# taz.de -- Gerichtsverfahren gegen Franco A.: Vom Offizier zum Geflüchteten | |
> Franco A. plante mutmaßlich rechten Terror und hatte als vermeintlicher | |
> Syrer einen Schutzstatus. Der Prozess gegen ihn zeigt, wie das möglich | |
> war. | |
Bild: Wie konnte er sich so lange als Flüchtling ausgeben? Franco A. im Gerich… | |
FRANKFURT A. M. taz | Am letzten Prozesstag vor der Sommerpause will ein | |
Verteidiger von Franco A. noch einmal einen Knaller hochgehen lassen. Er | |
beantragt, der Chef des Bundesamts für Flüchtlinge und Migration (Bamf) | |
persönlich möge im Gerichtssaal bestätigen, dass es eine Weisung des | |
Bundesinnenministeriums gab, „die Regeln des damals geltenden | |
Asylverfahrens bei Personen aus Syrien nicht anzuwenden“. | |
Seit Beginn des Prozesses versucht die Verteidigung, Deutschland [1][als | |
einen von Angela Merkel autokratisch regierten Staat darzustellen], der die | |
Aufnahme von Hunderttausenden Geflüchteten regelwidrig durchgedrückt habe. | |
Der Vorsitzende Richter reagiert am Donnerstag entspannt: Man werde diesen | |
Antrag in Ruhe beraten. Dann verliest er mit einer Richterkollegin eine | |
Stunde lang Akten. | |
[2][Der Bundeswehroffizier Franco A.] steht in Frankfurt am Main vor | |
Gericht, weil er eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben | |
soll, einen Terroranschlag oder Attentate auf Personen aus Politik und | |
Zivilgesellschaft, womöglich in seiner Identität als syrischer | |
Geflüchteter. 15 Monate lang hatte er ein Doppelleben geführt. Aber wie | |
konnte Franco A. eigentlich so lange als Asylbewerber „David Benjamin“ | |
durchgehen? Dazu haben die jüngsten Verhandlungstage neue Einzelheiten ans | |
Licht gebracht. | |
Der entscheidende Tag war offenbar der 7. November 2016, damals wird Franco | |
A. vom Bamf angehört. Ihm gegenüber sitzt zufälligerweise ein anderer | |
Bundeswehrsoldat, ein Feldwebel, der Amtshilfe leistet, denn das Bamf ist | |
mit der Anzahl der Antragsteller:innen völlig überfordert. Als der | |
Feldwebel vor Gericht aussagt, macht er eins klar: Seine zweiwöchige | |
Ausbildung reicht für den Job eigentlich nicht. Er sagt: „Landeskunde und | |
so weiter gab es in der Ausbildung nicht.“ | |
## Franco A.s Legende wird nicht hinterfragt | |
Soweit bekannt, sehen sich Franco A. und der ihn befragende | |
Bundeswehrsoldat bei der Anhörung zum ersten Mal. Auch eine Übersetzerin | |
ist dabei, die nicht sehr gut Deutsch spricht. Das kann man im Gerichtssaal | |
hören, weil Franco A. das Gespräch in Teilen aufgezeichnet hat und die | |
Aufnahme im Gericht abgespielt wird. A. führt das Gespräch auf Französisch, | |
was er fließend spricht. | |
Seine Legende: Er sei Angehöriger einer französischsprachigen Minderheit | |
und katholischer Christ. Daher spreche er auch kaum Arabisch. Ihm drohe | |
aufgrund seines Glaubens und seines jüdisch anmutenden Namens | |
Diskriminierung und Verfolgung. | |
Der kaum geschulte Feldwebel, der Franco A. gegenübersitzt, stellt diese | |
Erzählung nicht in Frage. Und die Übersetzerin hilft A. teilweise bei der | |
Vervollständigung seiner Antworten. Sie wurde bisher nicht als Zeugin | |
befragt, ihre Motive bleiben ungeklärt. Eine Sprachsachverständige sagt | |
aus, dass die Übersetzerin nur sehr schlecht Französisch spricht. | |
Asyl bekommt Franco A. als David Benjamin nicht. Das Bundesamt schreibt ihm | |
unter anderem, er gehöre als Christ „keiner besonders vulnerablen Gruppe | |
an“. Aber er bekommt subsidiären Schutz. | |
## Beschränkter Spielraum des Bamf-Entscheiders? | |
Der Mann, der das entschieden hat, ist Anfang 50 und arbeitet eigentlich | |
bei der Künstlervermittlung der Arbeitsagentur in Leipzig. Als das Bamf um | |
Unterstützung bat, hat er sich freiwillig gemeldet. Amtshilfe als | |
Entscheider, vom normalen Arbeitsplatz aus. Vor Gericht sagt er, er könne | |
sich an den Fall Franco A. gar nicht mehr erinnern. Aber er kann erklären, | |
wie das damals so ablief. | |
Der Entscheider bekam jeden Tag einen Schwung digitale Akten zugewiesen, er | |
hatte Zugriff auf alle Dokumente. Wenn es einen Pass oder Führerschein gab, | |
mussten die überprüft werden. Wenn nicht, eben nicht. Er habe immer auch | |
die Protokolle der Anhörungen durchgelesen. Geschaut, ob politische | |
Verfolgung dargelegt wurde und ob es irgendwelche Hinweise auf Systemnähe | |
oder Terrorismus gibt. | |
Sein Spielraum aber war beschränkt, er hatte nicht viel zu entscheiden. „Es | |
gab Weisungslagen, dass Fälle aus Syrien nicht abgelehnt werden“, sagt der | |
Zeuge. Was aber, wenn die syrische Herkunft erfunden ist? Es habe eine | |
Dienstanweisung gegeben: „Wenn es in der Anhörung kein Zweifel an der | |
Staatsangehörigkeit gab, war es nicht unsere Aufgabe, das anders zu | |
bewerten.“ Er habe in manchen Fällen seine Koordinatorin auf Widersprüche | |
hingewiesen. Die Antwort: Er solle nicht so oft nachfragen. | |
Was der Entscheider damit sagen will: Er hätte Franco A. alias David | |
Benjamin gar nicht stoppen können. Die Fake-Identität hätte schon bei | |
seiner Anhörung am 7. November 2016 auffallen müssen. Der Verteidigung von | |
Franco A. passen diese Aussagen für ihre Erzählung, Franco A. habe ja nur | |
die Schwächen des deutschen Asylsystems aufdecken wollen. Der Prozess wird | |
Mitte August fortgesetzt. | |
15 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Schulz | |
Sebastian Erb | |
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