# taz.de -- Geflüchtete auf dem Land: Besser in die Städte | |
> Geflüchtete in ländlichen Gebieten unterzubringen ist keine Lösung. Dort | |
> mangelt es oft an Ansprechpartner:innen. In Städten fällt die Integration | |
> leichter. | |
Bild: Protest gegen den Bau einer Flüchltingsunterkunft:Schild am Ortseingang | |
Clausnitz und Jahnsdorf in Sachsen, Zossen in Brandenburg, Tröglitz in | |
Sachsen-Anhalt, Balingen in Baden-Württemberg, Altena in | |
Nordrhein-Westfalen. Die Liste der Dörfer und kleinen Städte, in denen | |
Flüchtlingsunterkünfte im sogenannten Flüchtlingssommer 2015 und danach | |
angegriffen wurden und sogar brannten, ist lang. Und jetzt [1][Upahl in | |
Mecklenburg-Vorpommern]. | |
Ab März sollen dort die ersten Container für 400 Geflüchtete stehen – und | |
schon jetzt brennt es dort, im wörtlichen Sinne. In [2][Grevesmühlen], wo | |
das Verwaltungsamt für Upahl sitzt, kam es während der Sitzung, bei der | |
Ende der vergangenen Woche über die Unterkunft entschieden wurde, zu | |
heftigen Tumulten, das Gebäude wurde angegriffen, Pyrotechnik und | |
Nebelkerzen wurden geworfen. Jetzt ermittelt die Polizei. | |
Nicht schon wieder. Woher rührt der Hass mancher Einheimischer auf | |
Geflüchtete, egal woher sie kommen? Warum macht sich ein wütender Mob auf, | |
um Flüchtlingsunterkünfte anzuzünden und Menschen zu töten? Die so | |
schmerzhafte wie schlichte Antwort lautet in den meisten Fällen: Rassismus, | |
rechtsextremes Gedankengut, Menschenverachtung. | |
Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum Geflüchtete immer wieder in | |
Gegenden untergebracht werden, in denen Widerstände und Lynchjustiz durch | |
Einheimische zu befürchten sind? Warum hat man seit 2015 nichts gelernt, | |
als Unterkünfte, Busse mit Geflüchteten und Bürgermeister:innen, die | |
sich für eine Willkommenskultur eingesetzt hatten, angegriffen wurden? Wie | |
sollen Geflüchtete versorgt und integriert werden, wenn die Hauptaufgabe | |
der Behörden darin besteht, sie vor Angriffen zu schützen? | |
Seit 2015 ist bekannt, dass die Geflüchteten selbst, nachdem sie in den | |
Dörfern angekommen sind, rasch wieder weg wollen. Weil sie dort nur selten | |
einen Deutschkurs machen und kaum arbeiten können. Weil Anwält:innen, die | |
sich um die Belange der Betroffenen kümmern, in der nächsten Stadt | |
arbeiten. Weil dorthin aber häufig kein Bus fährt und die Geflüchteten auf | |
den Schulbus angewiesen sind. Der fährt aber nur zweimal am Tag. Auf dem | |
Land mangelt es vielfach an Dolmetscher:innen und | |
Ansprechpartner:innen, die im Alltag helfen. Selbst wenn viele | |
Dorfbewohner:innen es gut meinen und ihre Hilfe anbieten. Aber auch | |
die hat Grenzen. | |
Der Wohnungsmarkt in den Städten ist angespannt, Geflüchtete deshalb aufs | |
Land abzuschieben, ist aber keine Lösung. Dort können sie sich kaum | |
integrieren. Das ist fatal, zuallererst für sie selbst. Aber auch für die | |
Gesellschaft. Denn [3][die will ja, dass sich Geflüchtete integrieren]. | |
30 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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