# taz.de -- Frauen in Medien: Aufwärts ist noch nicht oben | |
> Die „Süddeutsche Zeitung“ ist eine der Zeitungen mit den wenigsten Frauen | |
> in Führungspositionen. Das soll sich ändern, aber nicht alle glauben | |
> daran. | |
Bild: Selbst die „Bild“-Zeitung hat mehr Frauen in Führungspositionen als … | |
Vor allem für Frauen waren es gute Nachrichten, die in den vergangenen | |
Wochen aus der Süddeutschen Zeitung zu hören waren. Die neue | |
Ressortleiterin der Innenpolitik: Ferdos Forudastan, Journalistin und | |
frühere Sprecherin von Bundespräsident Joachim Gauck. Die neue | |
Israelkorrespondentin: Alexandra Föderl-Schmid, frühere Chefredakteurin des | |
österreichischen Standard. | |
Die neue stellvertretende Chefredakteurin von süddeutsche.de: Iris Mayer, | |
früher Chefredakteurin bei der schweizerischen Blick-Gruppe. Die neue | |
Frankreichkorrespondentin: Nadia Pantel, bisher Redakteurin für | |
Außenpolitik bei der SZ in München. Die neue Kochefin des Wochenendes: | |
Katharina Riehl, bisher Chefin der SZ-Medienseite. Die neue Kochefin des | |
Panorama-Ressorts: Felicitas Kock, die erste weibliche Onlinerin, die im | |
Print-Impressum steht. | |
Die SZ war beim Thema Frauenförderung lange hinten dran. Nur rund ein | |
Fünftel der im Impressum aufgelisteten Ressortleitungs- und | |
journalistischen Chefposten ist derzeit mit Frauen besetzt. Weniger gibt es | |
laut einer Statistik des Vereins Pro Quote allein bei der Frankfurter | |
Allgemeinen. Nur, bei der konservativen FAZ überrascht das nicht. Bei der | |
SZ mit ihrer linksliberalen Tradition schon. Und auch im Blatt selbst muss | |
man Frauennamen häufiger suchen als Männernamen. | |
Auf der prestigeträchtigen Seite 4 beispielsweise, der Meinungsseite, kam | |
in den vergangenen drei Monaten nur rund ein Sechstel der Kommentare von | |
weiblichen Autorinnen. Und das, obwohl die Redaktion zu 40 Prozent weiblich | |
ist. In den Medien, die der SZ publizistisch näher stehen, die Zeit und der | |
Spiegel, sind Frauen viel sichtbarer. Bei der Zeit sind [1][laut Pro Quote] | |
36 Prozent der Ressortchefs weiblich, beim Spiegel 35. Bei der taz sind es | |
knapp 50 Prozent. Auch der Onlineableger der SZ ist weiblicher als ihr | |
Printpendant. | |
## Ändert sich jetzt alles? | |
Wolfgang Krach, Chefredakteur der Zeitung, gesteht ein, dass die SZ | |
Aufholbedarf in Sachen Frauenförderung hat. „Es stimmt, dass wir noch zu | |
wenig Frauen in Führungspositionen haben“, sagt er. „Aber das ändert | |
sich. Wir bemühen uns seit einiger Zeit verstärkt, freiwerdende Posten mit | |
Frauen zu besetzen.“ Nur gehe das eben nicht so schnell, wie die | |
Chefredaktion das gern hätte. „Wir hatten in den vergangenen Jahren große | |
Kontinuität und nicht sehr viele Wechsel bei den Ressortleitern. Und wir | |
entheben ja keinen Mann seines Amtes, nur damit eine Frau dort Platz | |
findet.“ | |
Nach Gesprächen mit mehr als zehn Frauen, die seit wenigen oder vielen | |
Jahren auf unterschiedlichen Posten und in verschiedenen Ressorts bei der | |
SZ sind oder waren, zeigt sich: Einige sind skeptisch, ob nun der große | |
Aufbruch ansteht. Alle wollen anonym bleiben, aus arbeitsrechtlichen | |
Gründen. | |
Viele sagen etwas Ähnliches: So gläsern wie die Außenfassade des | |
Redaktionsturms ist, so gläsern ist oft die Decke für Frauen, die in der | |
Zeitung Karriere machen wollen. „Die Chefredaktion versucht, mehr Frauen in | |
Führungspositionen zu holen. Aber sie kommen nicht voran, weil das Klima so | |
ist, wie es ist“, sagt eine Mitarbeiterin. | |
In der SZ herrsche eine „frauenfeindliche“ Stimmung, sagt eine Redakteurin, | |
die schon lange für die Zeitung schreibt. Frauen werde nichts zugetraut, | |
sie müssten härter um Posten und Ansehen kämpfen als ihre männlichen | |
Kollegen. In den Konferenzen, die oft mehr zählten als das, was man | |
schreibe, herrsche ein „Machoclub“. | |
## „Breitbeinige Kultur“ | |
Andere Kolleginnen möchten nicht von „Frauenfeindlichkeit“ sprechen, | |
bestätigen aber, es gehe bei der SZ „sehr hierarchisch“ und „breitbeinig… | |
zu. Sie sprechen von einer „extrem männlich geprägten Kultur“. „Wenn man | |
der Chefredaktion einen Vorwurf machen will, dann den, dass sie dieses | |
Verhalten nicht unterbindet“, sagt eine Mitarbeiterin. Nicht besonders | |
ermutigend sei das, vor allem für Berufsanfängerinnen. | |
Wolfgang Krach kennt die Vorwürfe, sieht die Chefredaktion aber nicht in | |
der Verantwortung. „In unseren Konferenzen sitzen oft deutlich mehr Männer | |
als Frauen. Ich kann verstehen, dass Frauen dann das Gefühl haben, dort sei | |
kein gutes Klima für sie. Aber die Stimmung würde sich vermutlich ändern, | |
