| # taz.de -- Friedrichshain-Kreuzberg: Wer spielt hier wen aus? | |
| > Um den Bezirkshaushalt von Friedrichshain-Kreuzberg gibt es grün-linken | |
| > Zoff. Die Linken haben ihn zusammen mit SPD und CDU beschlossen. | |
| Bild: Immerhin brennt noch Licht: Rathaus Kreuzberg an der Yorckstraße, Sitz d… | |
| Berlin taz | Auch wenn das Abgeordnetenhaus [1][noch nicht den | |
| Landeshaushalt für die Jahre 2026 und 2027 verabschiedet hat], müssen die | |
| 12 Berliner Bezirke bereits ihre Etats für denselben Zeitraum aufstellen | |
| und von den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) beschließen lassen. In | |
| Friedrichshain-Kreuzberg hat dieser Vorgang zu einem handfesten Zerwürfnis | |
| zwischen den Fraktionen von Grünen und Linken geführt. Stein des Anstoßes: | |
| Die Linke hat den Bezirkshaushalt zusammen mit der SPD und der CDU in der | |
| BVV gegen die Stimmen der Grünen beschlossen – zusammen mit | |
| Änderungsanträgen, die Einschnitte für die grünen BezirksstadträtInnen | |
| bedeuten. | |
| Die Grünenfraktion ist not amused: Immerhin hat sie in der BVV noch eine | |
| satte relative Mehrheit, die in diesem Fall aber nicht ausgereicht hat. In | |
| einer Pressemitteilung bezeichnet sie die Linksfraktion nun als | |
| „Steigbügelhalter der schwarz-roten Sparkoalition auf Landesebene“: Sie | |
| habe einen „Kahlschlag für die soziale und kulturelle Infrastruktur im | |
| Bezirk“ zu verantworten, indem sie zusammen mit Sozial- und | |
| ChristdemokratInnen die „solidarische Verteilung der Haushaltsmittel auf | |
| alle Abteilungen zugunsten einer massiven Bevorzugung der eigenen Bereiche | |
| aufgegeben“ habe. | |
| Genau genommen geht es nicht um direkte Mittelkürzungen, sondern um die | |
| Verschiebung der „Pauschalen Minderausgaben“ – Sparvorgaben von mehreren | |
| Millionen Euro, die das Land macht und die von den Bezirken irgendwie über | |
| die Haushaltsperiode hinweg umgesetzt werden müssen. Laut Sarah Jermutus, | |
| grüne Fraktionschefin in der BVV, müssen diese nun „nicht mehr vom Bereich | |
| Jugend, aber dafür umso mehr von der Kultur und der Stadtentwicklung | |
| erbracht werden. Das ist insbesondere bei der Kultur eine Katastrophe, wo | |
| schon auf Landesebene massiv gekürzt wird.“ | |
| Für die Grünen sei klar, „dass auch kulturelle Bildung ein Teil der | |
| sozialen Infrastruktur ist“, sagt Jermutus zur taz. „Familien mit wenig | |
| Geld sind etwa auf bezirklichen Musikunterricht angewiesen.“ Mit dem | |
| beschlossenen Haushalt müssten aber 20 MusiklehrerInnen gehen, so die | |
| Grünen. Auch Bibliotheken als niedrigschwellige Angebote seien betroffen. | |
| „Man kann nicht das eine gegen das andere ausspielen“, findet die | |
| Fraktionschefin. Kulturelle Bildung wird im Bezirk von Bürgermeisterin | |
| Clara Herrmann (Grüne) verantwortet, Soziales liegt bei der Linken, Jugend | |
| bei der CDU. | |
| Den Ball spielt Linken-Fraktionschef René Pérez Domínguez gerne zurück. | |
| „Wenn die Grünen das so sehen, tun sie ja genau das: Sie spielen das eine | |
| gegen das andere aus.“ Trotz der strukturellen Unterfinanzierung der | |
| Bezirke durch das Land setze der nun beschlossene Haushalt „dort an, wo die | |
| Menschen im Bezirk uns am Dringendsten brauchen. „Investitionen in die | |
| Jugend, eine starke soziale Infrastruktur sowie wirksame Maßnahmen gegen | |
| Mietwucher und Verdrängung“ sind laut der Linken die Schwerpunkte, die nun | |
| gestärkt wurden. | |
| ## Straßenarbeit oder Musikunterricht? | |
| Dass die nun erfolgte Umverteilung von rund 1,5 Millionen Euro auch | |
| Einschnitte bei sinnvollen Angeboten bedeutet, ist den Bezirks-Linken | |
| durchaus klar. Hört man sich bei ihnen um, heißt es aber, es sei eben eine | |
| notwendige politische Schwerpunktsetzung, ob man bei der Jugendarbeit für | |
| Kinder in Not kürze oder beim Angebot von Musikschulen. | |
| Das per Änderungsatrag aufgesetzte Plus von 460.000 Euro für aufsuchende | |
| Straßensozialarbeit – neben anderen Posten – rechnen Linke, SPD und CDU | |
| teilweise durch Verschiebung der Pauschalen Minderausgaben auf die Budgets | |
| von Clara Herrmann und Stadtentwicklungsstadtrat Florian Schmidt (Grüne) | |
| gegen. Sie planen aber auch Mehreinnahmen ein, die der Bezirk durch die | |
| Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in den kommenden beiden Jahren | |
| einnehmen dürfte. | |
| Die Linken behaupten auch, die Grünen hätten sich geweigert, wegen der | |
| strukturellen Unterfinanzierung des Bezirks überhaupt am Haushalt zu | |
| arbeiten – der immerhin von der grünen Bezirksbürgermeisterin aufgestellt | |
| wurde. Das sei „Realitätsverweigerung und ein Armutszeugnis“. Die Grünen | |
| bestreiten dies: „Wir haben das Gespräch mit allen demokratischen | |
| Fraktionen gesucht“, sagt Sarah Jermutus, „aber es waren die Linke und die | |
| SPD, die am Ende nicht mit uns darüber sprechen wollten, sondern sich | |
| lieber mit der CDU zusammengetan haben.“ | |
| Wie dem auch sei: Die jüngste Posse um den gescheiterten Versuch, [2][die | |
| Wahlkreise im Bezirk zugunsten der Grünen neu zuzuschneiden], dürfte das | |
| Klima zwischen ihnen und den Linken nicht gerade verbessert haben. | |
| 1 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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| Ute Bonde | |
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