# taz.de -- Gipfel der Autokraten in Usbekistan: Diktatorenreigen in Samarkand | |
> In Samarkand treffen sich Kooperationspartner zum Gipfel. Der türkische | |
> Präsident Erdogan ist unter den Dialogpartnern. | |
Bild: picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP | |
ISTANBUL taz | Es sind die bekanntesten und einflussreichsten Diktatoren | |
und Autokraten der Welt, die sich am Donnerstag und Freitag zu dem | |
[1][Gipfel der Shanghai Kooperation Organisation (SCO)] in der historischen | |
Metropole Samarkand in Usbekistan trafen. Neben Chinas Staatschef [2][Xi | |
Jinping] waren das Russlands [3][Wladimir Putin], die Diktatoren der | |
zentralasiatischen Länder Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und | |
Usbekistan als Gastgeber und als Vertreter der sogenannten größten | |
Demokratie der Welt, Indiens Staatschef Narendra Modi. Auch sein Erzfeind | |
aus Pakistan saß mit am Tisch. | |
Mitten drin in der illustren Runde, die sich selbst sozusagen als | |
Gegenentwurf zum Westen und dessen Institutionen verstehen, der Wanderer | |
zwischen den Welten, [4][Recep Tayyip Erdogan]. Die Türkei ist zwar nicht | |
Mitglied der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, aber Erdogan | |
fühlte sich in der Runde sichtlich wohl. Als weitere Dialogpartner war noch | |
sein enger Verbündeter, Ilham Aliyew, der Diktator von Aserbaidschan vor | |
Ort – beide demonstrierten in Samarkand angesichts der heftigen | |
Feuergefechte zwischen Aserbaidschan und Armenien in dieser Woche noch | |
einmal ihren engen Schulterschluss, indem Erdogan die Schuld an dem | |
neuerlichen Bruch des Waffenstillstandes kategorisch Armenien in die Schuhe | |
schob. | |
Erdogan hob in seiner Ansprache in Samarkand hervor, dass sein Land die | |
Zusammenarbeit mit den asiatischen Staaten in allen Bereichen verstärken | |
möchte. Er hob darauf ab, dass die Türkei als geografische Brücke zwischen | |
Europa und Asien auch politisch als Vermittler wirken möchte. Obwohl nicht | |
stimmberechtigtes Mitglied der Runde erhielt Erdogan dennoch sowohl mit dem | |
chinesischen Staatschef Xin Jinping als auch mit Wladimir Putin jeweils | |
eine extra Gesprächsrunde am Rande der Konferenz. Das Treffen mit Xi | |
Jinping war nicht ohne Brisanz, ist die Türkei doch historisch und | |
politisch der natürliche Verbündete des in China in den letzten Jahren so | |
massiv unterdrückten Turk-Volkes der Uiguren. Viele Uiguren leben in der | |
Türkei, für viele ist das Land der natürliche Fluchtort vor der Repression | |
in China. | |
Doch Erdogan braucht dringend frisches Kapital und will sich deshalb eine | |
engere Zusammenarbeit mit [5][China trotz der Uiguren] nicht länger | |
verschließen. | |
Xi warb in dem Gespräch für eine engere Entwicklungszusammenarbeit und für | |
mehr politisches Vertrauen. Über den Krieg in der Ukraine wurde offiziell | |
nicht geredet, obwohl sich China und die Türkei da weitgehend darin einig | |
sind, dass es möglichst schnell zu Friedensverhandlungen kommen sollte. | |
Gegenüber Modi sagte Putin, er würde den Krieg ja gerne schnell beenden, | |
aber die Ukraine lehnte Verhandlungen ab und wolle lieber eine Entscheidung | |
auf dem Schlachtfeld. | |
## Chinas Präsident Xi völlig einig mit Putin | |
Wie Russland sieht China die Ursache für den Krieg in der Ukraine in dem | |
Maidan Aufstand von 2014. Eindringlich warnte Xi in seiner Rede vor | |
sogenannten „Farbenrevolutionen“, die in den Ländern der Shanghai | |
Kooperationsgruppe vom Westen angezettelt werden könnten. | |
In der Hinsicht ist sich Xi völlig einig mit Putin, der wiederum in | |
Shanghai den Westen scharf attackierte. Konkret ging es Putin um die | |
Umsetzung des Getreideabkommens, durch das seit Anfang August wieder Weizen | |
und andere Lebensmittel aus ukrainischen Häfen auf den Weltmarkt befördert | |
werden kann. | |
Putin sieht den Teil des Abkommens, das die Wiederaufnahme russischer | |
Getreide – und Düngemittellieferungen vorsieht, als nicht erfüllt an. Die | |
EU würden solche Lieferungen aus Russland verhindern. | |
Über diesen Punkt wollte Putin auch mit Erdogan reden, da die Türkei neben | |
den UN der zweite Vertragspartner ist, die das Abkommen zwischen Russland | |
und der Ukraine ausgehandelt hatten und nun die praktische Durchführung | |
überwachen. Am Freitagabend, zum Ende der Konferenz, trafen sich Putin und | |
Erdogan zum vertraulichen Plausch. Laut Putin ging es vor allem um | |
Energielieferungen und die Möglichkeit, dass russische Firmen über die | |
Türkei internationale Geschäfte machen können. | |
Putin war anschließend voll des Lobes für Erdogan, dem er offenbar seinen | |
Wunsch nach verbilligtem Gas erfüllen will. Erdogan hofft, mit billigem Gas | |
die schwindelerregende Inflation von über 100 Prozent in der Türkei | |
rechtzeitig vor den Wahlen im kommenden Frühjahr noch reduzieren zu können. | |
Seinen Landsleuten hat er bereits versprochen, dass sie im Gegensatz zu den | |
Menschen in Europa keinen kalten Winter zu befürchten haben. Viele Freunde | |
in Europa macht Erdogan sich damit nicht. | |
17 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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