| # taz.de -- Geschäftsführerin über Sozialkaufhaus: „Orte der Begegnung“ | |
| > In Hamburg mussten zuletzt Sozialkaufhäuser schließen. Nun eröffnet mit | |
| > der „Möbelkiste“ ein neues. Geschäftsführerin Karen Risse erklärt, wie | |
| > das geht. | |
| Bild: Große Auswahl, geringer Preis: Der Bedarf an Sozialkaufhäusern ist groß | |
| taz: Frau Risse, Ihr Träger Einfal eröffnet im April in Hamburg ein großes | |
| [1][Sozialkaufhaus] im Stadtteil Barmbek-Süd. Die [2][„Möbelkiste“] | |
| arbeitet ohne staatliche Projektförderung. Wie schaffen Sie das? | |
| Karen Risse: [3][Wir haben gute Kooperationspartner]. Wir bekommen die | |
| Rückläufer von großen Möbelunternehmen: Möbel, die vielleicht mal einen | |
| Detscher haben oder aus dem Sortiment rausgenommen wurden. | |
| Sie retten Möbel vor dem Müll? | |
| Ja, so könnte man es sagen. Möbel, die die Unternehmen sonst entsorgen | |
| müssten. Wir reparieren auch Kaputtes. Wenn bei einem Schrank ein Spiegel | |
| gesprungen ist, tauschen wir den aus. Wir bieten teilweise Neuwaren für | |
| Menschen, die wenig Geld haben und sich sonst nur Gebrauchtes leisten | |
| können. Perspektivisch planen wir auch vor Ort eine Ausgabestelle der | |
| Hamburger Tafel. Und wir bieten auch Elektroartikel, Bekleidung und | |
| Drogerieartikel an. | |
| Und das starten sie ganz neu? | |
| Nein. Die Möbelkiste gab es schon vorher an einem anderen Standort. Wir | |
| hatten aber so viele Spenden, dass es dort zu klein wurde. Deshalb ziehen | |
| wir jetzt um, in ein ehemaliges Möbelgeschäft ein paar hundert Meter | |
| weiter, wo wir eine großzügige Verkaufsfläche von 3.000 Quadratmetern | |
| haben. Die Inhaber hatten aus Altersgründen aufgegeben. Das wird sehr | |
| hübsch und am 4. April eröffnet. Und anders als früher, wo die Möbelkiste | |
| über Mund-zu-Mund-Propaganda bekannt wurde, machen wir diesmal auch | |
| Werbung. Wir haben ja die höheren Kosten für die Miete. Das muss sich | |
| refinanzieren. | |
| Wer darf dort einkaufen? | |
| Menschen, die ein Einkommen unterhalb der Pfändungsgrenze haben. Die liegt | |
| bei einem Alleinstehenden bei 1.409 Euro netto,bei Familien entsprechend | |
| höher. Um Missbrauch zu verhindern, brauchen wir einen Einkommensnachweis | |
| und Angaben, wie viele Personen sie sind. Dann erhalten die Menschen von | |
| uns eine Kundenkarte. Wir arbeiten auch mit dem Verein Hamburger Abendblatt | |
| hilft e.V. zusammen, der bedürftige Menschen zu uns schickt. Der Bedarf ist | |
| groß, wenn in Hamburg schon 2022 die Armutsgefährdungsquote bei über 19 | |
| Prozent lag. | |
| Können Geflüchtete mit Bezahlkarte bei Ihnen einkaufen? | |
| Wenn es eine Debit-Karte ist, ja. Wir haben ein EC-Karten-Lesegerät. | |
| Wie kommt es, dass Sie gerade jetzt expandieren? Es mussten doch gerade | |
| erst [4][viele Sozialkaufhäuser schließen], weil der Staat bei den | |
| „[5][Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose]“ kürzt. | |
| Das stimmt. Wir als Träger mussten auch vier Sozialkaufhäuser schließen, in | |
| Wilhelmsburg, in Wandsbek, in Altona und Eimsbüttel. Das war sehr schade. | |
| Verkaufen ist eine niedrigschwellige Tätigkeit, die ideal für Menschen ohne | |
| Fachqualifikation ist. Dort konnten wir Menschen in einem sinnvollen | |
| Arbeitstag beschäftigen und individuell fördern. | |
| Und wer arbeitet in der Möbelkiste? | |
| Wir arbeiten einerseits zum Teil mit Ehrenamtlichen. Und wir stellen Leute | |
| über das Programm „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ ein, das Menschen eine Chance | |
| auf dem Arbeitsmarkt gibt. Für diese so genannten Paragraf-16-i-Stellen | |
| gibt es über fünf Jahre einen Lohnkostenzuschuss, im ersten und zweiten | |
| Jahr von 100 Prozent, und dann im dritten über 90, im vierten über 80 und | |
| im fünften über 70 Prozent. Anders als bei den Arbeitsgelegenheiten (ALH), | |
| die gerade weggespart wurden, gibt es hier noch eine staatliche | |
| Ko-Finanzierung. | |
| Sie sind ja im Vorstand der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft Arbeit und | |
| hatten diese ALH-Kürzungen scharf kritisiert. Tun Sie der Politik nicht | |
| jetzt einen tollen Gefallen, wenn Sie zeigen, dass es so geht? | |
| Die Kritik an dem Kahlschlag halten wir weiter aufrecht. Denn diese | |
| 16-i-Stellen sind nur für Menschen, die schon sechs Jahre arbeitslos sind. | |
| Die ALHs können auch Menschen nutzen, die kurz arbeitslos waren. Nur ist es | |
| so, dass das Jobcenter in Hamburg die Plätze stark runtergekürzt hat, von | |
| ehemals 10.000 auf 900 Plätze. Nun müssen Langzeitarbeitslose erst viele | |
| Jahre auf dem Sofa sitzen, bevor es für sie 16-i gibt. | |
| Sie hatten vorher viele kleine Sozialkaufhäuser, nun bald ein großes. Ist | |
| der Wegfall der dezentralen Standorte nicht auch ein Verlust? | |
| Zwar kann man Möbel schon mal durch ganz Hamburg fahren, aber die [6][alten | |
| Sozialkaufhäuser fehlen natürlich]. Sie sind Orte für soziale Begegnung im | |
| Quartier, wo man mal vorbeischauen und ein T-Shirt kaufen kann oder man mal | |
| einen Kaffee trinken kann. | |
| Kann man die wieder aufbauen? | |
| Nein. Was nun geschlossen ist, ist passé. Aber wir sind weiter mit der | |
| Politik dabei zu besprechen, wie wir die verbliebenen Projekte | |
| perspektivisch absichern können und Menschen mit wenig Einkommen eine | |
| Teilhabe ermöglichen. | |
| 2 Apr 2024 | |
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| [2] http://moebelkiste-hamburg.de/ | |
| [3] https://www.einfal.de/ | |
| [4] /Sozialkaufhaus-in-Hamburg-Wandsbek/!5966266 | |
| [5] https://www.lag-arbeit-hamburg.de/aktuelles/221 | |
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| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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