# taz.de -- Grenze zwischen Mexiko und USA: Sie wollen kein Auffanglager werden | |
> USA hat die Einreise für asylsuchende lateinamerikanische Migranten | |
> erschwert. Mexiko zieht nun nach. Grund dafür ist das Auflaufen des | |
> „Titels 42“. | |
Bild: Hunderte von Geflüchteten warten weiterhin an der Grenzmauer zu den USA | |
OAXACA taz | Der große Ansturm blieb aus. „Es befinden zwar weiterhin sehr | |
viele Nichtbürger an der Grenze, aber wir sehen keine substanzielle | |
Zunahme“, erklärte das US-Sicherheitsministerium, nachdem in der Nacht zum | |
Freitag in den USA eine Regelung ausgelaufen war, die besonders schnelle | |
Abschiebungen ermöglichte. Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard gab | |
ebenfalls Entwarnung. Der Zustrom von Migrant*innen gehe zurück, es habe | |
keine gewaltsamen Auseinandersetzungen gegeben, sagte er. | |
Dennoch ist die Lage an der Grenze zwischen Mexiko und den USA angespannt. | |
Zehntausende Menschen aus Haiti, Venezuela, Kuba und Mittelamerika reisten | |
in den letzten Wochen an den Rio Bravo, der die beiden Staaten trennt. | |
Überfüllte Herbergen sowie unzählige Lagerstätten auf den Straßen zeugen | |
von der Hoffnung, [1][die viele in das Auslaufen jenes „Titel 42“ legten]. | |
Mit der Regelung, die unter Donald Trump zu Pandemiezeiten eingeführt | |
wurde, konnten bis Donnerstag illegal in die USA Eingereiste aus | |
gesundheitspolitischen Gründen sofort wieder abgeschoben werden. Das ist | |
nun vorbei. | |
Trotzdem sei die Grenze keineswegs offen, stellte die US-Regierung schnell | |
klar. „Wer nicht die legalen Wege nutzt, um in die USA einzureisen, muss | |
mit noch härteren Konsequenzen rechnen, bis hin zu einem fünfjährigen | |
Einreiseverbot oder einem Strafverfahren“, sagte Sicherheitsminister | |
Alejandro Mayorkas. Mit dem „legalen Weg“ meint er eine App, mit der | |
Asylsuchende in Mexiko einen Termin mit den US-Behörden vereinbaren können. | |
Doch Betroffene berichten, die App namens „CBP One“ funktioniere schlecht | |
und sei meist überlastet. Ohnehin werden täglich höchstens 1.000 Anhörungen | |
vergeben. | |
Alternativ müssen Schutzsuchende nachweisen, dass sie in Durchreiseländern | |
einen Asylantrag gestellt haben und dieser abgelehnt wurde. Illegal | |
Eingereiste werden sofort wieder abgeschoben, wenn sie nicht glaubhaft | |
nachweisen können, dass sie in ihrem Herkunftsland verfolgt werden. Viele | |
dieser Maßnahmen existierten schon, wurden aber unter Titel 42 kaum | |
angewandt. | |
## Kein Chaos und keine Gewalt an der Grenze | |
Mexikos Außenminister Ebrard ist zufrieden: „Die USA erfüllen ihren Teil. | |
Sie haben 360.000 Genehmigungen für jene angeboten, die ihr Verfahren über | |
CBP One angehen.“ Dem Auslaufen des Titel 42 waren Verhandlungen zwischen | |
den beiden Regierungen vorausgegangen. | |
Und wie sich jetzt zeigt, ist Mexiko bereit, die Wanderungsbewegungen | |
einzudämmen. „Wir werden der US-Regierung in allem helfen und mit ihr | |
kooperieren, damit es an der Grenze kein Chaos und erst recht keine Gewalt | |
gibt“, erklärte Präsident Andrés Manuel López Obrador am Freitag. An die | |
Grenzen wurden weitere Nationalgardisten und andere Sicherheitskräfte | |
mobilisiert. | |
## Künftig keine humanitären Visa mehr | |
Zudem stellen Mexikos Migrationsbehörden künftig keine [2][„humanitären | |
Visa“] mehr aus. Diese Dokumente ermöglichten es bislang, 30 Tage legal | |
durch Mexiko zu reisen. Das nutzten viele, die an Mexikos Südgrenze | |
einreisten und an der Nordgrenze wieder rauswollten. Die Visastreichung | |
heißt nun, dass sich nun noch mehr Menschen in die Hände der Mafia begeben | |
müssen, um den Rio Bravo zu erreichen. Oder sie müssen sich verstecken. | |
„Die Menschen werden weiter Richtung USA reisen, nur mit weniger | |
Garantien“, kritisiert Migrationsexperte Oswaldo Valenzuela von der | |
Iberoamerikanischen Universität Torreón. Einmal mehr habe Präsident López | |
Obrador akzeptiert, die Drecksarbeit für die USA zu übernehmen, | |
[3][kommentiert Raymundo Riva Palacio in der Zeitung El Financiero]. | |
Ganz anders stellt sich die Sache für die Regierung dar: Es sitzen immer | |
mehr Menschen in Mexiko fest. Wegen der schlechten Bedingungen müssen 33 | |
Sammelstellen geschlossen und überprüft werden, nachdem im März beim Brand | |
eines Internierungslagers für Migrant*innen 40 Menschen starben. Am | |
Freitag erklärte Außenminister Ebrard, man werde wegen fehlender | |
Kapazitäten maximal 1.000 aus den USA Abgeschobene aufnehmen. | |
15 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Fluechtlinge-an-US-Grenze/!5933890 | |
[2] /Kommentar-USA-und-Mexiko/!5601487 | |
[3] https://www.elfinanciero.com.mx/opinion/raymundo-riva-palacio/2023/05/12/ot… | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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