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# taz.de -- Neonazi-Zentrum wird verkauft: Rückzieher der Rechten
> Der vorbestrafte Rechtsextremist Sven Krüger verkauft sein Thinghaus in
> Grevesmühle. Über zehn Jahre war das Anwesen Treffpunkt der rechten
> Szene.
Bild: Auf der Anklagebank: Sven Krüger im Juli 2011 im Landgericht Schwerin
Das Thinghaus ist geschlossen. Der rechtsextreme Szenetreff in Grevesmühlen
steht zum Verkauf. Das Anwesen am Rande der Kleinstadt im westlichen
Mecklenburg-Vorpommern gehört dem mehrfach vorbestraften Rechten Sven
Krüger. Ein Holzzaun wie auch ein Wachturm sollten Einblicke in das Treiben
auf dem Grundstück verhindern. Über dem Hauseingang hing ein Schild mit dem
germanischen Motiv der Irminsul und dem niederdeutschen Widerstandsspruch
„Lever dood as Slav!“. Die Verkaufspläne seien der Gemeinde bekannt, sagt
Bürgermeister Lars Prahler. „Wir hoffen auf einen privaten Käufer.“
Krüger will das Gebäude im Grünen Weg über einen Makler verkaufen. 2008
hatte der ehemalige Hammerskin und [1][zwischenzeitige
NPD-Kreistagsabgeordnete] das ehemalige Betonwerk erworben. Zwei Jahre
später begann die politische Nutzung als Thinghaus, keine 15 Autominuten
entfernt von Jamel – jenem Dorf, in dem Krüger aufgewachsen ist. Ab dem
Jahr 2000 begann er, Häuser für Gleichgesinnte zu kaufen, um eine „national
befreite Zone“ aufzubauen.
Mehr als zehn Jahre lang konnte Krüger das Programm des Thinghauses
durchhalten. Auf der wenig gepflegten Website hieß es über die Herleitung
des Wortes „Thing“, dass es im altgermanischen Sprachgebrauch etwa so viel
wie Volksversammlung bedeute. „Und so soll es auch weitergeführt werden,
als Versammlungshaus der gesamten nationalen Bewegung“, heißt es auf der
Website. „Egal ob Partei oder freie Kameradschaft, Einzelkämpfer oder
Familienkreis, im Thing-Haus ist jeder zu Hause, dem Begriffe wie Vaterland
und Freiheit noch nicht fremd geworden sind.“
Das Haus nutzen so auch Rechtsextreme für Schulen und Tagungen. Ein
Zeitzeuge durfte „über seine behütete Kindheit“ – als Pimpf des Deutsch…
Jungvolks – und über seine Erlebnisse – bei einer SS-Freiwilligen-Division
– berichten. Zu Festen kamen rechte Eltern mit ihren Kindern. Kampfsport
wurde trainiert, Buchmessen angeboten. In einen Metallgrill war der
Schriftzug „Happy Holocaust“ eingelassen. Die NPD richtete 2010 ein
Bürgerbüro in dem Haus ein, als sie im Landtag saß. Ein rechtsextremes
Webprojekt hatte seine offizielle Adresse in dem Haus.
Die Verurteilungen von Krüger wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung
haben seinem Image nie geschadet. 2019 zog er in den Gemeinderat von
Gägelow ein. Selbst die Verurteilung wegen Hehlerei zu einer Haftstrafe
schadete nicht seinem Ansehen. Kameraden führten das Thinghaus weiter und
veröffentlichten einen „Solidaritätssampler für unseren Kameraden Sven
Krüger aus Jamel“. Preis 14 Euro, Titel: „Jamel scheisst auf den Förster�…
eine Anspielung auf das antifaschistische Festival [2][„Jamel rockt den
Förster“], das von dem Ehepaar Birgit und Horst Lohmeyer in dem Dorf
ausgerichtet wird.
Krüger geriet trotzdem in Schwierigkeiten. Beim Sommerfest der NPD 2019 in
Grevesmühlen [3][beendete die Polizei einen Auftritt der Band Oidoxie]: Der
Sänger Marko Gottschalk und der Gitarrist Martin Krause hätten indizierte
Musiktitel gespielt. Die staatlichen Maßnahmen wegen der Pandemie dürften
den ökonomischen Druck weiter erhöht haben. „Das Marketing mit der
Immobilie scheint nicht mehr zu funktionieren“, sagt Prahler.
25 Aug 2022
## LINKS
[1] /Kommunalwahlkandidaten-aus-Jamel/!5599720
[2] /Festival-Jamel-rockt-den-Foerster/!5874165
[3] /Sommerfest-der-NDP-in-Grevesmuehlen/!5620633
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Kolumne Der rechte Rand
Rechtsextremismus
Mecklenburg-Vorpommern
Schwerpunkt Neonazis
NPD
Grevesmühlen
Kolumne Der rechte Rand
Schwerpunkt Rassismus
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