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# taz.de -- Stunk um „SZ.de“-Chefin Julia Bönisch: Stunk im Turm
> Weil sie einen Text im Branchenblatt „Journalist“ verfasst hat, gerät die
> Digitalchefin der „Süddeutschen Zeitung“, Julia Bönisch, unter Druck.
Bild: Dass Bönisch die Frauenfrage jetzt zum Thema macht, empfinden Kolleginne…
Berlin taz | Es dürfte lange her sein, dass ein einzelner Text in der
Redaktion der Süddeutschen Zeitung für so viel Furore gesorgt hat, wie der,
[1][den die Digital-Chefin Julia Bönisch gerade veröffentlicht hat].
Erschienen ist er im Journalist, dem Medienmagazin des Deutschen
Journalistenverbands.
Bönisch schreibt darin, was ihrer Ansicht nach einE ChefredakteurIn heute
leisten muss: weniger Schönschreiberei, mehr Management, weniger in Texten
denken und mehr in „Workflows, Prozessen und ihrer Optimierung“. Sie
schreibt vom Gegenwind den sie, als „Frau, Onlinerin, noch keine 40“,
spüre. „Damit stehe ich für fast alles, was unbequem und lästig ist: für
Veränderung, für Digitalisierung, für einen Generationenwechsel, der auch
Frauen an die Spitze bringt.“ Die digitalen Herausforderungen kämen nur
langsam in den Redaktionen an, viele Kollegen verharrten zu sehr im
Gestern. „Geht es aber um uns selbst, zeigen wir noch stärkere
Beharrungskräfte als die katholische Kirche“, so Bönisch – womit sie zwar
die ganze Branche meint, aber eben auch das eigene Haus, in dem sie seit
elf Jahren arbeitet.
Freunde gemacht hat sich Bönisch damit keine, im Gegenteil. Es distanzieren
sich Kollegen und sogar der Betriebsrat. Mit dem Text hat Bönisch offenbar
eine Reihe von Tabus gebrochen.
Es sind vor allem drei Punkte, die einen Großteil der Redaktion gegen
Bönisch aufgebracht haben: die Frauenfrage, die internen Konflikte, die sie
nach außen trägt, und ihre Behauptung, es sei nötig geworden, die strikte
Trennung von Redaktion und Verlag aufzuheben. In vielen Medien ist das –
Digitalisierung hin oder her – ein absolutes No-Go. In der SZ ist jene
Trennung seit den 70er Jahren im Redaktionsstatut verankert, vereinbart
wurde sie einst von Redaktion und Verlag.
## Betriebsrat sieht Statut verletzt
Am Donnerstag musste sich Bönisch vor rund 150 KollegInnen rechtfertigen.
Redakteure, die dabei waren, beschreiben die Versammlung eher als
„Grillfest“ denn als Aussprache, weil Bönisch so hart angegangen worden
sei. Bönisch selbst wollte sich gegenüber der taz nicht äußern. In der
Versammlung habe sie sich, erzählen Teilnehmer, für einige Formulierungen
entschuldigt. Es sei nicht ihr Anliegen gewesen, Kollegen zu verletzten. In
ihren Äußerungen zur engeren Zusammenarbeit von Verlag und Redaktion habe
es Missverständnisse gegeben. Eine Richtigstellung wolle sie allerdings
nicht drucken.
Der Betriebsrat sieht in Bönischs Äußerungen zur Trennung von Verlag und
Redaktion sogar das Redaktionsstatut verletzt. „Das ist nicht das
Berufsbild, dass wir als Betriebsrat vertreten“, sagt Franz Kotteder, einer
der Vorsitzenden des SZ-Betriebsrats. Und: „Es ist schon merkwürdig, dass
Julia Bönisch in ihrem Text offenbar unter moderner Führung versteht, einen
großen Teil der Belegschaft gegen sich aufzubringen.“ Bönisch erkläre mit
ihrem Text ihre Kollegen für unfähig, die neue Form des Journalismus zu
verstehen.
