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# taz.de -- UN-Hilfen für Idlib: Hunger und Macht
> Die UNO und Russland haben sich geeinigt: Sechs Monate noch können
> Hilfsgüter nach Syrien gebracht werden – über einen einzigen
> Grenzübergang. Das ist kein Erfolg.
Bild: Einziger Weg für Hilfe: der Grenzübergang in Bab al-Hawa an der syrisch…
Die USA und Russland loben sich dafür, im Sicherheitsrat einen
[1][Kompromiss für die Hilfslieferungen nach Nordwestsyrien] gefunden zu
haben. Doch der Kompromiss, dass die UNO nun für weitere sechs Monate
Hilfen über die Türkei an 4 Millionen Notleidende in Nordwestsyrien
schicken kann, ist ein Versagen. Schon im Winter muss erneut darüber
debattiert werden, wie die Millionen Vertriebenen, die in unfertigen
Häusern oder Zelten leben, an Essen kommen. Mit einem einzigen für Hilfen
offenen Grenzübergang wird lediglich der Status quo erhalten.
Russland hatte mit der Souveränität Syriens argumentiert und damit die
Frage nach humanitärer Hilfe wieder einmal zu einer geopolitischen gemacht.
Doch Hunger darf kein politisches Druckmittel sein, um eine Zusammenarbeit
mit Assad zu erzwingen. Grenzübergänge für Hilfen aus dem Irak und
Jordanien sind schon geschlossen, weil Russland und China sich im
Sicherheitsrat quer stellten. Seit der Schließung des Grenzübergangs Al
Yarubiyah im Januar 2020 ist laut der Organisation CARE der Bedarf an
humanitärer Hilfe im Nordosten Syriens um 38 Prozent gestiegen. Die
Diskussion um [2][Bab el-Hawa] hat davon abgelenkt, dass es mehr Zugänge
geben müsste – und nicht weniger. Es braucht dringend eine politische
Lösung.
Russland erzwang von UNO-Generalsekretär António Guterres auch eine
Einschätzung über alternative Routen für die Hilfsgüter via Damaskus. Doch
das ist Humbug: Die Güter müssten dann von Damaskus im Südwesten des Landes
aus nach Nordwestsyrien gebracht werden – entlang der Frontlinie in
Rebellengebiete, die Assad aushungern möchte. Trotz monatelanger Gespräche
ist bisher kein Truck mit Hilfslieferungen nach Nordwestsyrien gelangt.
Mehr noch: Ohne Monitoring der UNO könnten die Hilfen vom Regime selbst
abgezwackt werden, denn Assad braucht dringend selbst Ressourcen, um
Sanktionen zu umgehen und die Bevölkerung in seinen Gebieten zu ernähren.
## Das Veto-Problem
Die irrsinnige Debatte darum, eine Lebensader zu offenzuhalten, zeigt
einmal mehr, dass die Institution des Sicherheitsrates, mit fünf großen
Veto-Mächten, den Grundsätzen der humanitären Hilfe widerspricht: Er
verhindert Unparteilichkeit und macht die UN zu einem politischen
Instrument, das von alten Großmächten lenk- und erpressbar ist.
Dass die UNO sich politischem Druck beugt, hat sie schon mehrfach bewiesen:
Die syrische Regierung drohte seit 2011 immer wieder damit, der UNO Visa
und Genehmigungen zu entziehen, sollten Grenzübergänge gegen ihren Willen
passierbar bleiben. Die UNO musste sich darauf einlassen, um zumindest
jenen Hungernden zu helfen, die in den Gebieten unter Assads Führung leben.
Die großen Geberländer, darunter auch Deutschland, müssen daher dringend
alternative Wege finden, um auch ohne UNO-Mandat eigenständig Medizin,
Zelte und Mehl an Zivilist*innen liefern zu können.
10 Jul 2021
## LINKS
[1] /UN-Hilfe-fuer-Syrien/!5784780
[2] /Streit-um-UN-Hilfsgueter-fuer-Syrien/!5783758
## AUTOREN
Julia Neumann
## TAGS
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