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# taz.de -- Geld für Klima-AktivistInnen: Rebellen-Streit über Großspenden
> Eine hohe Spendensumme aus den USA an Extinction Rebellion stößt in
> Deutschland auf Vorbehalte. Ein Kompromiss soll Frieden schaffen.
Bild: Bald aus den USA finanziert? Blockade von Extinction Rebellion im April i…
Im deutschen Ableger der Graswurzel-Bewegung [1][Extinction Rebellion] gibt
es Streit ums Geld. Aber nicht etwa, weil es zu knapp wäre – sondern weil
es plötzlich reichlich verfügbar ist. Denn drei vermögende PhilantropInnen
aus den USA – Investor Trevor Neilson, Dokumentarfilmerin Rory Kennedy und
Stiftungsmanagerin Sarah Ezzy – haben einen sogenannten [2][Climate
Emergency Fund] gegründet, also einen Klimanotstandsfonds.
Mit zunächst 500.000 Dollar sollen Extinction Rebellion und andere junge
Bewegungen unterstützt werden, die sich gegen den Klimawandel engagieren;
insgesamt stehen noch deutlich höhere Summen im Raum. Die schlimmsten
Folgen der Klimakrise ließen sich nur durch eine „friedliche, weltweite
Mobilisierung“ verhindern, schreiben die Initiatoren zur Begründung. Im
Beirat des Fonds sitzt unter anderem der renommierte US-Klimaschützer und
Autor Bill McKibben.
Extinction Rebellion (etwa: Rebellion gegen das Aussterben) ist im
vergangenen Jahr in Großbritannien entstanden. Für Aufsehen gesorgt hat die
Initiative vor allem im April mit einer mehrtägigen [3][Massenblockade]
diverser Brücken in London, bei der mehrere hundert Menschen festgenommen
wurden. In Deutschland, wo etwa 50 Ortsgruppen von Extinction Rebellion
aktiv sind, gab es neben vielen Vortragsveranstaltungen bisher diverse
kleinere Protestaktionen wie Straßenblockaden oder Performances.
## Bis zu 50.000 Euro pro Gruppe
Für die nächste Protestwelle, die ab dem 7. Oktober geplant ist, können
sich nun auch die deutschen Gruppen um das Geld bewerben, das der Climate
Emergency Fund der Organisation in Großbritannien zur Verfügung gestellt
hat. In einem ersten Schritt können Ortsgruppen 5.000 Euro bekommen;
längerfristig und für überregionale Strukturen sollen Summen von 50.000
Euro möglich sein. Das Geld soll den Unterlagen zufolge sowohl für die
Organisation von Vortragsveranstaltungen und Aktionen verwendet werden
können als auch für den Lebensunterhalt von AktivistInnen, die sich
zeitweise komplett der Bewegung widmen.
Doch während die angebotenen Spenden in Großbritannien Medienberichten
zufolge gern angenommen wurden, haben sie in Deutschland für heftige
Debatten gesorgt. Das geht aus internen Protokollen von Extinction
Rebellion hervor, die der taz vorliegen. Zum einen sorgen sich viele
AktivistInnen, dass die Spenden den Charakter der Bewegung verändern. Es
sei fraglich, „ob eine Grassroot-Bewegung mit stark hauptamtlich geprägten
Strukturen überhaupt noch eine Grassroot-Bewegung ist“, lautet ein
Kritikpunkt im internen Online-Diskussionsforum von Extinction Rebellion.
Zudem berge die Annahme von Großspenden „Gefahren der Abhängigkeit und
Beeinflussbarkeit“. Jemand anderes bezweifelt, dass die Mittel erforderlich
seien. „Wenn Geld das wäre, was Bewegungen zu einem schnellen Erfolg
verhilft, dann hätte z. B. Greenpeace […] längst die Klimakrise beendet“,
heißt es.
## Sorge um die Glaubwürdigkeit
Kritische Anmerkungen gibt es auch zur Herkunft des Geldes. Denn eine der
Mitgründerinnen des Climate Emergency Funds verwaltet auch die Aileen Getty
Stiftung, deren Kapital ursprünglich aus Ölgeschäften stammt. Während
einige meinen, man dürfe solche Gelder keinesfalls annehmen, um die
Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden, sehen andere AktivistInnen darin kein
Problem. „Praktisch betrachtet ist es besser, wenn das Getty-Geld an eine
XR [Extinction Rebellion] Gruppe geht denn an eine neuen Ölraffinerie“,
heißt es in einem Diskussionspapier.
Tino Pfaff von der bundesweiten Presse AG von Extinction Rebellion
bestätigt der taz den Vorgang. „Es gab einen intensiven bundesweiten Dialog
über den Umgang mit den angebotenen Großspenden“, sagt er. Als Ergebnis sei
ein Kompromiss gefunden worden, der in Kürze kommuniziert werden soll. „Wir
stellen es den Ortsgruppen und einzelnen Arbeitsgruppen von Extinction
Rebellion in Deutschland frei, die Gelder anzunehmen oder abzulehnen“,
sagte Pfaff. Dass die Bewegung dadurch ihre Unabhängigkeit verliere,
fürchte man nicht. „Wir werden keine Einflussnahme der Geldgeber*innen auf
die Verwendung der Spendengelder akzeptieren“, erklärte das Mitglied des
Presseteams.
Ob für die Bundesebene Geld beantragt werde, sei noch nicht entschieden,
sagte Pfaff. Auch wie viele Ortsgruppen das Angebot annehmen, ist noch
offen. Eine interne Übersicht von Anfang August listete fünf Gruppen auf,
die Interesse hatten: Heidelberg, Leipzig und Erlangen wollten jeweils
5.000 Euro beantragen, in Köln war die Summe noch unklar. Die Berliner
Ortsgruppe, die im Oktober ein großes Protestcamp plant, hat 75.000 Euro
beantragt.
Ob der Streit mit diesem Kompromiss wirklich befriedet ist, bleibt
abzuwarten. Im Vorfeld hatten mehrere AktivistInnen deutlich gemacht, dass
es für sie keine Lösung sei, die Entscheidung auf die lokale Ebene zu
verlagern. „Ich befürchte besagten Imageschaden bereits, wenn nur einzelne
Ortsgruppen das Geld annehmen“, hieß es in einem Beitrag. Andere betonten
dagegen, dass die dezentrale und hierarchiefreie Struktur von Extinction
Rebellion es gar nicht erlaube, den Ortsgruppen Vorschriften über den
Umgang mit Spenden zu machen.
18 Aug 2019
## LINKS
[1] https://extinctionrebellion.de/
[2] https://climateemergencyfund.org
[3] /Junge-Bewegung-Extinction-Rebellion/!5585148
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
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