat der Senat am Dienstag beschlossen. | |
| Rechtsgrundlage ist das Hamburgische Gesetz zum Schutz der öffentlichen | |
| Sicherheit und Ordnung (SOG), wo es in [1][Paragraf 14a] vage heißt, | |
| „Sachen“ dürften „sichergestellt“ werden, wenn dies zur Aufrechterhalt… | |
| der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. [2][Erstmals | |
| eingeführt] hatte die Stadt diese Regelung im Flüchtlingssommer 2015, nach | |
| zwei Jahren war sie ausgelaufen, ohne dass sie zur Anwendung gekommen wäre. | |
| Auch nun soll sie wieder auf zwei Jahre befristet werden. | |
| Schon am Vortag hatte Sozialstaatsrätin Petra Lotzkat sich in einem | |
| Schreiben an die sieben Bezirksversammlungen gewandt, die Hamburger | |
| Kommunalparlamente, wie das Hamburger Abendblatt zuerst berichtete. Darin | |
| hatte sie praktisch den Notstand bei der Unterbringung von Geflüchteten | |
| erklärt. Bislang habe man den Unterbringungsbedarf „durch die Anmietung von | |
| Hotels und Hostels, den Umbau ehemaliger Gewerbeobjekte, die Errichtung | |
| weiterer Interimsstandorte und verschiedene Notstandorte“ aufgefangen. Das | |
| werde aber immer schwieriger. | |
| Denn im laufenden Jahr müssten vertraglich bedingt bestehende Unterkünfte | |
| mit einem Volumen von 3.200 Wohnplätzen schließen, 870 davon schon bis | |
| Mitte April. Die mittlere Prognose der Behörde zum Fluchtgeschehen | |
| erfordere außerdem 3.000 zusätzliche Plätze bis Jahresende. Insgesamt muss | |
| Hamburg also über 6.000 neue Plätze schaffen – wenn die weltweiten | |
| Fluchtursachen sich nicht weiter verschärfen. | |
| Die vorhandenen Unterkünfte seien zu 98 Prozent ausgelastet, schreibt | |
| Lotzkat. Insgesamt sei die Zahl der Menschen in öffentlicher Unterbringung, | |
| neben Geflüchteten etwa auch Wohnungslose, von 29.000 im Jahr 2020 um 65 | |
| Prozent auf 47.300 gestiegen – das sind so viele wie noch nie. Größter | |
| Faktor bei diesem Anstieg sind Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. | |
| Nun will die Sozialbehörde auch wieder verstärkt [3][auf die Unterbringung | |
| in Zelten setzen]. Und zwar nicht nur an existierenden Unterkünften, wo die | |
| Zeltbewohner:innen zumindest die Sanitäranlagen mitnutzen könnten. | |
| Lotzkat bereitet die Bezirke auf das Schlimmste vor: Es müsse „in Betracht | |
| gezogen werden, öffentliche Parks und Festplätze für die Unterbringung zu | |
| nutzen“. Auf die bestehende Belastung von Stadtteilen könne „aktuell | |
| weitestgehend keine Rücksicht genommen werden“, so Lotzka „jede in Betracht | |
| kommende Fläche und Immobilie“ müsse genutzt werden. | |
| Einen „Würgegriff“ wenige Monate vor den Bezirkswahlen nannte die Altonaer | |
| FDP-Fraktionschefin Katharina Blume es, „wenn die Sozialbehörde | |
| kommuniziert, dass Widerstand zwecklos ist“. Der Chef der | |
| CDU-Bürgerschaftsfraktion Dennis Thering sprach von einer | |
| „Bankrotterklärung“ des Senats. Statt lokale Lösungen anzubieten, beklagte | |
| er einmal mehr, dass Bund und Länder keine wirksamen Maßnahmen ergriffen | |
| hätten, den „Flüchtlingszustrom“ nach Deutschland und Hamburg zu | |
| „begrenzen“. | |
| ## Kritik an „Alarmismus“ und „Dramatisierung“ | |
| Die Linke-Bürgerschaftsfraktion hatte schon vor über einem Jahr die | |
| Beschlagnahme vor allem von leer stehenden Gewerbeimmobilien zur | |
| Unterbringung Geflüchteter gefordert. Aktuell kritisiert die | |
| fluchtpolitische Sprecherin Carola Ensslen „alarmistische“ Aussagen der | |
| Sozialbehörde, die den Eindruck erweckten „als sei unsere Naherholung in | |
| Gefahr“. Damit würden Geflüchtete zu Sündenböcken für eine Situation, �… | |
| die sie nichts können“. | |
| „Überrascht“, zeigt sich auch Manfred Ossenbeck vom [4][Bündnis Hamburger | |
| Flüchtlingsinitiativen], „dass das so dramatisiert worden ist – dabei sind | |
| die Ankunftszahlen seit November beständig rückläufig“. Offenbar mache sich | |
| derzeit vor allem bemerkbar, dass Mietverträge mit Hotels ausliefen, die im | |
| Sommer wieder für reguläre Gäste öffnen wollten. | |
| „Das System ist grundsätzlich verstopft“, sagt Ossenbeck. Die Leute kämen | |
| aus den Erstaufnahmeeinrichtungen nicht raus, weil sie auf dem | |
| Wohnungsmarkt nichts fänden. „Es muss wieder mehr gebaut werden“, fordert | |
| er. Das Programm „Unterkunft mit Perspektive Wohnen“, mit dem 28.000 | |
| Sozialwohnungen für Geflüchtete geschaffen werden sollten, habe nur 5.000 | |
| Wohnungen gebracht. Dann habe die Stadt es auslaufen lassen, jahrelang sei | |
| nichts passiert. Erst 2023 wurde es unter dem Titel „In Zukunft wohnen“ | |
| wieder aufgenommen. | |
| 26 Mar 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/jlr-SOGHApP14/part/S | |
| [2] /Hamburgs-Suche-nach-Unterkuenften/!5234852 | |
| [3] /Zustrom-erwartet/!5881930 | |
| [4] https://bhfi.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Kahlcke | |
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