Intern bekommt Bönisch Unterstützung einiger Onlinekollegen, die sich auch
auf der Versammlung am Donnerstag für ihre Chefin aussprachen. Auch
außerhalb des Hauses kam der Text besser an. Bei Twitter pflichteten vor
allem Kollegen aus anderen Onlineredaktionen Bönisch bei.
Der Text erscheint in einer Zeit, in der bei der SZ viel in Bewegung ist.
Wie viele Medien führt die Redaktion gerade die Print- und
Online-Produktion zusammen. Vor gut vier Wochen hat ein neuer Newsroom die
Arbeit aufgenommen, für ihn wurden im 22. Stock des SZ-Turms in München
Wände eingerissen und Nachrichtenchefs eingestellt, die sowohl das Blatt
als auch die Webseite planen sollen.
## Plötzlich interessiert an Frauenfragen
Die Fusion ist nicht nur publizistisch, sondern auch arbeitsrechtlich
schwierig: Print und Online-Redaktion der SZ sind, wie in vielen Medien,
zwei verschiedene Gesellschaften. Die Printler haben bessere
Arbeitsbedingungen als die Onliner, sind tarifgebunden, müssen vertraglich
weniger arbeiten und werden im Schnitt besser bezahlt. Wenn beide künftig
nebeneinander an den selben Produkten arbeiten, wirft das
Gerechtigkeitsfragen auf.
Zudem beschäftigt sich die Redaktion seit Monaten mit der
Geschlechtergerechtigkeit im eigenen Haus. Anfang des Jahres hatten
weibliche Redakteurinnen eine Konferenz gekaperten um ihren Frust über die
von [2][vielen als frauenfeindlich empfundene Stimmung] Luft zu machen:
dass Frauen in der SZ seltener aufsteigen, weniger Geld verdienen, weniger
gefördert werden. Daraus entstand ein Frauenstammtisch, ein Frauen-Gremium
wurde gewählt. Die Chefredaktion ist einigen Forderungen entgegengekommen.
So soll das Arbeiten von zuhause erleichtert werden, eine feste Frauenquote
hingegen lehnt die Chefredaktion ab.
Für Fragen von Frauenförderung habe Bönisch bisher wenig übrig gehabt,
heißt es jetzt von einigen SZ-Redakteurinnen. Namentlich möchte sich keine
zitieren lassen. Dass Bönisch die Frauenfrage nun in ihrem Text zum Thema
macht, empfinden Kolleginnen als opportunistisch. Außerdem sei die SZ bei
der Print-Online-Fusion und der Frauenförderung weiter, als Bönisch
behauptet. Ihr Text schade allen Veränderungsprozessen, die in letzter Zeit
angestoßen wurden – und die auch zum Teil in ihrer eigenen Verantwortung
lägen.
Julia Bönisch ist seit 2017 Chefredakteurin von sueddeutsche.de. Im Mai
2018 wurde sie als „Mitglied“ [3][in die Gesamtchefredaktion berufen], der
außerdem Kurt Kister und Wolfgang Krach angehören. Wolfgang Krach wollte
sich auf taz-Anfrage nicht zu den redaktionsinternen Vorgängen äußern.
Mehrere SZ-RedakteurInnen berichten aber, Wolfgang Krach und Kurt Kister
hätten vorab nichts von dem Text gewusst. Der Artikel kann also nicht als
Standpunkt der gesamten Chefredaktion gelesen werden, zumal Krach und
Kister die Trennung von Verlag und Redaktion bisher immer verteidigt haben,
auch öffentlich. Dann stellt sich allerdings die Frage, wie geschlossen die
Chefredaktion zusammensteht, wenn die Zukunftsfragen der Zeitung verhandelt
werden.
13 May 2019
## LINKS
[1] https://www.journalist-magazin.de/meinung/wir-brauchen-gute-manager-der-spi…
[2] /Frauen-in-Medien/!5474358/
[3] /Chefredaktion-der-Sueddeutschen-Zeitung/!5507105/
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
Süddeutsche Zeitung
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Satire
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