| # taz.de -- Gipfeltreffen Nord- und Südkorea: Ein Tag für die Geschichtsbüch… | |
| > Beim Treffen der Länder kam weitaus mehr heraus als erwartet: Die | |
| > Atomwaffen sollen verschwinden, die Staaten endlich Frieden schließen. | |
| Bild: Beten für ein gutes Gipfeltreffen am Freitag in Seoul | |
| Seoul taz | Der erste innerkoreanische Gipfel seit elf Jahren ist am | |
| Freitag mit einem gehörigen Paukenschlag zu Ende gegangen: Beide Seiten | |
| erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme ihren Willen zur vollständigen | |
| nuklearen Abrüstung Nordkoreas. Militärische Feindseligkeiten und | |
| Propaganda an der Grenze sollen zum 1. Mai eingestellt, humanitäre | |
| Austauschprojekte wiederaufgenommen werden. Im nordkoreanischen Gaesong | |
| wird ein gemeinsames Büro für gegenseitige Beziehungen eröffnet. An | |
| Sportereignissen wie den Asien-Spielen 2018 nehmen die Mannschaften beider | |
| Länder gemeinsam teil. Für den 15. August ist eine Familien-zusammenführung | |
| geplant. Die Entmilitarisierte Zone Panmunjeom wird zu einer | |
| „Friedenszone“. | |
| „Es gibt jetzt kein Zurück mehr, eine neue Ära des Friedens hat begonnen“, | |
| sagte Südkoreas Präsident Moon Jae In. Dann wurde er von einem lächelnden | |
| Kim Jong Un umarmt – ein ikonisches Bild, das wohl in die Geschichtsbücher | |
| eingehen wird. Moon wird Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang im Herbst | |
| besuchen. | |
| Überhaupt war das Aufeinandertreffen der beiden im Grenzort Panmunjeom | |
| symbolisch aufgeladen. Als sich die Staatsoberhäupter in der Zwischenpause | |
| zum Tee auf einer Bank trafen, lauschte ein geradezu bescheiden wirkender | |
| Kim Jong Un aufmerksam den Ausführungen des nahezu doppelt so alten Moon – | |
| so hat man den Despoten aus Nordkorea nie zuvor gesehen. Überhaupt wurde | |
| seine Stimme von den meisten Südkoreanern noch nie vernommen: „Kim Jong Un | |
| ist so alt wie ich, aber er klingt wie mein alter Onkel“, schreibt eine | |
| Twitter-Userin. | |
| Einige NGOs bedauerten, dass das Thema Menschenrechte bei dem | |
| achteinhalbstündigen Treffen nicht zur Sprache kam. Sas Wall Street | |
| Journal kritisierte, die Stellungnahme von Kim und Moon bei der | |
| Abrüstungsfrage sei nicht konkret genug. | |
| ## „Mir fehlen immer noch die Worte“ | |
| Dennoch war der Freitag zweifelsohne ein historischer Tag für die beiden | |
| Koreas. „Als ich den Handschlag zwischen Moon und Kim gesehen habe, hat | |
| mich das zutiefst gerührt – mir fehlen immer noch die Worte“, sagt Kim Yeon | |
| Gyeong. Die 52-jährige Angestellte einer Marketingfirma hat an diesem | |
| frühlingshaften Morgen das innerkoreanische Gipfeltreffen auf einem | |
| riesigen Bildschirm am Rathausplatz mitverfolgt. | |
| Am selben mit historischer Bedeutung aufgeladenen Platz hat Frau Kim | |
| bereits vor 15 Jahren die Weltmeisterschaft in ihrem Heimatland angeschaut. | |
| Anfang der 200er Jahre gehörte sie zu den ersten Südkoreanern, die im Zuge | |
| der sogenannten Sonnenscheinpolitik in den Norden reiste. Wenig später | |
| erlebte die Südkoreanerin, wie das politische Tauwetter in einer bitteren | |
| Enttäuschung endete. „Diesmal jedoch fühlt es sich anders an – das sieht | |
| man schon daran, dass diesmal erstmals ein nordkoreanischer Präsident in | |
| den Süden gegangen ist.“ | |
| Und dann spricht sie, die bekennende Linke, Lob für einen US-Präsidenten | |
| aus, den sie noch vor Kurzem zutiefst ablehnte. „Sosehr ich Obama ansonsten | |
| respektiere, für Korea hat er acht Jahre lang nichts getan. Trump hingegen | |
| ist kein typischer Imperialist, sondern ein pragmatischer Geschäftsmann – | |
| wenn er mit Kim einen Deal herausschlagen kann, dann wird er das tun.“ | |
| Ohne Frage trägt Trumps Sanktionspolitik dazu bei, dass Nordkorea sich nun | |
| an den Verhandlungstisch bewegt. Kim Jong Un hat – im Gegensatz zu seinem | |
| Vater und seinem Großvater – seiner Bevölkerung schon von früh an | |
| wirtschaftlichen Aufschwung versprochen. Dieses Versprechen kann er jedoch | |
| nur einlösen, wenn die Wirtschaftssanktionen – seit Chinas Implementierung | |
| eine De-facto-Wirtschaftsblockade – aufgehoben werden. Ohne nukleare | |
| Abrüstung wird das jedoch nicht geschehen. | |
| ## Hunderte Südkoreaner demonstrierten gegen das Treffen | |
| Vor allem aber ist das innerkroeanische Tauwetter dem diplomatischen | |
| Geschick des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In zu verdanken. Der | |
| 65-Jährige hat als Vermittler zwischen den zwei ideologisch Verfeindeten in | |
| Washington und Pjöngjang fungiert – ohne ihn wären die jüngsten | |
| Entwicklungen nicht denkbar. Vor allem auch, weil er mit seiner | |
| konsequenten Haltung – Gesprächsbereitschaft bei gleichzeitigem Festhalten | |
| an den Sanktionen – das Vertrauen der Nordkoreaner errungen hat. | |
| Doch nicht jeden Südkoreaner hat das heutige Gipfeltreffen erfreut. „Ich | |
| habe all das schon mal erlebt, die letzte Annäherung endete in einem großen | |
| Desaster. Nordkorea kann ich seither nicht mehr über den Weg trauen“, sagt | |
| Lee A Hyeon, eine Hausfrau Anfang 50. Wie sie sind Hunderte Südkoreaner ins | |
| Stadtzentrum gezogen, um gegen das Gipfeltreffen zu demonstrieren. | |
| Auch Donald Trump bezeichnete auf seinem Twitter-Kanal das Treffen zwischen | |
| Kim und Trump als „historisch“: “Gute Dinge passieren, aber letztlich wird | |
| es die Zukunft zeigen“, schreibt er. Damit spielt er ohne Frage auf sein | |
| Gipfeltreffen mit Kim Jong Un an. Dort, so hoffen viele Koreaner, wird er | |
| den Friedensdeal endgültig besiegeln. | |
| 27 Apr 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Fabian Kretschmer | |
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