# taz.de -- Folter Geflüchteter in Syrien: „Du gehst in deinen Tod“ | |
> In Syrien misshandelt das Regime zurückkehrende Flüchtlinge. Amnesty | |
> International hat Dutzende Fälle von Folter und Vergewaltigungen | |
> aufgezeichnet. | |
Bild: Syrien ist nicht sicher: Beerdigung in Balashun nach Raketen des Assad-Re… | |
Berlin taz | „Im Libanon haben mir die Menschen gesagt, ich soll nicht | |
zurückgehen: Du gehst direkt in deinen Tod, haben sie gesagt. Ich habe | |
ihnen nicht geglaubt“, berichtet Karim, der eigentlich anders heißt, der | |
Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Dem Tod ist er entkommen, | |
aber er erlebte Schreckliches. Als der Syrer, der während des Bürgerkrieges | |
in den Libanon geflohen war, in sein Heimatland zurückkehrte, landete er | |
für sechs Monate in einem [1][Foltergefängnis des syrischen Regimes]. | |
Amnesty International hat das Schicksal Dutzender Rückkehrer*innen wie | |
Karim dokumentiert. Der [2][am Dienstag veröffentlichte Bericht] schildert | |
„schreckliche Übergriffe“ gegen 66 Rückkehrer*innen – darunter 13 | |
Kinder. Die Sicherheitskräfte von Machthaber Baschar al-Assad haben die | |
Geflüchteten demnach willkürlich inhaftiert, gefoltert, vergewaltigt. Fünf | |
Menschen sind in Haft gestorben. Von 17 weiteren Rückkehrer*innen fehlt | |
jede Spur. | |
Die Schilderungen der Geflüchteten, Angehörigen und Expert*innen vor | |
Ort, mit denen Amnesty-Mitarbeiter*innen Interviews geführt haben, sind | |
grauenhaft. So berichtet ein Mann, der nach seiner Rückkehr dreieinhalb | |
Monate festgehalten wurde: „Sie verabreichten mir Stromschläge zwischen die | |
Augen. Ich fühlte, wie mein gesamtes Gehirn erzitterte. (…) Ich war nicht | |
mehr in der Lage, mich aufrecht zu halten, meine Schulter war ausgekugelt | |
(…) ich wünschte mir den Tod.“ | |
In mehreren Ländern, die Geflüchtete aus Syrien aufgenommen haben, wird | |
derzeit diskutiert, ob das Land mittlerweile so „sicher“ ist, dass die | |
Menschen dorthin abgeschoben werden können, oder ob sie gar nicht erst | |
aufgenommen werden. | |
## Peiniger am Grenzübergang | |
Tatsächlich wird in Syrien kaum noch militärisch gekämpft, Assad hat sich | |
im Großteil des Landes wieder die Macht gesichert. Syrien sei sicher, so | |
lautet seine Botschaft. Wiederholt forderte er Geflüchtete auf | |
zurückzukehren. Von den rund 6,6 Millionen Menschen, die seit Beginn des | |
Krieges 2011 vor Gewalt und Bomben aus Syrien geflohen waren, sind laut den | |
Vereinten Nationen seit 2016 mindestens 280.000 zurückgekehrt. | |
Doch diese Menschen betrachtet das Assad-Regime als „illoyal“. Amnesty | |
führt die Misshandlungen der Rückkehrer*innen darauf zurück, dass sie | |
das Regime als Oppositionelle betrachtet – schlicht weil sie das Land | |
verlassen haben. | |
Eine Frau zitiert die Worte eines syrischen Beamten, als sie die Grenze von | |
Libanon aus überschreiten wollte: „Warum hast du Syrien verlassen? Weil du | |
Baschar al-Assad nicht magst und weil du Syrien nicht magst? Du bist eine | |
Terroristin.“ Dann habe der Grenzbeamte sie und ihre fünfjährige Tochter | |
vergewaltigt. Amnesty dokumentierte 13 weitere Vergewaltigungen an | |
Grenzübergängen oder in Gefängnissen, darunter Kinder, Frauen und Männer. | |
## „Kein Teil Syriens ist sicher“ | |
Nichtsdestotrotz hat Deutschland den [3][Abschiebestopp nach Syrien bereits | |
Ende 2020] ausgesetzt, nun werden Einzelfälle geprüft. Der Libanon und die | |
Türkei, jene Länder, in denen besonders viele syrische Geflüchtete unter | |
prekären Bedingungen leben, erhöhen den Druck auf diese Menschen. | |
In Europa ist [4][Dänemark das erste Land], das syrischen Geflüchteten aus | |
dem Großraum Damaskus mit Abschiebung droht. Die dänische Regierung schätzt | |
die Region als „sicher“ ein und hat 2020 Aufenthaltstitel von 94 der 32.000 | |
syrischen Geflüchteten in Dänemark aufgehoben oder nicht verlängert. Dabei | |
ereignete sich ein Drittel der von Amnesty dokumentierten Fälle genau dort. | |
„Kein Teil Syriens ist für Rückkehrer*innen sicher“, sie seien bei | |
ihrer Rückkehr ernsthaft gefährdet, verfolgt zu werden, schlussfolgert | |
Amnesty und fordert insbesondere europäische Regierungen auf, Menschen aus | |
Syrien einen Flüchtlingsstatus zu erteilen. „Jegliche Rückweisung nach | |
Syrien zu dieser Zeit wäre eine Verletzung der internationalen Pflicht.“ | |
7 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Ein-Prozess-der-Geschichte-schreibt/!5737105 | |
[2] https://www.amnesty.de/sites/default/files/2021-09/Amnesty-Bericht-Syrien-F… | |
[3] /Abschiebungen-nach-Syrien/!5750816 | |
[4] /Syrische-Gefluechtete-in-Daenemark/!5762261 | |
## AUTOREN | |
Jana Lapper | |
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