# taz.de -- Giffey für konsequentes Abschieben: Ab nach Syrien und Afghanistan | |
> Die SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey will auch in Krisenländer | |
> abschieben. Grünen-Konkurrentin Jarasch ist dagegen. | |
Bild: Franziska Giffey, SPD-Spitzenkandidatin für die Berliner Abgeordnetenhau… | |
BERLIN taz | [1][Franziska Giffey, SPD-Spitzenkandidatin] für die | |
Abgeordnetenhauswahl im Herbst, will Straftäter und Gefährder konsequent | |
auch nach Syrien und Afghanistan abschieben. „Ich bin da ganz klar: | |
Schwerverbrecher und terroristische Gefährder müssen abgeschoben werden“, | |
hatte Giffey der Bild am Sonntag gesagt. Wer Schutz vor Krieg suche, sei | |
willkommen, sagte sie weiter. „Wer aber schwere Straftaten begeht, wer | |
Menschen vergewaltigt oder ermordet, hat sein Recht auf Asyl verwirkt.“ Da | |
müsse man auch stärker die „Perspektive der Opfer“ von Straftätern in den | |
Blick nehmen. | |
Bei den aktuellen und auch potenziellen künftigen Koalitionspartnern von | |
Grünen und Linken stößt diese Position auf Ablehnung. „Wenn ich mit der | |
Opferperspektive argumentieren will, dann erreiche ich durch Abschiebungen | |
gerade das Gegenteil von Sicherheit“, sagt die [2][Berliner | |
Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek] der taz. Wenn man Opferschutz ernst | |
meine, dann müsse man Menschen, die hier Straftaten begangen haben, „auch | |
dem deutschen Rechtsstaat aussetzen“, so Kapek. | |
Giffeys grüne Konkurrentin im Rennen um den Bürgermeisterinnen-Posten im | |
Herbst, [3][Bettina Jarasch], sagte: „Straftäter gehören hinter Schloss und | |
Riegel und nicht in ein Abschiebeflugzeug ins Ungewisse.“ | |
Abschiebungen nach Afghanistan sind grundsätzlich erlaubt, auch wenn die | |
Menschenrechtslage sich nach dem Abzug der deutschen SoldatInnen eher | |
wieder zu verschlechtern scheint. Der generelle Abschiebestopp nach Syrien | |
gilt seit Jahresbeginn nicht mehr, allerdings muss jeder Einzelfall geprüft | |
werden. | |
## „Abgehoben und populistisch“ | |
Das allerdings sei ohnehin schwierig, weil es dafür erstmal diplomatische | |
Beziehungen zum syrischen Regie geben müsste, sagt der innenpolitische | |
Sprecher der Grünen-Fraktion, Benedikt Lux. Insofern sei Giffeys | |
Abschiebe-Position „ein bisschen abgehoben und vor allem populistisch.“ | |
Deutlicher wird noch Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken. | |
Giffey fische mit ihrer Position „am rechten Rand.“ Menschen in | |
Kriegsgebiete zu schicken, „heißt, sie in Lebensgefahr zu bringen.“ Zudem | |
sagt auch Schrader: „Wer suggeriert, man könne durch Abschiebungen mehr | |
Sicherheit schaffen, übernimmt die Erzählung der Rechten.“ Für Straftäter | |
habe man „einen Rechtsstaat in Deutschland, dem Frau Giffey offenbar | |
misstraut.“ | |
Giffey ist damit immerhin durchaus auf der Linie von Innensenator Andreas | |
Geisel (SPD), der in der Vergangenheit auch stets für [4][Abschiebungen von | |
Straftätern und Gefährdern] nach Einzelfallprüfung und zum Schutz der | |
BürgerInnen plädiert hatte – allerdings ging es da um Afghanistan, nicht um | |
Syrien. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Zimmermann, | |
sagte ebenfalls am Sonntag: „Ich halte diese Position für richtig. Bei | |
Straftätern und Gefährdern darf und kann es Abschiebungen geben.“ | |
Die Position der Berliner SPD ist allerdings eine andere: Auf dem | |
Landesparteitag Ende April wurde ein Antrag angenommen, sich „weiterhin für | |
einen bundesweiten Abschiebungsstopp zu Afghanistan und Syrien | |
einzusetzen.“ Zudem solle, wie im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag | |
vereinbart, „auch im Einzelfall“ nicht nach Syrien oder Afghanistan | |
abgeschoben werden.“ | |
Im laufenden Jahr wurden laut einer Antwort der Innenverwaltung auf eine | |
Anfrage der Linken-Landesvorsitzenden Katina Schubert drei Menschen „in | |
Zuständigkeit Berlins“ nach Afghanistan abgeschoben. Seit 2016 bis zum | |
Stichtag 31. März 2021 seien insgesamt „neun afghanische Ausreisepflichtige | |
aus ‚Strafhaft‘ zurückgeführt“ worden, heißt es außerdem weiter. | |
Giffey bezog sich mit ihrem Plädoyer für Abschiebungen auch auf die | |
[5][Messer-Attacke in Würzburg am 25. Juni]. Ein Asylbewerber aus Somalia | |
hatte mit einem Küchenmesser auf Menschen eingestochen, drei Frauen | |
starben. „Die Anzeichen für eine Radikalisierung oder für eine schwere | |
psychische Erkrankung wurden entweder nicht gesehen oder nicht beachtet“, | |
sagte Giffey. Ob der Täter tatsächlich ein islamistisches Motiv hatte, ist | |
indes weiterhin unklar. Giffey werfe „Nebelkerzen und instrumentalisiert | |
die Opfer von Würzburg für gefährlichen Populismus“, kritisierte | |
Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch. | |
4 Jul 2021 | |
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[4] /Abschiebung-nach-Afghanistan/!5764373 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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