| # taz.de -- Geplante Wiederaufbauhilfen der EU: Kritik an Ukraine-Milliarden | |
| > Die EU will nach dem Krieg den Wiederaufbau in die Hand nehmen. Dass | |
| > dafür auch Kriegsanleihen aufgenommen werden sollen, sorgt für Unmut. | |
| Bild: Wer zahlt wie für den Wiederaufbau in der Ukraine? Das debattiert die EU | |
| Brüssel taz | Die EU-Kommission will die Führung beim Wiederaufbau in der | |
| [1][Ukraine] übernehmen – und dafür Milliarden investieren. Allein 2022 | |
| könne das Land mit bis zu 9 Milliarden Euro Soforthilfen rechnen, sagte | |
| Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Das | |
| Geld soll in Form von zinsvergünstigten Darlehen fließen. | |
| Die Europäer hätten ein „strategisches Interesse“ daran, dass die Ukraine | |
| schnell wieder auf die Beine kommt, sagte von der Leyen. Angesichts des | |
| russischen Angriffskriegs stehe das Land an der „Frontlinie“ und verteidige | |
| „unsere Werte“. Bisher ist die Ukraine nur durch ein Assoziierungsabkommen | |
| an die EU gebunden. | |
| Zudem ist kein Ende des Krieges absehbar. Die Schäden werden immer größer, | |
| die Staatskasse ist leer. Nach Schätzungen des Internationalen | |
| Währungsfonds benötigt die Ukraine pro Monat 5 Milliarden US-Dollar, um die | |
| laufenden Staatsaufgaben zu finanzieren. Die langfristigen Kosten für den | |
| Wiederaufbau könnten bei mindestens 600 Milliarden Dollar liegen. | |
| Von der Leyen sieht darin aber offenbar kein Problem. Man müsse schon jetzt | |
| an die Zeit nach dem Krieg denken und [2][den EU-Beitritt vorbereiten], | |
| sagte sie. Investitionen und Reformen müssten Hand in Hand gehen. Die | |
| Kommission sei bereit, den Prozess zu steuern und den Wiederaufbau mit | |
| Partnern wie den USA oder dem IWF zu koordinieren. Dazu will sie eine | |
| „Wiederaufbauplattform“ einrichten. | |
| Unklar ist, woher das Geld kommen soll. Von der Leyen sagte lediglich, dass | |
| die EU nicht allein zahlen wolle. Man werde einen neuen Fonds namens | |
| „Rebuild Ukraine“ schaffen, der „durch einen Mix aus Krediten und | |
| Zuschüssen“ finanziert werde. Dabei könne die EU-Kommission an die | |
| Erfahrungen mit dem Corona-Wiederaufbaufonds anknüpfen, erklärte | |
| Budgetkommissar Johannes Hahn. | |
| ## Schulden als Ausnahme | |
| Für diesen Fonds hat die EU 750 Milliarden Euro Schulden aufgenommen. | |
| Allerdings sollte dies eine Ausnahme bleiben: Nur unter dieser Bedingung | |
| hatten Deutschland und andere EU-Länder dem Fonds zugestimmt. Dennoch | |
| zirkulieren in Brüssel bereits Pläne, einen neuen schuldenfinanzierten | |
| Fonds für die Ukraine zu schaffen. | |
| Einige EU-Politiker denken auch darüber nach, die Devisenreserven der | |
| russischen Zentralbank anzuzapfen. Die EU und die USA hatten nach Beginn | |
| des Ukrainekrieges Devisen im Wert von geschätzt 300 Milliarden Dollar | |
| eingefroren. Nun könnten diese beschlagnahmt werden, meint der | |
| EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. „Wir haben das Geld in unseren Taschen“, | |
| sagte der Spanier. Jetzt müsse man es nur noch an die Ukraine | |
| weiterleiten. Ähnlich waren die USA nach dem Abzug aus Afghanistan | |
| verfahren. | |
| Allerdings gibt es gegen beide Pläne Bedenken. Gegen „Kriegsanleihen“ für | |
| die Ukraine hat sich die Bundesregierung ausgesprochen. Ein neues | |
| Schuldenprogramm werde es mit ihm nicht geben, betonte | |
| Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Vor der Enteignung der | |
| russischen Zentralbank warnen Experten: Das sei völkerrechtlich | |
| problematisch und könne das Vertrauen in das Finanzsystem erschüttern. | |
| Das letzte Wort haben die EU-Staaten. Sie müssen nun über alternative | |
| Finanzquellen nachdenken – und klären, ob die Ukraine den Status eines | |
| Beitrittskandidaten bekommt. Mit der Entscheidung wird im Juni gerechnet. | |
| 18 May 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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