# taz.de -- Stellenabbau bei der „SZ“: Sparen in München | |
> Bei der „Süddeutschen Zeitung“ sollen bis zu 50 Stellen in der Redaktion | |
> abgebaut werden, das ist ein Zehntel der Belegschaft. Und das trotz neuer | |
> Aborekorde. | |
Bild: Nicht nur der Zeppelin, auch die Abozahlen gehen durch die Decke | |
Die Redaktionsversammlung der Süddeutschen Zeitung (SZ) war am | |
Dienstagmittag so gut besucht wie schon lange nicht mehr. Mehr als 350 | |
Leute waren im Video-Chat anwesend, zugeschaltet zum Teil aus dem | |
coronabedingten Homeoffice. Sie wollten hören, wie Geschäftsführung und | |
Chefredaktion ein großes Sparprogramm verkünden: Bis zu 50 RedakteurInnen | |
sollen gehen, das ist etwa ein Zehntel der Redaktion. Der Betriebsrat | |
spricht vom umfangreichsten Stellenabbau in der Geschichte der Zeitung. | |
Bis Mitte Dezember gibt der Verlag, [1][die Südwestdeutsche Medienholding | |
(SWMH)], den MitarbeiterInnen der Print- und Onlineredaktion Zeit, sich | |
freiwillig zu melden, um die SZ zu verlassen. Wer geht, bekommt eine | |
Prämie, je nach Betriebszugehörigkeit maximal 134.000 Euro. Wer schon in | |
den kommenden sechs Wochen geht, bekommt 30.000 Euro | |
„Schnellentscheiderprämie“ obendrauf. Beides gilt allerdings nur für | |
festangestellte RedakteurInnen, die länger als drei Jahre bei der SZ | |
arbeiten. So erzählen es RedakteurInnen, die auf der Versammlung waren. | |
Der Stellenabbau gehöre zu einem „Effizienzprogramm“, das die SWMH im | |
vergangenen Oktober angekündigt hat, sagte der Verlagssprecher Martin | |
Gritzbach der taz. „Der Abbau bleibt in dem Rahmen, der bereits im | |
vergangen Jahr verkündet wurde.“ | |
Viele RedakteurInnen wussten, dass bis Ende dieses Jahres jeweils eine | |
zweistellige Zahl von MitarbeiterInnen in allen Bereichen der | |
SWMH-Mediengruppe eingespart werden sollen. Auch in der Verlagsabteilung | |
soll demnächst ein Freiwilligenprogramm starten. Dass es allerdings allein | |
in der Redaktion ein Zehntel der MitarbeiterInnen betreffen würde, entsetzt | |
einige. | |
## Vom Edelstein zur Isarkiesel | |
Wie viel Geld der Verlag damit sparen möchte, wollte der SWMH-Sprecher | |
Gritzbach gegenüber der taz nicht spezifizieren. Er beantwortete auch nicht | |
die Frage, was passiert, wenn sich keine 50 RedakteurInnen melden, die | |
freiwillig das Haus verlassen wollen. Betriebsbedingte Kündigungen seien | |
zurzeit nicht geplant, sagt er. Auf der Redaktionsversammlung am Dienstag | |
wurden betriebsbedingte Kündigungen allerdings als mögliche Option ins | |
Spiel gebracht, jedoch nicht weiter erläutert. | |
Der Betriebsrat glaubt, dass durch den Stellenabbau die Arbeitsbelastung | |
der RedakteurInnen erneut deutlich erhöht werde und die Qualität der | |
Zeitung leiden werde. „Der Erfolg der SZ beruhte bislang immer auf der | |
umfangreichen und fundierten Berichterstattung, die durch weniger Personal | |
sicher nicht umfangreicher und fundierter werden kann“, sagte ein | |
Betriebsrat der taz. | |
Ähnlich sollen sich andere KollegInnen auf der Redaktionsversammlung | |
geäußert haben. Die SMWH habe mit der SZ einen Edelstein erhalten und mache | |
daraus jetzt einen Isarkiesel, sagte ein Redakteur vor der versammelten | |
Belegschaft. | |
Erst in der vergangenen Woche hatte die SWMH vermeldet, dass die | |
Süddeutsche Zeitung [2][nun 150.000 DigitalabonnentInnen hat], das sind | |
doppelt so viele wie noch vor einem Jahr. Eigentlich sollte diese Zahl erst | |
Ende dieses Jahres erreicht werden. Auch die Wochenendausgabe wächst. | |
Dem gegenüber stehen Umsatzeinbrüche an anderen Stellen. Während der ersten | |
Coronawelle waren die Einnahmen aus Anzeigen und Veranstaltungsgeschäft | |
zurückgegangen. Die SWMH schickte daraufhin alle MitarbeiterInnen in | |
[3][Kurzarbeit] und sparte Gehälter und Sozialabgaben ein. Seit August ist | |
die Kurzarbeit vorbei. | |
RedakteurInnen der Zeitung fragen sich, warum Kurzarbeit überhaupt nötig | |
war, wenn nun doch Stellen gestrichen werden. | |
„Das Freiwilligenprogramm ist keine Folge der Coronapandemie“, sagt | |
SWMH-Sprecher Martin Gritzbach der taz. Es solle zur „langfristigen | |
wirtschaftlichen Konsolidierung“ der Zeitung beitragen. | |
15 Sep 2020 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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