wenn mehr Frauen kämen.“ | |
In Ferdos Forudastan und Alexandra Föderl-Schmid habe man, sagt Wolfgang | |
Krach, gerade zwei hervorragende Journalistinnen eingestellt, die | |
Erfahrungen und Qualifikationen mitbrächten, die so niemand im Haus | |
besessen habe. Dem stimmen SZ-Redakteurinnen zu, über die neuen Kolleginnen | |
hört man viel Gutes. Dennoch sei es ein demotivierendes Signal, wenn die | |
Chefredaktion für so prestigeträchtige Positionen keine geeigneten | |
Kandidatinnen im Haus finden könne. „Als wären wir ein Fußballklub, für d… | |
man die besten Spieler von außen einkaufen muss“, sagt eine. „Die | |
Chefredaktion hat keinen Plan, wie sie intern Frauen fördert und für | |
verantwortungsvolle Posten qualifiziert“, sagt eine andere. | |
Wolfgang Krach widerspricht: Leute von außen seien eine „Auffrischung“ für | |
das Haus. SZ-Redakteuren und Redakteurinnen, die Verantwortung übernehmen | |
wollen, könnten sich um Führungsseminare bewerben. Für Ressortleiter gebe | |
es Coaching-Angebote, damit habe man gute Erfahrungen gemacht. | |
## Mehr Bewegung | |
In der Personalpolitik der vergangenen Jahre hat sich tatsächlich etwas | |
bewegt. So wurden beispielsweise in der Außenpolitik überwiegend junge | |
Frauen eingestellt. Eine von ihnen geht nun als Korrespondentin nach Paris. | |
Auch in anderen Ressorts wurden Frauen befördert, selbst wenn sie kleine | |
Kinder hatten. Seit Jahren schon betreibt der Verlag im Erdgeschoss des | |
Redaktionsturms einen Betriebskindergarten. | |
Dennoch hat die Ressortleiterin des Panoramas gerade ihren Posten | |
abgegeben. Gegenüber KollegInnen begründet sie ihre Entscheidung mit der | |
Doppelbelastung als Mutter. „Ein Zeichen“, kommentierte ein Kollege in | |
einer internen Mail an sein Ressort, „dass beides – Familie und | |
Führungsaufgabe – in der SZ offenbar nur bedingt möglich ist“. | |
Dazu kommt, dass die SZ in den vergangenen Jahren immer wieder | |
ambitionierte junge Frauen hat ziehen lassen. Sie sind gegangen, weil ihnen | |
die Chefredaktion keine guten Angebote gemacht hat, sagen zwei, die heute | |
woanders arbeiten. Das wissen mittlerweile andere Medienhäuser für sich zu | |
nutzen: Bei der Zeit sah die Personalpolitik zuletzt so aus, dass man | |
versuchte, junge Mitarbeiterinnen von der SZ abzuwerben. Erfolgreich bei | |
einigen. Seit Jahren schon fördert die Zeit junge Frauen und Frauen mit | |
Migrationshintergrund. Das wirkt, auch bei LeserInnen. | |
Nun geht es der SZ, wie vielen anderen Zeitungen auch, finanziell nicht | |
besonders gut. Es muss gespart werden. Die Chefredakteure Krach und Kister | |
haben im Herbst vor den Ressortleitern über die schwindenden | |
Anzeigenumsätze im vergangenen Jahr gesprochen. Daraus lasse sich wenig | |
Positives erahnen. Mehr Personal werde es nicht geben, hieß es in einer | |
Sitzung der „Impressionisten“, also all jener, die im Impressum genannt | |
sind. | |
## Magazine (auch) für Frauen | |
Publizistisch hat sich die SZ in den vergangenen Jahren um Frauen bemüht. | |
Sie hat das Heft Plan W gestartet, für Frauen in der Wirtschaft. Im | |
vergangenen Jahr kam [2][SZ Familie] dazu, ein anspruchsvolles Kinder- und | |
Familienheft. Das färbt auf die Redaktion der Zeitung ab: Autorinnen aus | |
dem Familienheft schreiben nun auch ab und zu für die vorderen Seiten. „Das | |
ist ein Widerspruch bei der SZ, den wir seit Jahren beobachten“, sagt Maren | |
Weber, Vorstandsvorsitzende von Pro Quote Medien. „Wenn über Frauen in | |
Führungspositionen geschrieben wird, klingt das meist recht progressiv. In | |
der Personalpolitik in Bezug auf die Führungsetagen spiegelt sich das aber | |
bislang nicht wider.“ | |
Online sieht es anders aus. Seit der ehemalige Online-Chefredakteur Stefan | |
Plöchinger zum Spiegel gegangen ist, [3][wird sueddeutsche.de von Julia | |
Bönisch geleitet]. Anders als Plöchinger ist Bönisch allerdings nicht | |
Mitglied der Print-Chefredaktion geworden. Die Besetzung der Chefredaktion | |
sei, sagt Wolfgang Krach, den Herausgebern und Verlegern der Zeitung | |
vorbehalten. | |
Gestiegen ist der Anteil der Ressortleiterinnen im Impressum übrigens nur | |
marginal, weil in mehreren Fällen eine neue Ressortleiterin eine weibliche | |
Kollegin abgelöst hat. Von 35 Chef- und Ressortleitungsposten sind heute 8 | |
mit einer Frau besetzt. Im November, vor der Beförderungswelle, waren es 7. | |
14 Jan 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.pro-quote.de/kamele-und-straussenrennen/ | |
[2] /!5405108/ | |
[3] /Spiegel-Online-und-Sueddeutschede/!5364061/ | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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